Zwei Tage Rheinhessen, Zweiter Tag: Koehler und Riffel

Axel Koehler, bisher kannten wir uns nur vom Telefon, gehört für mich zu den Winzern, denen ich in den nächsten Jahren Großes zutraue. Er ist noch dabei, zu experimentieren mit seinem kompromisslosen, wilden Stil. Er wird noch ein bisschen was davon abschleifen im Laufe der nächsten Jahre, aber die Richtung steht fest. Auch hier gilt die Reduzierung auf das Wesentliche – noch deutlich weitreichender als bei Stefan Winter. Die Weine sind sämtlich spontan vergoren und durchgegoren, wo es irgendwie geht. Dabei verzichtet er auf das Nachimpfen mit Reinzuchthefen, wenn es mal nicht weitergehen sollte. Wie bei dem wundervollen Silvaner vom Krähberg, dessen Restzucker wunderbar changiert mit Säure und Mineralik, hier beschrieben. Kompromisslos heißt, dass auch die Gutsweine knalltrocken und durchgegoren daherkommen, Zeit und Luft brauchen wie die großen Brüder und Schwestern.

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Durch die Gegend getingelt ist er, der Axel Koehler, nachdem er sich mit seinem Vater nicht darauf einigen konnte, wie es weitergeht mit dem Weingut, mit dem Stil und den Anbaumethoden. Anderswo umgeschaut hat er sich dann – bei Wittmann, bei Louis Latour, bei Marc Kreydenweiss, um nur ein paar zu nennen. Dann hat er irgendwas ganz anderes gemacht, insgesamt 15 Jahre, um wieder zurückzukehren, nachdem klar war, dass er das Weinmachen im traditionsreichen elterlichen Hof verantworten wird. Tradition ist so ein Stichwort. Einer seiner Vorfahren hat eine halbe Millionen Liter Fasswein verkauft und fünf Höfe besessen, auch eine eigene Küferei in Rheinhessen. Tradition gibt es hier überall auf den Höfen. Aber mit Tradition hat er nicht viel am Hut, der Axel, Winzer in der achten Generation, der gerade noch die Krähe aus dem Familienwappen – fein stilisiert – auf die Flaschenetiketten druckt.

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Wenn man mit ihm redet, merkt man, wie viel Herz daran hängt, an der Art, diesen Wein zu machen, und wie gut es ist, dass er die Chance hat, das zu tun. Die Weine jedenfalls, die nicht für jeden etwas sein werden, nicht sein sollen, die finde ich ganz großartig. Das sind Terroirweine besten Stils. Und das ist das, was sie hier erzeugen wollen. Wagner, Winter oder Koehler. Hier spiegelt sich Melaphyr und Magnetit und Rotliegendes, Scheurebe vom Buntsandstein, Weißburgunder vom Tonmergel, der 2007er Grauburgunder von der Balzhecke in der alten Korbpresse schonend gepresst, im Steingutfass ausgebaut mit herrlich tiefen Aromen von der Quitte und reifen Williams-Birnen mit sehr viel Kraft. Der 2008er Grauburgunder dagegen stammt vom Rotenfels, vom Kalkstein. Hier ist die Birne in der Nase deutlich knackiger, grün, versetzt mit deutlicher Apfelsäure und Aromen von vergorenem Apfel. Der Wein erinnert in mancher Hinsicht an reifen Cidre. Dabei hat er eine deutliche Länge und Tiefe. Beide Weine waren an diesem Morgen zu kalt, wir hatten zu wenig Zeit, um sie warm werden zu lassen, leider, das müssen wir zu Hause noch mal nachholen; denn Zeit brauchen sie alle, die Weine vom Koehler. So auch der Riesling vom Alzeyer Rotenfels im Stile eines großen Gewächses. Den werden ich bei Zeiten noch gesondert beschreiben.

Weingut Riffel, Bingen

Ganz anders wiederum trifft man es an auf dem Gut der Riffels in Bingen. Eben noch in der guten Stube eines kleinen Hofes gesessen und über einige wenige Weine von 4 Hektar Lagen gesprochen, finden wir hier ein modernes, neu aufgebautes Weingut. Das Weingut eines erfolgreichen Teams, das lange genug in einer Art Minikeller ähnlich einer Garage Winery gearbeitet hat und dann Stück für Stück, auf den Ortsteil verteilt, dazugemietet hat für das größer werdende Gut, bis es nicht mehr ging mit dem Hin und Her und neu gebaut wurde, und zwar so, dass man aus dem Turmzimmer den Weinberg am Binger Rochusberg sehen kann – über den Ort hinweg.

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Auf die Riffels, Carolin und Erik bin ich durch Stuart Pigott aufmerksam geworden. Er hat sie in den höchsten Tönen in der F.A.S. gelobt und auch in seinem Weinführer. Er ist aber nicht der Einzige, der besonders das denkwürdige Preis-Leistungsverhältnis hervorhebt. Gutsweine gibt es ab Hof immer noch ab 4 Euro in einer ausgezeichneten Flaschenausstattung mit Glasverschluss. Ein solcher Wein wie der halbtrockene Gutsriesling für 4,40 Euro wurde im letzten Jahr von Stuart Pigott zum „Saufwein des Jahres“ gekürt – zu Recht. Herrliche Frucht, schönes Spiel mit dem Restzucker. Feine Mineralität bekommt man hier in den Binger Lagen.

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Dass es hier aber nicht mehr nur um die einfachen Weine geht, merkt man sehr schnell, wenn man die Spätlesen und die hochpreisigere Serie Turm probiert. Vor allem die Rieslinge bestechen durch gelbe Früchte, feine Mineralik und eine schöne Balance. Beide Spätlesen kommen aus dem Binger Scharlachberg, der Quarzit von 3 bis 15 Jahre alten Reben, die Reben vom Turm stehen schon eher auf gelbem und rotem Sandstein, die Stöcke sind über 40 Jahre alt. Das ist sehr gekonntes Handwerk des Kellermeisters Erik Riffel. Vorgestellt habe ich hier im Blog ja schon den Chardonnay, den Sauvignon Blanc Leimen, den Weissburgunder Tum oder den herrlichen Spätburgunder Mariage.

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Beeindruckend schließlich der 2007er Spätburgunder Turm aus dem Binger Bubenstück, einer Verlängerung des Scharlachbergs mit Quarzit-Untergrund. 20 Hektoliter pro Hektar sind die Ausbeute, der Pinot Noir vergärt spontan, liegt sechs Wochen auf der Maische, bevor er ins neue Barrique kommt. Der 2007er wirkt schon erstaunlich gereift, und das wohl von Beginn an, so Erik Riffel. Neben typischen Waldbeernoten und deutlicher dunkler Würze findet man Tabak, Schokolade und Holz. Dabei steht dieses, obwohl komplett neu, überhaupt nicht im Vordergrund.

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