Ein ungleiches Paar ausgewachsener Bullen. Tempranillo Pfalz vs. Tempranillo Ribera del Duero

Kürzlich bin ich auf der Suche nach ungewöhnlichen deutschen Rotweinen auf den reinsortig ausgebauten Tempranillo von Uli Metzger gestossen. Andere Weine von ihm kanntw ich schon vorher und wenn man seine Weine irgendwo im Laden sieht, fallen sie auf. Das ungewöhnliche Flaschendesign sorgt dafür. Metzger hat, es ist nicht ganz weit hergeholt, das Rind, nein, den Bullen praktisch zum modernen Wappentier gemacht, und aus den besten drei Stücken die solch ein Tier hat, seine drei Qualitätskategorien abgeleitet. Was bei den anderen Gutswein/Qualitätswein, ist bei ihm Flanke, was sonst Lagenwein ist für ihn das Pastorenstück, was sonst Einzellage ist hier Filet – grob gesprochen.

Unschwer zu erkennen ist, dass Uli Metzger, dessen Familie ein Weingut in Grünstadt-Asselheim in der Pfalz betreibt, seinen Tempranillo als Filetstück ansieht. Er nimmt den Versuchsanbau dieser Rebsorte, die in Spanien die Grundlage für jede Art von Qualitätsweinen bildet und auf ca. 202.000 Hektar angebaut wird, ernst. Rioja und Ribera del Duero sind wohl die Gebiete, in denen die Rebsorte ihre besten Ergebnisse bringt und teils für große, langlebige Weine sorgt. Tempranillo reift früh, daher heißt die Sorte auch so, den übersetzt ist es die kleine Frühe, sie ist entsprechend auch relativ klein und dickschalig, hat also viele Gerbstoffe/Tannine und ist vergleichsweise säurearm. Zwischenzeitlich wurde vermutet, dass sie eine Abart des mutationsfreudigen Pinot sei, den Mönche irgendwann auf dem Jakobsweg nach Frankreich gebracht hätten, das ist aber wohl vom Tisch. Heut geht man davon aus, dass sich die Sorte in Spanien selbst entwickelt hat.

Mittlerweile gibt es ja eine ganze Reihe wilder Experimente, was den Anbau von besonderen Rebsorten in Deutschland angeht, ich habe ja gerade dazu beim Don einen Artikel geschrieben, ganz abwegig finde ich die Wahl des Tempranillo nicht und vor allem die Säurearmut dürfte dem Anbau hier entgegen kommen.

Der Wein stand noch zur Probe für den Artikel bereit, als ich zufälligerweise noch einen weiteren Bullen entdeckte, einen ebenfalls reinsortigen Tempranillo, allerdings aus Ribera del Duero, einem der Kerngebiete für diese Sorte. Das fand ich nun schon amüsant. Einen deutschen Tempranillo mit einem spanischen zu vergleichen liegt ja auf der Hand. direkt zwei solche Prachtexemplare – leider kenn ich mich bei Rinderrassen nicht aus, daher muss ich die Sorte in diesem Fall leider schuldig bleiben – zur Hand zu bekommen, macht dann allerdings wirklich Spaß. Auch wenn der Jahrgang nicht derselbe ist – es gibt nur ein Jahr unterschied, der Preis ist ziemlich ähnlich, irgendwo um die 11, 12 Euro. Beide Weine habe ich doppelt dekantiert, sie sind ja noch recht jung, also ab in den Dekanter und zurück in die Flasche und dann in den Kühlschrank, denn Zimmertemperatur finde ich im Winter immer grenzwertig.

Metzger, Tempranillo 2009, Wein aus Versuchsanbau, Pfalz, 14%
Der Wein aus der Schlegelflasche stinkt erst einmal ein bisschen, als ich ihn ins Glas schütte. Er wirkt so ein bisschen, wie Spontanvergärung und Teer. Teer ist nicht ganz untypisch für Tempranillo, vor allem für den jungen Wein. Im Glas dann purpurroter Wein mit Hang zum violetten Ton. Ich lasse den Wein erst einmal ein wenig im Glas stehen. Was sich dann in der Nase entwickelt ist erstaunlich und erinnert mich gar nicht so recht an Tempranillo sondern eher an Bordeaux. Was vor allem kommt ist eine leicht medizinisch-eukalyptische Note und Zedernholz. Der Wein duftet dabei wie einer, der deutlich teurer sein müsste.

Bodegas Vizcarra, Venta las Vacas 2010, Ribera del Duero, 14%
Zum Spanier: Der Wein stammt von einem Winzer, der tatsächlich in der Garage angefangen hat. Seine Name ist Carlos Vizcarra, er pflegt einen typischen Ribera-Stil und sein Wein Celia bekam unlängst von Parker 96 Punkte und der Winespectator meint, das wäre das drittwichtigste Gut in diesem Gebiet hinter der Traditionslegende Vega Sicilia und der modernen Legende Pingus. Diese Einschätzung hatte, wenn sie auch sonst nicht viel nützen mag, immerhin zur Folge, dass sich Vizcarra unlängst eine kleine Bodega leisten, und sie gegen die Garage austauschen konnte. Der Venta las Vacas duftet von Anfang an ausgesprochen angenehm. Wirkt der Kollege aus der Pfalz im ersten Moment eher sperrig, findet sich hier sanfte Opulenz, die dunkle Früchte des violetten Weins verbinden sich von Anfang an mit Schokolade und Kaffee. Da ist ein feiner Holzton, der einen sanften Wein unterlegt.

Zurück zu Metzgers Tempranillo…
Mittlerweile hat sich der Wein im Glas gefunden, so scheint es. Weniger medizinale Noten, mehr Schokolade, aber immer noch ein Hauch Zeder, dazu frische Waldbeeren. Im Gegensatz zum Spanier wirkt der Wein kühl. Am Gaumen dann findet sich wieder die Zedernholzaromatik. Der Wein ist noch jung, ungemein frisch, fast mineralisch. Die Früchte wirken reif, jedoch keine Spur überreif oder konzentriert. Das Holz ist zurückhaltend aber präsent, und ja, der leichte Eukalyptuston ist wieder da.

Derweil, beim Spanier…
Der feine, weiche, reife Ton bleibt in der Nase und hebt sich von Metzgers Wein ab. Ob ich das jetzt attraktiver finde? Ich weiss es nicht. Ich finde den Pfälzer Wein schon sehr attraktiv, ich mag ja tendenziell eher das Kühl-Mineralische, zurückhaltendes Holz, wenn überhaupt. Nun also zum ersten Schluck. Nicht übel. Der Wein hält das, was er in der Nase verspricht. Er ist durchaus opulent, aber nicht überkandidelt. Die Frucht ist dicht und reif, aber auch nicht überreif, der Wein ist deutlich weicher als der Pfälzer, das Tannin feinkörnig, die Schokonote pendelt sich bei Milchschokolade mit relativ hohem Kakaoanteil ein.

Was sagt der Metzger?
Beim Metzger habe ich gerade nachgeschenkt. Metzgers Tempranillo ist ein Wein, der mich begeistert. Allerdings begeistert er mich als Bordeaux-Ersatz. Duft und Geschmack von Cassis, leichte Schokoladennoten (Richtung Bitterschokolade), Zedernholz und Medizin in Verbindung mit der mineralischen Kühle lassen mich an Bordeaux denken und zwar an eine gute Flasche. Der 2009er ist leider ausverkauft und der Preis für den Wein ist ein Witz. Ich muss mir dringend den aktuellen Jahrgang zulegen um zu probieren, wie sich der Tempranillo weiterentwickelt. Und, ach ja, wo ich bei einer Blindprobe gelandet wäre, habe ich ja schon geschrieben. Auf deutschen Wein wäre ich nicht gekommen, das ist jedenfalls klar.

Der Venta, zum Schluss…
Auch hier noch ml nachgeschenkt und den großen Rest für morgen aufgehoben, gefällt mir der Wein durchaus sehr gut. Er wirkt gefälliger als der Pfälzer, aber das ist kein Wunder. Neben der Bitterschokolade am Stück wirkt ein Praliné eben noch schmelziger. Den Wein deshalb kleiner zu machen, wäre unfair. Und überhaupt, die Mischung aus feinem Holz, etwas Praliné und feiner Süße in der Frucht ist durchaus gebietstypisch und für dieses Preisniveau ausgezeichnet gemacht.

Nachtrag, 24 Stunden später, Metzgers Tempranillo
Jetzt gibt es noch ein wenig mehr Schoki auf die Geschmacksnerven. Der Bordeaux-Eindruck bleibt.  Fleischig wirkt er heute, sehr frisch, kräftig.

Nachtrag, 24 Stunden später, Venta las Vacas
In der Nase bleibt die leicht süßliche Note, die an ein sehr fruchtlastiges Praliné erinnert. Irgendwas mit viel Sahne und guter Butter. Am Gaumen dann heute mehr Frucht und etwas mehr Holz, immer noch frisch, aber mit einer leichten Bitternote.

4 Comments

  1. Metzgers Rotweincuvee “Schwarzer Bulle” ist einem meiner Lieblingsrotweine für den Alltag. Leider darf er wohl bald nicht mehr so heißen, da “Red Bull” den Namen für sich beansprucht. Macht er nicht auch eine extra Abfüllung für Mälzers “Bullerei” in HH?

  2. Das kann sein. Ich war allerdings noch nie in der Bullerei. Ich habe hier noch rinrn Urbullen stehen, auf den ich sehr gespannt bin. 100 Jahre alte Portugieser-Reben…

  3. Wolfgang

    Ja, Metzger macht eine Spezialabfüllung für Tim Mälzers Bullerei.
    Passt hervorragend zu kurzgebratenem. Insofern Perfekt in der Bullerei als “Hauswein” aufgehoben.

  4. Thomas Riedl

    Hallo Christoph,

    apropos “Urbulle”: Im Laufe des Jahres 2016 möchte ich gerne eine Probe mit reinsortigen Portugieser-Rotweinen aus (ur-)alten Reben machen. Da gibt es nämlich neben dem Urbullen von Metzger noch eine gar nicht so kleine Herde. Interesse?

    Schönen Gruß

    Thomas

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