Saumur-Champigny – zu Gast bei Nady Foucault, Clos Rougeard

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Gerade einmal knapp 1.500 Hektar umfasst die Appellation Saumur-Champigny, die ihren Namen von einem Dorf unweit der Stadt Saumur erhalten hat. Die AOP mit einer kleinen Ansammlung von Weilern wie Varrains, Chacé, Saint-Cyr oder Souzay liegt neben der AOP Saumur und Saumur Brut, der Schaumweinappellation der Region. Der Name Champigny stammt wahrscheinlich vom lateinischen campus igni, was so viel heißt wie Feuerfeld und auf das trockene und für dortige Verhältnisse ungewöhnlich warme Mikroklima verweist. Die Weinberge der Appellation liegen vor allem auf der für diesen Teil der Loire üblichen Tuffkreide mit leichter Sandauflage und einem Untergrund aus Kalk mit Feuerstein aus der Jurazeit. Für die Appellation ist lediglich Cabernet Franc zugelassen, der durch kleine Beigaben von Cabernet Sauvignon und Pineau d’Aunis ergänzt werden darf.

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Nach dem Auftakt der Tour in den Tuffsteinkellern von Thierry Germain und einem Abend in der Weinbar Aux Saveurs de la Tonnelle in Saumur, wo es alle Weine der Region mit geringem Aufschlag gibt, stand der Besuch des Weinguts Clos Rougeard auf dem Programm. Dieser Programmpunkt, den ich organisiert hatte, hat mich schon die ganze Zeit im Vorfeld ins Schwitzen gebracht, empfangen die Foucault Brüder Charly und Nady, die Inhaber des mehr als hundert Jahre alten Familienweinguts doch sehr selten Gäste. Schließlich drohte der gesamte Besuch am Tag selber noch zu platzen und es klappte nur mit Hilfe von Intervention befreundeter Weinhändler und Romain Guiberteau, mit dem wir am Nachmittag verabredet waren. Der holte uns an der Privatadresse ab und brachte uns zum neuen Keller, von dessen Existenz ich vorher nichts gewusst hatte. So mussten wir uns, da wird schlussendlich zu spät waren, zusammen mit Romain, der ein Schüler von Nady Foucault ist, ein wenig in den Hintergrund drängen, während Nady einer Gruppe von Sommelier-Schülern ausgeschenkt hat.

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Das Weingut Clos Rougeard ist eine Besonderheit in jedem Sinne. Es ist klein (10 Hektar), es ist abweisend und verschlossen wie seine Besitzer, die Weinberge haben nie, also wirklich nie auch nur ein Gramm Pestizide, Herbizide oder Kunstdünger gesehen und die langlebigen Weine sind der Gegenstand ehrfürchtiger Bewunderung. Gleichzeitig taucht kaum je eine Bewertung oder Beschreibung dieser Weine in den großen Bewertungsportalen auf. Liegt es daran, dass die Weine so selten zu finden sind? Wenn der Importeur der USA Glück hat, bekommt er von den vier Weinen, die hier entstehen vielleicht dreißig Kisten – für die gesamten Vereinigten Staaten, während sich hier in Deutschland die Weinhandlungen von Martin Kössler, Bernd Kreis und Joachim Christ eine Palette teilen. Gemessen an der Güte der Weine und im Vergleich zum Burgund, an dem sich die Foucaults am ehesten messen lassen wollen, sind sie dazu auch noch günstig. Der Begriff Kult wird ja gerade beim Wein inflationär benutzt –hier aber finde ich ihn angemessen.

Bei Clos Rougeard teilt man die Weine, von denen es heißt, ein Drittel der Produktion würde in den eigenen Kellern der Foucaults landen, ähnlich dem Burgund ein. Saumur-Champigny (Le Clos) ist die Ortslage und liegt mindestens 18 Monate in gebrauchten Barriques, Les Pouyeux, der Premier Cru liegt in den einmal gebrauchten Barriques des Grand Crus. Hier wächst der mindestens 45 Jahre alte Cabernet Franc auf Tuff mit stärkerer Sandauflage. Schließlich gibt es Le Bourg, den Grand Cru, der 30 Monate in neuen Barriques liegt und von alten Rebstöcken auf sehr kalkigem Boden stammt. Hinzu kommen fast homöopathische Menge Brézé, einem trockenen Chenin Blanc aus entsprechend kleiner Appellation.

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Bei diesem Besuch habe ich mir tatsächlich ausnahmsweise einmal keine weiteren Notizen gemacht. Ich habe mich in dieser kellerkühlen unruhigen, vorher stressigen Atmosphären einmal ganz auf die Weine eingelassen, da muss man nicht alles notieren. Stilistisch liegen diese Weine zwischen kräftigem Burgund und einem Hauch Cheval Blanc. Wir konnten alle vier Weine in drei Jahrgängen probieren: Le Clos 2010, 2009, 2008, Les Poyjeux 2011, 2009, 2008, Le Bourg 2010, 2009, 2008 und Brézé 2011, 2010, 2009 und *seuftz* 2000.

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In der Vergangenheit habe ich einige Weine probiert, die Größe hatten (2007), aber auch einige, die mir zu viel Brett (Brettanomyces) hatten. In den neuen Jahrgängen finden sich diese Fehltöne nicht mehr. Die Weine steigern sich in ihrer Tiefe und Intensität immer ein ganzes Stück weiter von der größeren Lage Le Clos bis zum Le Bourg. Alles bekommt mehr Tiefe, mehr Eleganz, eine größere Feinheit, mehr Finesse und bleibt bei aller Größe immer erdverbunden, ja rural, bäuerlich. Die Weine von Clos Rougeard sind die Weine, die diesen Spagat für mich schaffen wie kein anderer, und das macht sie so berührend und einzigartig. Sie sind elegant, komplex und als Le Bourg wirklich groß, und trotzdem bleiben sie immer auf dem Boden, haben immer das Erdige, bleiben immer Kinder dieser beiden kräftigen, dieser Landschaft verbunden Foucaults.

Was ich ebenfalls an diesen Weinen liebe, ist ihre Frische und Leichtigkeit. Sie haben das, was früher Bordeaux hatte und zu verlieren droht. Sie haben um die 12,5% Alkohol und das spürt man. Man spürt auch, dass diese Weine nicht frisiert sind. Wer mal ältere Cheval Blancs aus den Siebzigern probiert hat, findet einen recht ähnlich Typus, vor allem, wenn der Cabernet Franc-Anteil hoch war. Das Besondere des Cabernet Francs bildet sich hier ab, ungeschönt und doch elegant aus bestem Holz. Was noch so besonders ist – und dann höre ich auch auf – ist das Gefühl, dass die Foucaults für den Einsatz des Holzes haben, für den Umgang mit den Gerbstoffen des Cabernet, für die Struktur der jeweiligen Weine. Da kann sich ein Nady Foucault im Keller noch so sehr lustig machen über die unbekannte deutsche Gruppe die zu spät kommt und ungelegen – das ist in diesem Moment egal, das ist große Meisterschaft, die sich bei den Rotweinen im 2010er Jahrgang zu Weinen verdichtet, die ich nicht mehr vergessen werde. Ich habe mir ein Glas Le Bourg 2010 genommen und mich einfach vor die ewig lange Reihe Barriques gesetzt und hatte Tränen in den Augen ob der lebendigen, berührenden Perfektion dieses Weines. Das ist mir bei Wein noch selten passiert, auch wenn noch andere Gründe dabei eine Rolle gespielt haben mögen.

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Guiberteau und Foucault

Untermauert wird die Meisterschaft durch den raren Brézé, einen Chenin Blanc aus dem gebrauchten Barrique, der die nächsten Jahrzehnte ebenso locker wegstecken dürfte wie das Pendant aus Cabernet Franc. Kalkige, leicht von Silex untermauerte Mineralität, purer Stein in Verbindung mit gelber Frucht schlägt einem intensiv entgegen. Auch hier wieder die Verbindung aus schwebender Eleganz, gekonntem Holzeinsatz und Erdverbundenheit. Die Säure ist bei den jungen Jahrgängen umwerfend. Im 2000er aber wird klar, wo diese Säure hinführt, wo der Holzeinsatz hinführt, wie sich die Säure mit Frucht, Saft und Stein verbindet bei enormer Länge und Kraft. Auch das ist großer Wein!

Es gibt einige wenige Flaschen im Jahr bei Bernd Kreis, Martin Kössler und Joachim Christ. Sie fangen bei ca. 30 Euro an und egal wie Dicke man es hat, eine Flasche dieser Weine sollte man sich irgendwann mal an einem ruhigen Abend öffnen.

Weiterführend zwei detaillierte Verkostungsnotizen zu zwei Weinen von Clos Rougeard, hier im Blog. Zudem Teil IV der äußerst empfehlenswerten Loire-Reihe von Matthias Neske und die ebenfalls lesenswerten Eindrücke von Nico Medenbach.

Zum ersten Teil Zu Gast bei Thierry Germain, Domaine des Roches Neuves geht es hier.

Zum dritten Teil Zu Gast bei Romain Guiberteau geht es hier.

Zum vierten Teil Zu Gast im Clos Cristal geht es hier.

 

7 Comments

  1. Danke, Christoph Raffelt, für den schönen Bericht!
    Clos Rougeard ist bei uns momentan ausverkauft.
    Die 2010er gibt es mit etwas Glück noch in diesem Jahr, ansonsten gleich zu Anfang 2015.

  2. George

    Puh… mein Puls rast immer noch! Vielen Dank Christoph… Ich fühle mich an dieser Stelle so, als wäre ich Teil eurer spannenden Reise an die Loire. Zuerst bei Thierry Germain und nun “bei den Foucaults”. Ja, sehnsüchtig habe ich auf diesen Bericht gewartet. Um ehrlich zu sagen, weiß ich gar nicht mehr wann und in welchem Zusammenhang mich ein Wein so in seinen Bann gezogen hat wie meine erste Begegnung mit einer Flasche Clos Rougeard… Seitdem ist nichts mehr so wie es einmal war, WEIN hat für mich eine neue Bedeutung bekommen! Das wäre mein Wein für die einsame Insel.
    Vielleicht schaffen wir es in naher Zukunft noch einmal, mit einem Glas dieses Elixiers in der Hand darüber zu plaudern, wie es möglich nur möglich sein kann, so einem Wein zu verfallen wie es hier der Fall ist.

    Gruß
    George

  3. Ich hatte ja bei der Weinprobe mit der Bonner Weinrunde im März den Brézé 2000 dabei, meine einzige Flasche von dem Wein natürlich, aber zum Glück waren ja ein paar Leute dabei, die wussten, was ich da mitgebracht hatte. Den Wein hatte ich übrigens im Jahr 2006 bei Martin Kössler gekauft (die Excel-Liste merkt sich das, im Gegensatz zu mir 😉 ), und ich konnte mich daran erinnern, dass es offenbar damals kaum jemanden in Deutschland gab, den dieser Wein interessiert hätte. Trotz der geringen Liefermengen lag das gute Stück nämlich eine ganze Weile im Kössler’schen Keller herum. Ich weiß gar nicht mal, ob das heute anders wäre, in Deutschland verkauft sich die Loire doch eher schleppend, und wir sind ja eher die “Freak Bubble” 😉 .

    Vor dem Weingut stand ich übrigens auch schon mal herum, und ich kann auch total verstehen, dass Winzer, die von einer großen Menge von Weintouristen bedrängt werden, obwohl sie doch eigentlich nur ihre Arbeit machen wollen, darüber nicht so erfreut sind. Aber so brummig wie die Foucaults muss man ehrlich gesagt auch nicht sein. Jedenfalls toll, dass Ihr da wart und Wahnsinn, was Du da so alles probieren konntest.

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