Escheburg 2011, Schiefer-Riesling nach Art des Gernot Kollmann

Es ist ein erstaunlicher Name und eine erstaunliche Flaschenausstattung, die die Weine des Enkircher Weingutes mit sich tragen: Immich-Batterieberg lautet der Name eines der ältesten Weingüter Deutschlands und Kanone und Engel sind Teil des Corporate Designs. Das kommt natürlich nicht von irgendwo her, denn mit Batterie sind keine Akkumulatoren gemeint sondern Kanonen – doch von vorne.

Die Weinberge des Moselweingutes werden bereits im Jahre 911 urkundlich erwähnt und sind 1425 in den Besitz der Familie Immich übergegangen. Diese hat in der Ellergrub, im Steffensberg und später auch im Batterieberg mehr als 550 Jahre lang Weinbau betrieben, bis ihr die Erben ausgingen und das Weingut im Jahr 1989 verkauft werden musste. Für Fans des klassischen Moselweins war das ein Verlust, denn der folgende Besitzer hat versucht, moderne Weine zu erzeugen und entsprechend deutlich mehr Kellertechnik aufgewendet – zum Nachteil des Weins. Seinen jetzigen Namen und einen neuen Weinberg verdankt das Weingut Carl August Immich, der im neunzehnten Jahrhundert den so genannten Batterieberg neu angelegt hat, indem er Teile des vorhandenen Terrains mit Hilfe von Kanonen hat wegsprengen lassen. Er hat jedoch nicht nur den Batterieberg geschaffen, er hat auch bereits vorhandene Weinberge rekultiviert – wovon der heutige Betriebsleiter Gernot Kollmann deutlich profitiert. In großen Teilen der heute genutzten Weinberge stehen noch wurzelechte Reben, dort, wo der reine Schiefer der Reblaus die Möglichkeit verwehrt hat, sich anzusiedeln und zu etablieren.

escheburg_01

2008 schließlich haben zwei Hamburger Familien das darbende Weingut übernommen und einen Quereinsteiger und Querdenker als Betriebsleiter engagiert. Der Westfale Gernot Kollmann war zu dem Zeitpunkt allerdings längst kein Unbekannter mehr, denn er hatte bereits die ersten Jahres des Wiederaufstiegs vom Saar-Weingut van Volxem begleitet. Gemeinsam mit Inhaber Roman Niewodniczanski hat er die Grundsteine dessen gelegt, was heute eine seltene Erfolgsgeschichte ist, denn van Volxem heimst seit einigen Jahren diverse Preise im In- und Ausland ein. Schon dort hat sich gezeigt, wo Gernot Kollmann, der vorher schon bei Loosen an der Mosel und im Fürstlich Kastellschen Domainenamt in Franken gearbeitet hat, eigentlich hin will.

Mit den wurzelechten Rebanlagen kann er hier Terroir-Riesling par excellence erzeugen. Wie früher wird hier wieder spontan vergoren, die Weine bekommen einen langen Hefeausbau, die Extraktdichte ist hoch und schließlich werden die Weinberg ganz zeitgemäß und qualitätsfördernd auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt. So charakteristisch die markante Flaschenausstattung ist, so charaktervoll sind auch die Weine. Das beginnt mit dem ungewöhnlichen Jour fixe Riesling Brut Zero aus dem Jahr 2008, also dem Jahr der Übernahme und der ersten Lese, dem Kollmann eine Reifezeit verpasst hat, wie sie auch Jahrgangschampagnern gebührt – und in dieser Liga will der Sekt auch mitspielen – ich habe den Wein hier schon mal erwähnt. Das geht weiter mit dem C.A.I., einer Art Gutsweinqualität, Carl August Immich gewidmet, und das zeigt sich beim Riesling Escheburg, benannt nach einer vom Prinzen von Esch gegründeten Burg aus dem 12. Jahrhundert.

Der Escheburg ist Riesling in Ortsweinqualität. Er ist anspruchsvoller als der Gutswein, jedoch nicht so dicht, extraktreich und konzentriert wie die Lagenweine Batterieberg, Ellergrub oder Steffensberg. Doch wenn man die Flasche öffnet und den ersten Schluck ins Glas fließen lässt, wird direkt klar, dass man hier Freakstoff im Glas hat – markante Noten und kein Einerlei. Man riecht hier die rauchig-öligen Noten der Spontanvergärung. Dann kommt Stein, Stein in der Form von Schiefer, Schiefer in der Form von Würze. Dazu gesellen sich Süßholz und zunächst Holunderblüten, überhaupt viele Blüten, ein schwerer Blütenduft steigt aus dem Glas, dazu Penatencreme und ein ganzer Strauß an Kräutern. Erst später kommt so etwas wie Frucht, Apfel und auch Grapefruit samt Schale. Am Gaumen dann weiche Säure, natürlich der Schiefer, die Würze des Schiefers und Salz. Vor allem aber die Struktur des Rieslings begeistert. Das Seidige, das Schlanke, das Elegante bei einem Hauch Restsüße, die deutlich geringer ausfällt als die Jahre zuvor, denn die Säure hätte dem Wein 2011 keine entsprechende Balance geben können, wenn Kollmann den Wein mild ausgebaut hätte.

Wenn es Terroir-Riesling gibt (natürlich gibt es den, und ständig wird von Terroir gesprochen, aber sei‘s drum, hier schmeckt man es halt) dann wird das bei diesem „Zweitwein“, der preislich deutlich hinter den Lagenweinen steht, sehr deutlich. Wer einmal die Schieferterrassen von Heymann-Löwenstein probiert hat, weiß, was ich meine. Die Besonderheit des Orts und des Bodens vermischt sich mit der Idee und der Hand des Winzers. Hier wird noch einmal deutlicher, was Terroir eigentlich bedeutet. Es ist nicht nur die Frage, ob der Wein auf Schiefer oder Buntsandstein gewachsen ist und welches Mikroklima im weinberg existiert. Es ist die Frage, welche Idee der Winzer dahinter hat denn natürlich ist auch Terroirwein gemacht. So wieder jeder Wein gemacht ist. Nur, dass die einen halt mehr Technik im Kelle rhaben und die anderen mehr Zeit im Weinberg verbringen. Dass die einen pressen und den Wein abfließen lassen und später durch einen Mikrofilter schicken und die anderen den Saft mit einer gewissen Standzeit auf den Häuten lassen und nur grob filtern usw. Den Ort, die Böden, die Rebsorten und die Idee des Winzers zusammenzubringen und mit den Spezifika des jeweiligen Jahrgangs zusammenzubringen, ist für mich die Kunst des Terroir-Weins, und die beherrscht Gernot Kollmann offensichtlich ausgezeichnet.

Die drei Weine gibt es bei TVINO. Musterflaschen hat Gernot Kollmann mir dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert