Ich muss zugeben, noch immer denke ich, wenn ich den Begriff Beaujolais lese an ein sehr unangenehmes Weinerlebnis, welches ich mal mit Beaujolais Primeur hatte. Das war so eins mit Nachgärung im Magen, der dann ausgepumpt werden musste und so. Das vergisst man nicht so schnell und ich habe auch, damals war ich 16, seit dem keinen Primeur mehr getrunken und überhaupt jahrelang auf Wein verzichtet. Das allerdings hat sich, wie man unschwer nachlesen kann, wieder geändert. Trotzdem klingt bei diesem Namen immer noch was Unschönes mit – ganz unverdient. Allerdings, mit diesem fiesen Massen-Primeur hat der Weinbau-Verband es sich auch selber verbockt, wieder seinerzeit das Chablis mit Billigfusel und das Elsass mit dem substanzlosem Edelzwicker. Die Vorurteile sind da längst nicht abgebaut und auch wenn ich gerne Weine aus dem Elsass verkaufen würde – schließlich gibt es da ne ganze Menge – der Ruf ist so schlecht, ich trau mich nicht.
Zurück zu diesem Wein. Er hat mit dem Primeur genau zwei Dinge gemeinsam: das Anbaugebiet und die Traubensorte, die in diesem Anbaugebiet für rote Weine immer Gamay ist. Ansonsten werden die üblichen Beaujolais im Gegensatz zu diesem mit Kohlensäuremaischegärung hergestellt, sprich, der Gärbehälter wird mit nicht abgebeerten ganzen Trauben gefüllt, der Gärbehälter wird mit Kohlendioxid vollgepumpt, was den Sauerstoff verdrängt. Mit Hilfe von Enzymen und Hefen beginnt der Most zu gären. Meist wird der sich unten bildende gärende Most nach oben gepumpt, der Gärprozess verstärkt sich. Der Effekt dieser Methode ist der, dass Geschmack und Duft des Weines sich verstärken, Gerbstoff und Säure aber sehr moderat ausfallen. Das mag für jugendlich zu trinkende Weine gut sein, nicht aber für das Alterungspotential. Allerdings bin ich der Meinung, dass solcher Art gemachter Wein meist auch ziemlich kitschig-plüschig schmeckt.
Nicht so der Cuvée l’Ancien von Jean-Paul Brun. Dieser gehört mit zu den Altmeistern des Beaujolais und zeigt, was man hier an Qualität erzeugen kann. Er ist ein klarer Verfechter des nicht manipulierten, ursprünglich oder traditionell gekelterten Charaktertropfens, dessen Ecken und Kanten letztlich einen Wein auch ausmachen. Bruns Besitz liegt in Charnay, im südlichen Beaujolais in einer Gegend, die auch Region der goldenen Steine genannt wird, oder auch Terres Dorée. Entsprechend seiner Idee von Wein arbeitet Brun ohne Einsatz von Herbiziden und Pestiziden und vergärt seinen Gamay spontan. Er möchte keinesfalls, dass sein Gamay in die gleiche Schublade gesteckt wird wie der überwiegende Rest der produzierten Weine, die meist mit 71B vergoren werden, einer Industriehefe, die aus der Tomatenproduktion in Holland stammt und Bananen- und Bonbonaromen pusht.
Auf Chaptalisierung, also Anreicherung des Mostes mit Zucker oder Süßreserve zur Erhöhung des Alkoholgrades verzichtet er ebenso wie starke Filtration oder Einsatz von Schwefel. Beides findet nur minimal statt. So werden bei Brun wohl selbst die Nouveaus zu Charakterweinen, bestätigen kann ich es nicht, ich habe noch keinen probiert.
Für den Vieilles Vignes aber kann ich das bestätigen. Bestimmen zunächst Bratensoße, etwas Rost und vor allem Liebstöckel den Duft, finden sich bei zunehmendem Luftkontakt Johannisbeeren, und zwar die richtig schwarzen das Geruchsbild, unterstrichen von einigen medizinischen Noten. Am Gaumen dann treten die Johannisbeeren in den Hintergrund und reife Sauerkirschen übernehmen das Zepter. Es finden sich einige grüne Noten, der Wein besitzt eine schöne Säure, vor allem aber eine gute Länge. Insgesamt überrascht er, der keine 15 Euro gerade mal elf Euro kostet (siehe Kommentar), mit viel Substanz. Da muss man erst mal einen Burgunder finden, der diesem Wein das Wasser reichen kann in dieser Preisliga.
Dürfte in der Cave des Oblats zu finden sein.
Es ist im Beaujolais schön zu sehen wie im Golden Stone (vom Sandstein her) scih die Abendsonne einfügt. War grad erst dort. Ganz interessant: Bei den Weinerzeugern kommt ein leuchten in die Augen bei Jahrgang 2009. 2005 gilt dann als nächster sehr guter Jahrgang der kürzeren Vergangenheit. Ich finde es auch recht interessant, wie einige Erzeiger auch die Eigenständigkeit neben dem Burgund herausarbeiten.
Ganze 10,90 € hat der gekostet, ich hab eben noch mal nachgesehen! Hatte ich letztes Jahr in Liège gekauft (natürlich), wo ich auch die ganz jungen und den Nouveau von ihm bei einer Probe getestet habe. Der heißt glaube ich “Cuvée première”.
Ich war ehrlich gesagt fast ein bisschen erschrocken über die Qualität, denn ich hatte dieselben Assoziationen wie Du. Um es mal vulgär auszudrücken: Dieser Weine hatte mehr Arsch in der Hose als die allermeisten deutschen Spätburgunder. Allerdings meinte Großmeister Henri auch, sie hätten unheimlich lange suchen und unheimlich viel probieren müssen im Beaujolais, da die “schnelles Geld mit Nouveau”-Falle noch immer weit verbreitet sei.
Mittlerweile sollen dort viele Winzer mit ihren 2 ha Gamay bei ungeheurer Besitzzersplitterung (ist ja das “burgundische” Erbteilungsprinzip) am Rand des Existenzminimums leben, weil man mit den Billigtropfen kein Geld verdienen kann. Aber es tut sich was, wird Thomas ja sicher bestätigen können, wenn er kürzlich dort war.
Ja, wirklich enorme Qualität für den Preis. Witziger Weise war ich ja vor drei Wochen in Brüssel bei Basin & Marot, der Mann, der mit seiner Gitarre vor dem, wie ich mittlerweile weiß, einzigen Regal hochspringt, das er in seinem Laden hat. (siehe hier: http://www.originalverkorkt.de/2011/04/la-belgique-le-vin/) Und die Weine, unter anderem ein Fleurie 2007 von Jean Foillard – eine persönliche Empfehlung des Hauses, die es zu probieren gilt – haben sie mir in eine Schachtel von Jean-Paul Brun eingepackt. Die dürften den also auch da haben.
[…] Nouveau. Und war der von Jean-Paul Brun, einem der besten Weinmacher dieses Gebiets (ich habe hier schon mal etwas mehr über ihn geschrieben). Einer der Weine sieht aus, wie so ein junger Spaßwein […]