Milde 1990er Rieslinge von Mosel, Saar und Ruwer

Vorletzten Samstag haben wir uns in Bonn zu einer kleinen Runde getroffen, um eine Reihe 1990er Rieslinge von Mosel, Saar und Ruwer zu probieren. Der 1990er Jahrgang gilt als Referenzjahrgang für beste Rieslingauslesen aus diesem Anbaugebiet und wir konnten uns ein Bild davon machen, wie es nun, 20 Jahre später um die Frische dieser Weine steht.

Scharzhofberg und Seeriger Schloß Saarstein
Begonnen haben wir zunächst mit einem Scharzhofberger Kabinett von Egon Müller, der allerdings die beste Zeit deutlich hinter sich hat. Alterungsnoten sind sowohl in der Nase als auch am Gaumen prägnant, Gummi, Moder und Satz von schwarzem Tee dominieren diesen ermattet wirkenden Wein.

Mehr Frische und Säure dagegen weist die Scharzhofberger Spätlese auf, die damals noch von der Hohen Domkirche abgefüllt wurde, die heute zu den Bischöflichen Trierer Weingütern gehört. Auch hier zunächst Gummi in der Nase, dann dominiert roter Apfel. Am Gaumen kommt eine cremige Komponente hinzu. Leider verschwindet der Wein relativ schnell im Nachklang, was für mich der einzige Kritikpunkt dieses sonst noch gut strukturierten Rieslings wäre.

Die Seeriger Schloß Saarsteiner Spätlese findet da nicht mehr so ganz zu sich selbst. Da fehlen ein wenig die Struktur und das Säuregerüst, der Wein wirkt etwas zu fruchtsaftig, durchsetzt mit Noten von schwarzem Teesud. Es ist ein wenig schade drum; denn die feine Herbe am Gaumen und die floralen Noten gefielen mir bei diesem Wein sehr gut.

Prüm, Haag, Müller
Im zweiten Flight dann fanden Mosel und Saar zusammen. Über die Frage, ob nun die Wehlener Sonnenuhr Spätlese von J.J. Prüm besser gefiele als die Brauneberger Juffer Spätlese von Haag, waren wir uns nicht recht einig.

Mir persönlich wirkte der Riesling aus der Lage Wehlener Sonnenuhr eine Spur zu eindimensional, füllig, etwas zu fruchtsüß oder, umgekehrt gesagt, es fehlte ein wenig, wirklich nur ein wenig die Säure, die die Süße optimal abgepuffert hätte. Im Gegensatz zum Prüm wirkt Haags Spätlese aus der Lage Brauneberger Juffer frischer, filigraner, fast vibrierend, fein und mineralischer. Es gibt Alterungsnoten bei diesem Wein, aber die stehen im Hintergrund. Hätte ich es nicht gewusst, wäre ich nie darauf gekommen, dass der Wein zwanzig Jahre auf dem Buckel hat.

Der Scharzhofberger Spätlese von Egon Müller stand dieses Alter ganz gut. Ein herber Wein mit leichter Bitternote und einem Duft von, wir hatten den Eindruck, asiatischen Blumen, dazu Apfel und etwas Lakritze, unterlegt mit einer salzigen Mineralität, die ich in den vorherigen Saarspätlesen etwas vermisst hatte. Mit der zweiten Runde bewegten wir uns schon auf einem guten Niveau. Die Runde wurde abgeschlossen von einer 2000er Spätlese von Haag, diesmal sogar aus der Lage Brauneberger Juffer Sonnenuhr. Die hat mir aber gar nicht so gut gefallen wie 1990er Spätlese aus der größeren, günstigeren Lage. Der Wein wirkte auf mich ein wenig leicht, zu wenig greifbar.

Und dann die Auslesen…
Die Riege der Auslesen begann mit einer aus dem Graacher Domprobst vom Weingut Selbach-Oster. Dieser Riesling hat zunächst etwas Medizinisches in der Nase, als sei etwas Salbengrundstoff beigemischt. Der Wein besitzt eine feine Herbe, ich schmecke etwas Tee, Aprikose, leicht Bitterorange und Quitte. Der Domprobst macht was her, so wie man sich eine stattliche Gestalt so vorstellt, füllig ist er, stoffig, mit einer gewissen Eleganz ausgestattet.

Die Auslese aus dem Herrenberg von Maximin Grünhaus stammt dann nicht aus dem Jahr 1990, da hat unser Gastgeber im Keller daneben gegriffen oder irgendwann falsch einsortiert und dies erst gemerkt, als die Flasche schon geöffnet war. Wir trinken also eine 1988er Auslese, die zunächst einmal so riecht, als habe jemand Geranien frisch umgetopft und mit Eistee begossen, in dem ein wenig aufgeschnittener Apfel schwamm. Stoffig wirkt die Auslese, mit markanten Noten von Quitten und Apfel, allerdings kann sie den Geruch des Umgetopftseins nicht ganz abstreifen.

Leider hatte die Auslese  aus dem Eitelsbacher Karthäuserhofberg vom Karthäuserhof mit TCA zu kämpfen, was recht schade war; denn trotz Korknote wirkte der Wein großartig mit einem hervorragend ausbalancierten Süß-Säurespiel und satter, dichter, verschwenderischer Frucht.

Wir blieben an der Ruwer, wechselten allerdings wieder hinüber zu Maximin Grünhaus, diesmal zum Abtsberg, zu einer Auslese aus dem Fuder 101. Ein großartiger Wein, gradlinig, klar mit leichter Lakritz- und Medizinnote, kräutrig, salzig mineralisch mit ein wenig grünem Apfel und Johannisbeere. Ganz klar und frisch ist die Abtsberger Auslese mit markanter Säure und Schmelz, ein Charakterwein, den ich ausnehmend gut fand.

Voller als der Abtsberg wirkt die Auslese aus der Brauneberger Juffer Sonnenuhr von Fritz Haag. Einige Bitternoten  von Limetten mischen sich in die Steinobstfrüchte. Dazu eine Note, die mich an norwegischen Karamellkäse erinnert. Erstaunlich finde ich auch hier die immer noch so präsente Säure.

Beerenauslese Röttgen 2000, Heymann-Löwenstein
Was zum Schluss als Überraschung auf den Tisch kam, ist denkwürdig. Die 2000er Beerenauslese von Heymann-Löwenstein ist ein ziemlicher perfekter Wein. Eine sehr, sehr dichte, reintönige Frucht steht im Glas und verströmt Aromen von Aprikosen, Mirabellen, Pfirsichen, Orangenschalen, all das frisch und getrocknet, dazu Honig und Minerale. Das setzt sich nahtlos am Gaumen fort, hat unglaubliches Volumen, bleibt dabei aber filigran, weil die Säure einfach so perfekt in der Mitte dieser cremigen Fruchtexplosion steht. Da hört dann auch irgendwann die Möglichkeit der Beschreibung auf, wenn ein Wein so perfekt ausbalanciert ist. Jetzt kann ich die Augen schließen und mir diese Beerenauslese noch mal auf die Zunge denken.

5 Kommentare

  1. Tolle Verkostung! Langsam entwickelt sich Bonn zur einer Fan-Hochburg für gereifte Rieslinge.

    Das die 2000er Juffer-Sonnenuhr Spätlese nicht mit der 1990er Juffer mitkommt, liegt aus meiner Sicht übrigens weniger am Lagenunterschied sondern eher am (in Deutschland) deutlich schlechteren Jahrgang.

  2. Bonn ist eh nicht schlecht, was die Dichte an Veröffentlichungen angeht, »Nur ein paar Verkostungen…« sind ja nun auch ziemlich aktiv.

    Zum 2000er hast du natürlich Recht, der Jahrgang war weit weniger bedeutend als der 1990er.

  3. Pacos

    Hallo Ich habe Ein Wein
    MOSEL-SAAR-RUWER
    SELBACH
    1990

    BERNKASTELER KURFÜRSTLAY
    RIESLINGSPÄTLESE
    QUALITÄTSWEIN MIT PRÄSIKAT
    A.P nr 2 606365098 91
    ich wolte gerne wissen was dieses Wein wert ist
    Danke

  4. Eberhard

    Hallo,
    kann mir jemand sagen, was 1990 Falkensteiner Hofberg, Riesling Friedrich Wilhelm Gym Silberne Kammerpreismünze wert ist?
    Danke

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