Worüber ich kürzlich gestolpert bin…

Viele, die sich mit Wein beschäftigen, haben so etwas wie ein Weinerweckungserlebnis, eine Initialzündung, einen bestimmten Moment, an den sie sich immer erinnern werden und entsprechend einen ersten Wein, der ihnen präsent geblieben ist. Ich hatte auch ein solches Erlebnis.

Es war 1991, ich war jung und wohnte noch zuhause, da habe ich zum ersten Mal bewusst in einem Getränkehandel eine Flasche Wein erworben, weil ich an jenem Abend etwas Nettes zubereiten wollte. Das war natürlich nicht die erste Begegnung mit Wein, schließlich war da ja noch der kürzlich erwähnte Beaujolais Nouveau und außerdem  gab bei es meinem Vater jahrelang Entre-deux-Mers oder später staubtrockenen Silvaner aus Franken. Hat mich damals beides nicht überzeugt. In jenem Getränkefachmarkt – es war kein Weinhandel aber die Weinabteilung war großzügig und im Wesentlichen mit dem Programm von Eggers & Franke bestückt – bin ich durch die Reihen gelaufen und habe mich umgeschaut. ich hatte exakt null Ahnung. Was macht man, wenn man null Ahnung hat? Man nimmt sich was, das entweder gut aussieht oder cool sein könnte. Ich habe damals gedacht, Wein aus Kalifornien könnte cool sein, zumal ich den Namen Zinfandel ansprechend, irgendwie lyrisch fand. Damals habe ich mich für eine Flasche Zinfandel Sonoma County von den Sebastiani Family Vineyards entschieden. Ich habe diesen Wein zum Blaubeerpfannkuchen gereicht. Das hört sich zwar ein wenig verrückt an, aber so abwegig war es nicht. Beides hatte die volle Frucht und das, was ich damals aus dem Glas herausgerochen habe, hat mich total angemacht: Fruchtkompott, Holz, Vanille etc. Am nächsten Tag bin ich wieder in den Laden und habe die zweite Flasche gekauft.

sebastiani

Warum aber schreibe ich das? Nun, ich war vorletzten Samstag in Bonn und mit einem Freund in unserem bevorzugten Getränkehandel. Nicht dem von damals, aber einem, bei dem man richtig stöbern kann. Vater und Söhne Görtz verstehen was vom Fach und der Laden ist eine Fundgrube, zumal man hier immer wieder auf ganze Kellerauflösungen treffen kann und für manchmal kleines Geld gereiften Wein erhält. Was ich dort in der Grabbelecke entdeckt habe, ist eine Flasche 1988er Zinfandel Sonoma County Sebastiani Family Vineyards. Das ist mit ziemlicher Sicherheit sogar der selbe Jahrgang von damals. Hey!

Wie so häufig bei älteren Weinen riecht der Wein zunächst einmal so, als habe man gerade in einer lange unbenutzten Wohnung über ein Regal gepustet. Staubig wirkt er, dann kommt Unterholz, Gebüsch und eine Ahnung von Waldfrucht, die sich zunehmend konkretisiert. Hinzu kommt eine gewisse Säure in der Nase des rotbräunlich schimmernden Zinfandel. Am Gaumen ist der Wein dann allerdings ziemlich neutral. Die Frucht ist weg und wurde durch nichts Wesentliches ersetzt, kein Holz ist spürbar, keine Sekundäraromen. Na ja, der Wein tut immerhin auch nicht weh und für den Genuss habe ich ihn ja schließlich auch nicht gekauft.

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