Rosé de Saignée (NV), Larmandier-Bernier, Champagne

Nachdem ich nun seit Montag in Sachen Kindsgeburt unterwegs war – unsere Tochter Greta ist am Dienstag um 6.56 Uhr zur Welt gekommen –, hatte ich heute Abend zum ersten Mal die Muße, mich ganz allein für ein Stündchen hinzusetzen und die letzten Tage Revue passieren zu lassen. Mutter und Kind sind gesund und meine erste Tochter ist genau so bezaubernd, wie ich es erhofft habe. Nun, dies ist kein Blog über private Ereignisse, doch ich habe mir für diese Stunde ein Fläschchen geöffnet, das ich schon lange mal probieren wollte.

Larmandier-Bernier ist einer meiner liebsten Champagne-Produzenten. Auch wenn die Preise in den letzten Jahren deutlichen gestiegen sind, gehören die Weine dieser Familie immer noch zu jenen, die ein ausgezeichnetes Preis-Genussverhältnis liefern. Larmandier-Bernier gehört zu der verschwindend geringen Anzahl von Produzenten, die seit vielen Jahren biodynamisch arbeiten und spontan vergären, in der Tat sind es weniger als ein Prozent. 16 Hektar besitzt die Familie, und zwar in den besten Lagen in Vertus, Oger, Cramant, Chouilly und Oger. Dies sind ausnahmslos Orte an der Côte de Blancs, und in der Tat ist Larmandier ein Spezialist für Blanc de Blancs. Es gibt lediglich einen kleinen Wingert in Vertus, der mit Pinot Noir Reben bestückt ist. Aus diesem Wein keltert Larmandier seit 2006 einen Rosé im Saignée-Verfahren. Hierbei wird der erste Saft des angepressten Pinots genutzt, um ihn zu vergären. Die andere Methode, um Rosé-Champagner herzustellen, ist die, Rotwein und Weißwein zu mischen.

Der Rosé de Saignée hat mit den Rosé-Champagnern, die ich kenne (Ausnahme ist der von Olivier Horiot), nicht viel zu tun. Überhaupt hat dieser Wein mit Champagner nicht viel zu tun. Wer einen feinen Aperitif-Schaumwein erwartet, würde von diesem Wein enttäuscht sein. Dies könnte einem schon klar werden, wenn man die helle Flasche sieht, in der sich ein ungewöhnlich dunkler, intensivfarbener Wein befindet. Im Glas zeigt sich, dass der Wein nicht nur ein intensives Rot zeigt, sondern sich vielmehr Orangetöne ins Rot mischen – eine ungewöhnliche, beeindruckende Farbe.

In der Nase findet sich eine typische Champagne-Hefenase, ja, der Duft von frischem Hefeteig. Dazu stoßen deutliche Aromen von schwarzen Johannisbeeren und Sauerkirschen. Alles sehr frisch, wie gerade gepflückt. Am Gaumen wirkt der Wein außergewöhnlich intensiv, balanciert und druckvoll. Wenn ich hier mal Robert Parker zitieren darf, der dem Wein erstaunliche 96 Punkte gegeben hat: “Larmandier-Bernier’s NV Extra Brut Rosé de Saignée is one of the most profound wines I encountered in my tastings.” Das ist eine gewichtige Aussage für jemanden, der Tag für Tag eine große Anzahl an Weinen probiert, unter denen auch eine ganze Menge ganz außergewöhnlicher Tropfen sind. Egal ob es stimmt oder etwas übertrieben sein mag, ich schließe mich an, wenn er den Rosé als außerordentlich profunden Wein bezeichnet.

Die Dichte und Finesse dieses Weins ist wirklich beeindruckend. Wenn ich ihn beschreiben wollte, würde ich ihn als Burgunder mit Blasen bezeichnen, als einen leichten Spätburgunder mit ausgezeichneter Säure-Fruchtbalance. Er ist viel spätburgundiger als fast alle Champagner, die ich kenne. Er ist leicht tanninhaltig, was nicht gänzlich überrascht, wenn man bedenkt, dass der Grundwein im Holzfass ausgebaut wird und der Wein anscheinend so lange auf der Maische gelegen hat, dass diese intensive Farbe dabei  herauskommt. Außerdem ist er kompromisslos trocken. Und was letztlich am meisten beeindruckt, der Champagner hat eine außergewöhnliche intensive Länge.

Alle das zusammengefügt, ergibt einen Wein, den man nicht so schnell vergisst. Teuer, wie es üblich ist bei gutem Champagner, jedoch günstig, wenn ich mir die Preise der Rosés der großen Häuser anschaue. Wenn ich die Wahl zwischen, sagen wir, Rosé von Laurent-Perrier und diesem hier hätte, würde ich keine Sekunde zögern, um diesen Charakterwein zu trinken. Nach all diesen Tagen mit wenig Schlaf und vielen Gefühlen ist das genau der richtige Tropfen, um mich einzupendeln zwischen Realität und Schwelgerei.

Den Champagner gibt es drüben bei mir im Shop.

2 Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch, da freue ich mich sehr mit Euch! Für uns ist Larmandier-Bernier seit etlichen Jahren unser Silvester-Champagner. Erst der “einfache” Brut, dann der Vertus und künftig (ich hab ihn eingelagert) auch der Cramant. Die Geburt Eurer Tochter ist aber ohne Zweifel noch ein viel besseres Ereignis zum Öffnen einer solchen Flasche.

    Ich finde sogar, dass Larmandier-Berniers Rosé – vielleicht wegen seiner etwas ernsthafteren und weinigeren Art – für freudige UND besinnliche Momente stimmiger ist als die Weißen.

    Dein Schlafdefizit dürfte aber vermutlich nicht abnehmen, wenn Greta bei Euch eingezogen ist. Wer weiß, vielleicht können wir dann um 3 Uhr nachts entstandene Blogposts von Dir lesen, weil Du ja eh wach bist 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert