Drei Winzer aus der Champagne, drei ganz unterschiedliche Stile

Eines der faszinierendsten Themen der Weinwelt ist für mich die Champagne. Erst spät, es muss am Geldbeutel liegen, bin ich überhaupt erst dazu gekommen, andere Champagner zu trinken als man sie hier und da mal bei bei Geburtstagen oder auf Stehpartys und Empfängen in die Hand gedrückt bekommt. Das war dann immer weitestgehend ausdrucksloser Bankett-Champagner, der keinem weh tut, aber auch kein bisschen dazu beitragen mag, sich für dieses Getränk weiter zu erwärmen. Hinzu kommt, dass mir die Marketingstrategien und Allüren der großen Häuser ziemlich fremd sind. Hier werden Produkte als rar und exklusiv feil geboten, die in Millionenauflage praktisch vollautomatisiert hergestellt werden. Dafür aber, dem Marketingetat sei Dank, müssen horrende Summen bezahlt werden. Dazu war ich nie bereit. Genauso wenig mochte ich zu irgendwelchen Champagner-Verkostungen pilgern die, mit einem Haufen Celebrities bestückt, in irgendwelchen überkandiedelten Hotels, wie beispielsweise dem geschmacklosen Kameha Grand hier in Bonn, abgehalten werden.

Dann aber hatte ich irgendwann mal zwei Gläser in der Hand. In dem einen befand sich Champagner von Krug, in dem anderen ein Jahrgangschampagner von Larmandier-Bernier. Diese beiden Schaumweine haben meine Sicht auf dieses Weinbaugebiet grundsätzlich verändert. Mittlerweile habe ich Vieles probiert – man kann ja Proben organisieren um sich durch das Programm zu verkosten – und bin diesem Stoff ein wenig verfallen. Zumindest den guten Vertretern. Und davon gibt es eine ganze Menge. Man muss sie nur finden. Neben Krug gibt es natürlich auch bei den großen Häusern wirklich gute Weine. Wer einen gereiften Roederer Cristal oder einen Jahrgangschampagner von Bollinger oder einen Cômte de Champagne von Taittinger probiert hat, weiß, was ich meine. Ich persönlich finde es jedoch viel interessanter, mich mit jenen zu beschäftigen, die es mittlerweile gewagt haben, sich aus der Deckung der großen Häuser zu wagen, die ihre Trauben nicht mehr den Cooperativen geben oder eben jenen großen Häusern. Verführerisch ist das  nämlich allemal, denn für gutes Traubenmaterial wird viel Geld gezahlt. Mehr als irgendwo anders – ausser vielleicht im Napa Valley. Trozdem, es gibt immer mehr, die es wagen, selbst auf den Markt zu gehen und es gibt immer mehr, die diese Winzer-Champagner auch kaufen. Das ist ein großes Glück denn dadurch zeigt sich erst die Vielfalt. Die Vielfalt der Böden, der Klimata, der Rebsorten – hey, es gibt auch Champagner vom Pinot Blanc und von der Arbanne, und natürlich vom Schwarzriesling, pardon, Pinot Meunier, und was für welchen…

Heute stelle ich drei Champagner vor, die ich drüber im Shop auch verkaufe. Ich mache ganz bewusst auf Winzer aufmerksam, die dort Flächen bewirtschaften die so klein sind, wie bei Vollenweider an der Mosel. Gemeinsam haben sie, dass sie sich dem biodynamischen Anbau verschrieben haben und das sie Holz zum Reifen einsetzen, was wenige machen. Krug ist bekannt dafür und der Großmeister der Winzer, Anselm Selosse. Jedoch immer mehr Winzer, vorwiegend aus dem Biodyn-Bereich setzen ganz zurückhaltend das Holz ein um einen gewissen Austausch mit dem Umgebungsluft zu gewährleisten. Deswegen wirken die Weine nur selten oxydativ.

Der Bulles de Comptoir beispielsweise ist meilenweit von irgendwelcher Oxydation entfernt. Der ist so scharf wie ein Rasiermesser. Da sammeln sich Tropfen von Limetten und frischer Grapefruit auf des Messers Schneide und sie rinnen nur deshalb nicht herab, weil sie aufgehalten werden, von größeren Mengen an Kreide. Das ist straight to the edge. Nicht unbedingt der Stil, den ich favorisiere, das ist mir noch zu hart. Aber ausgezeichnet gemacht. Charles Dufour, so heisst der Winzer, sitzt in Landreville, im Tal der Aube. Wer durch das Dorf fährt, wird ihn im Zweifel zunächst nicht finden. Es ist eben ein Winzer und kein Champagner-Haus, so wie bei uns in den Weinbaugebieten. Da stehen keine schnellen Sportwagen vor riesigen Landsitzen.

Gegründet wurde der Besitz von Robert Dufour der, der einfach drei Champagner hergestellt hat. Brut, Sec und Demi-sec. Roberts Sohn und der Vater des heutigen Besitzers, Yves, hat sich auf trockene Champagner spezialisiert. Dabei hat er, als einer der ganz wenigen, verschiedene Rebsorten getrennt ausgebaut. Nebenbei, auch das war selten in den Achtzigern und Neunzigern, hat er auf biologischen Anbau gesetzt, in Zeiten, in denen andere Winzern noch den Hausmüll aus Paris als Dünger eingesetzt haben. Während Charles einige Jahre in Neuseeland und Australien sein Wissen erweitert hat, hat seine Mutter in einigen Parzellen auf Biodynamie umgestellt. Seit 2007 läuft der ganze Betrieb unter Kontrolle von Ecocert. Was ganz typisch ist für die Côte de Bar ist der große Anteil von Pinot Noir im Rebbestand. Das ist auch bei den Dufours nicht anders. Was sie aber neben Meunier und Chardonnay noch anbauen ist Pinot Blanc. Und das ist selten. Es gibt sogar reinsortigen Pinot-Blanc-Champagner, drüben im Shop. Den hat Vater Yves 1999 ausgebaut und Sohn Charles 2009 degorgiert. Im Bulles de Comptoir, dessen Etikett diesen Artikel ziert, ist ein Drittel Pinot Blanc, den Rest teilen sich Pinot Noir und Chardonnay.

Ganz anders als Dufour wirkt der Brut Essentiel von Benoît Lahaye. Lahaye lebt und arbeitet in Bouzy, einer Hochburg der Pinot-Noir-Champagner und voller Grand Cru Lagen. So ist auch dieser Brut Essentiel mit 6 Gramm Dosage ein Gran Cru. Den 90 % Pinot wurden schmeichelnde 10 % Chardonnay hinzugefügt.  Lahaye hat in den Neunzigern, bekehrt vom Patrick Meyer aus dem Elsass, auf bio-organischen Anbau umgeschwengt und ist dann weiter Richtung Biodynamie gegangen. Für ihn ist klar, und da singt er im Chor: vor der Biodynamie war es nicht möglich, vernünftigen Brut Nature herzustellen weil die Trauben seit der Umstellung zunehmend reifer werden – bei gleichem notwendigen Säuregrat. 4.5 Hektar besitzt Lahaye. Knapp 96 % fallen auf Pinot Noir, eine Parzelle wurde mit Chardonnay bepflanzt.

Lahayes Brut Essentiel, und das gilt für alle seine Weine, sind Weine die dringend getrunken werden wollen. Nicht, weil sie nicht lange altern würden, nein, weil sie so lecker sind. Der Brut Essentiel weist neben feinen Hefenoten, die an frisch gerührten Teig erinnern, Kernobstfruchtnoten auf. Da ist Créme drin und ein angenehme Weichheit. 55 % des Weines stammen übrigens aus dem Jahr 2007, der Rest sind Reserveweine.  Dieser Champagner hat eine schöne Tefe und ist dabei sehr charmant unkompliziert. Neben den Fruchtaromen findet sich eine angenehme Säure und Mineralität. Der Wein ist für unter 30,- zu haben und das ist ein fantastischer Einstieg in die Champagnerwelt.

Der Einstiegswein von Georges Laval, bzw. seinem Vincent, der den Betrieb seit 1996 führt ist fast doppelt so teuer wie der Lahaye. Der Cumières Brut Nature ist ein rarer Wein. Nicht so rar wie die anderen Weine von Laval, von denen unter 1.000 Flaschen jährlich abgefüllt werden, doch wirklich selten. Laval besitzt 2.5 Hektar im Tal der Marne, genau gesagt in Cumières und macht selbst in guten Jahren keine 10.000 Flaschen. Das ist sehr wenig. Glücklicherweise sind die, die mal seine Champagner probiert haben, so überzeugt von seiner Qualität, dass er Preise bis 180,- die Flasche nehmen kann, ab Hof ist das immer noch mal günstiger. Das ist für Winzer-Champagner definitiv die Ausnahme. Allerdings gibt es Menschen, die sagen, dass seine besten Chamapgner auf einem Niveau liegen mit Krugs Clos de Mesnil.

Der Cumières Brut Nature besitzt eine wirklich überragende Balance zwischen Frucht, Säure und Mineralität. der Wein duftet nach roten Früchten, mürben Äpfeln, etwas Brioche, etwas Zitrus und etwas Salz. Der Wein ist im Mund total harmonisch, schwebt geradezu auf der Zunge. Das ist große Klasse. Es schrieb mal jemand, das wäre Puligny-Môntrachet mit Bläschen, und ich weiss, was er meint.

Champagne Charles Dufour, Bulles de Comptoir
Champagne Benoît Lahaye, Brut Essentiel
Champagne Georges Laval, Cumières Premier Cru, Brut Nature

2 Kommentare

  1. Axel Tillert

    Hallo Herr Rafellt
    Ich habe zufälliger Weise über die Weihnachtszeit Cuvees der drei von Ihnen beschriebenen Winzer probiert.
    Bei Dufour handelte es sich um die Cuvee ‚Ligne 79‘ einen reinen Pinot Blanc aus dem Jahrgang 1999, der fast eine Antithese zum von Ihnen vorgestellten Bulles de Comptoire darstellte.
    Extrem Oxidativ in der Nase, hell Messingfarben war der Wein im Mund sauber, reich und dicht. Allerdings fehlte ihm jegliches Säurespiel (ich muss zugeben ich bin grundsätzlich alles andere als ein Weissburgunder Fan), weshalb ich den Wein eher als plump empfand.
    Keinerlei Widerspruch dagegen im Falle Benoit Lahaye. Wunderbare Nase nach Boskop Apfeln und Briochs dabei herrlich ausgewogen und mit wunderbarem Säurespiel im Mund.
    Der 2005 Pinot Noir ‚Les Hautes Chèvres‘ von Georges Laval, lies mich dagegen verwirrt zurück. Sehr hell im Glas, mit einer Nase die zunächst von Hefenoten überdeckt war, die aber nach und nach immer vielschichtiger wurde. Ich habe Blütendüfte und Honig notiert. Im Mund ausgewogen und lang aber auch kalt und unnahbar. Eher ein intellektueller, den ein genuss Wein.

  2. Hallo Herr Tillert,

    ich denke, dass sowohl der »große« Dufour als auch die Champagner von Georges Laval polarisieren. Das ist kein Weinstil, kein Champagnerstil wie wir ihn gewohnt sind. Diesen findet man tatsächlich deutlich klarer bei Lahaye und, ja, das ist ein richtiger Genusswein.

    Beim 2005er von Laval würde ich sagen, dass dieser noch viel zu jung ist, um ihn wirklich beurteilen zu können. Eigentlich müsste man ihn wie einen Premier oder Grand Cru aus dem Burgund behandeln und weglegen. Dann wird sich das Unnahbare irgendwann legen und der Wein wird sich öffnen. Zum jetzigen Zeitpunkt stimme ich Ihnen völlig zu und es wird immer eine eher intellektuelle Heruaforderung sein denn reiner, unbeschwerter Genuss. Was aber ja ganz schön sein kann, finde ich.

    Beim »Ligne 79« von Dufour merkt man, warum der Weißburgunder bei Champagnern eher den Exoten darstellt. Auch dieser Wein wird nicht wirklich eine breite Anhängerschaft finden, auch dieser Wein ist eher was für Champagnerenthusiasten die einfach probieren wollen, was es so gibt.

    Was mich bei diesen Champagnern fasziniert ist, das wir mittlerweile aus einer großen Vielfalt von Stilen wählen können, dass es Champagner gibt, die wir so vor wenigen Jahren nie im Glas gehabt hätten. Das die Spielwiese viel größer geworden ist und es Nischen gibt und Alternativen zu den großen Häusern.

    Grüße, Christoph Raffelt

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