Vom alten Wandrahm in die Meierei. Einige Eindrücke von möglichen Milchprodukten, Großen Gewächsen und der Generation Riesling. Teil 1

Innerhalb der letzten Woche war ich auf zwei Veranstaltungen die zusammen eine große Bandbreite dessen geboten haben, was deutscher Wein heute ist. Nicht bei diesen Veranstaltungen waren Erben, Reh-Kendermann, Peter Mertes oder andere Großabfüller. Die interessiert so ein Schnickschnack nicht. Die beliefern weiterhin die Masse. Ich erwähne das nur deshalb, weil auch die Großabfüllerware natürlich deutscher Wein ist, und zwar die Mehrheit. Hier aber soll es um Klasse gehen. Diese Klasse findet man heute glücklicherweise auch wieder bei Weinen, die knapp € 6,- kosten. Und das macht mich glücklich. Bevor wir also zur Vorstellung der Großen Gewächse des VDP kommen, geht es zunächst um den Nachwuchs, die Generation Riesling die aber beileibe nicht einfach nur guten Riesling produziert, da gibt es weit mehr Sorten im angebot. Domina zum Beispiel, aber dazu später. Wie immer sind solche Veranstaltungen, bei denen man innerhalb weniger Stunden durch die Reihen schlendert, und Dutzende von Weinen probiert nur ein Ausschnitt, völlig subjektiv und nicht repräsentativ. Ich mache mir deshalb mittlerweile bei solchen Veranstaltungen auch keine Notizen mehr. Das, was ich gut fand, habe ich noch im Kopf und was heute nach Erdbeerminze und Stengelsellerie schmeckt, kann morgen auch schon wieder an überreife Josta und Schlangen-Knöterich erinnern.

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Generation Riesling
Die Generation Riesling ist ein Netzwerk von Winzern aus Deutschland, die allesamt unter 35 Jahre alt sind. Sie sind also so etwas, wie der Nachwuchs und werden in ihrer Arbeit begleitet vom Deutschen Wein Institut (DWI). Einmal im Jahr kommt ein Teil der Gruppe nach Hamburg und präsentiert eine Reihe von Weinen. Die Veranstaltung fand ein weiteres Mal im Ehemaligen Hauptzollamt am Hafen statt. Was mir bisher nicht aufgefallen war, war die Adresse: Alter Wandrahm. Was immer das sein mag, ich habe mir folgenden Reim darauf gemacht: Der Wandrahm ist ein auf Kuhmilch basierender Feuchtputz für Innenwände, der sich vor allem im Mittelalter großer Beliebtheit erfreute. Er musste in jedem Quartal erneuert werden.

Doch zurück zu den Winzern. Mit den Schaumweinen der ökologisch zertifizierten Sektmanufaktur Strauch aus dem rheinhessischen Osthofen habe ich die Veranstaltung begonnen. Oft hat es der erste Wein bei einer Probe etwas schwerer als der Rest. Nicht so in diesem Fall. Der Zero Brut Nature war für mich das eigentliche Highlight der Probe. Wer traut sich sonst hierzulande, einen Weißburgunder (20 Monate Hefelager) ohne Dosage und ohne Schwefel abzufüllen? Ich kenne sonst niemanden. Die ganze Kollektion von Isabel Strauch-Weißbach und Tim Weißbach ist hervorragend und empfehlenswert – einen Schaumwein hatte ich auch schon bei meinen letzten Weihnachtsweinempfehlungen dabei – aber der Zero ist ein Knaller, zumal für € 14.90. Ich werde ihn noch mal gesondert vorstellen.

Ebenfalls schon gut bekannt ist mir der Stil von Christian Braunewell, ebenfalls Rheinhessen. Das Weingut liegt in Essenheim, auf dem Weg von Mainz nach Wörrstadt. Christian Braunewell gehören zu den eher leisen, wohlüberlegt agierenden jungen Winzern, der sich kontinuierlich mit hervorragender (Weinbergs-)arbeit und unkonventionellen Weinen einen immer besseren Namen macht. So gibt es einen hervorragenden Portugieser und auch vor Maischevergärung bei Weißweinen schreckt er nicht zurück. Besonders gefallen hat mir der kraftvolle, leicht salzige und kräuterbetonte Graue Burgunder 2014 Teufelspad.

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In Rheinhessen hat man ja das Gefühl, dass diese Gegend ein nicht enden wollendes Potential an jungen Winzern hat, die von der Vorarbeit solcher Winzer wie Wittmann, Spanier, Wagner oder Keller profitieren, denn das Anbaugebiet hat sich den Ruf, den es verdient, wieder zurückerobert. Neu kennengelernt habe ich Torsten Zöller aus Eckelsheim in der Rheinhessischen Schweiz (Nachbarort von Wagner-Stempels Siefersheim). Torsten hat auch schon bei Daniel Wagner vorbeigeschaut, ebenso bei Philipp Wittmann und bei Hansjörg Rebholz gelernt. Bei erkennt in den Weinen schon die Mineralik des Porphyr und die gelbfruchtige Saftigkeit. Besonders der 2014er Eckelsheimer Silvaner „S“ hat es mir angetan.

Ebenfalls in Eckelsheim befindet sich das Weingut (Rainer) Mann. Hier hat Andreas den ersten Jahrgang auf die Flasche gebracht. Ich habe zu den Weinen die richtige Website gesucht und konnte erst gar nicht glauben, welch Diskrepanz es zwischen dem Online-Auftritt und den neuen Etiketten gibt. Aber genau so findet der Generationswechsel Riesling gerade statt: Vom Weingut & Kräuterhof zu einem Stil, in dem sich Winzer und gleichaltriges Publikum wohlfühlen. Der erste Jahrgang von Andreas jedenfalls ist durch die Bank weg gelungen. Frisch, saftig, dabei immer spannungsvoll und energiegeladen. Weiter so Andreas!

Endlich habe ich mal was von Wein von 3 probieren können. Mindestens einer der drei Jungs (ich glaube, es ist Heiko), die ihr Weingut im Barockschloss Zeilitzheim (zwischen Volkach und Gerolzhofen) in Franken führen, hört regelmäßig meine Podcasts und schickt mir seit Langem Einladungen zu den Veranstaltungen der drei. Bisher hatte ich es nie geschafft. Jetzt aber gab es schönen Stoff. Gefallen haben mir Gutssilvaner und Riesling, bemerkenswert fand ich den Silvaner Baron, denn die drei bewusst wie einen typischen kalifornischen Chardonnay ausgebaut haben. Ein wenig Restsüße dürfte mitgespielt haben, dazu Ausbau in amerikanischer Eiche. Nicht mein favorisierter Stil aber trotzdem toll. Geradezu beeindruckend ist, was die drei aus der Rebsorte Domina machen. Diese eher rustikale Sorte wird als Fuchs vom Bimbach geschmeidig, bleibt würzig, bekommt Holz und gibt Frucht.

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Der Franke Andreas Weigand zeigt als zweiter Vertreter des Anbaugebiets, wo es hingeht. Die Etiketten sind eingängig und modern. Es gibt im Weingut Weigand in Iphofen die Wilden, die Helden und die Franken. Es gibt natürlich Silvaner, Riesling, Scheurebe aber auch Domina und etwas Bacchus. Die Weine erinnern mich stilistisch ein wenig an die von Christian Stahl. Sie sind extrem saftig und zum Trinken und Feiern gedacht, dabei aber nicht banal. Besonders gut gefallen haben mir die beiden Lagen-Silvaner, die noch klassisch im Bocksbeutel abgefüllt werden. Iphöfer Kalb Silvaner und Iphöfer Julius-Echter Berg Silvaner liefern mit ihren Keuperböden cremigen und charmanter Stoff.

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Was früher Valentin Ziegler Sohn hieß, nennt sich heute Weingut Georg Meier und liegt im pfälzischen Weyher. Längere Zeit hat man beide Namen parallel geführt, doch das ist auf Dauer ein wenig kompliziert. Georg Meier hat bei Siegrist, Koch und Christmann gelernt, ist also der Herkunft und der Ausbildung nach Urpfälzer. Das Weingut setzt vor allem auf Riesling und die haben es mir auch durchaus angetan. Was ich ja vor allem mag ist, wenn Rieslinge eines Weinguts und einer Handschrift von verschiedenen Böden gesondert angefüllt werden. So macht es beispielsweise Reinhard Löwenstein im Uhlen, so findet man die Weine beim Weingut von Racknitz und so eben auch bei Georg Meier. Rieslinge vom Buntsandstein, Rotliegenden und Granit waren nebeneinander zu verkosten. Gekrönt durch einen hervorragenden, straffen Lagenwein mit der Goldkapsel: 2014er Riesling Weyherer Michelsberg Granit.

Freinsheim ist ein Ort in der Pfalz, den lange Zeit kaum jemand auf der Karte hatte. Mittlerweile gibt es dort in den umliegenden Dörfern eine ganze Reihe immer bekannter werdender junger Winzer. Einer davon ist Jürgen Krebs. Er bringt seit einigen Jahren wirklich bemerkenswerte Weine ins Glas. Absolut empfehlenswert sind der Spätburgunder aus dem Freinsheimer Musikantenbuckel und der Riesling aus dem Herxheimer Honigstück. Dazu kommt der Viognier und, für mich über allem, der 2013er Riesling Halbstück, ebenfalls aus dem Musikantenbuckel.

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Abschließend der Winzer, der für mich der Sieger im Preis-Genuss-Verhältnis ist (auch wenn ich nicht überall die Preise nachgefragt habe). Maximilian Petri, gerade einmal 25 Jahre alt, füllt in Herxheim einen wunderbar fruchtbetonten Pinot Madeleine Spätlese trocken ab. Der Frühburgunder kostet ab Hof unglaubliche € 6.50. Die holzbetontere aber klar harmonische, feine Spätburgunder Spätlese Herxheimer Honigsack aus dem Barrique gibt es ab Hof für € 10.00. Wenn Ihr das nicht kauft, weiß ich es auch nicht. Ich werde mir mal merken: Das ist ein Kandidat für einen herbstlichen WRINT-Podcast.

1 Kommentare

  1. Robert Kemmler

    Hallo,

    ein wieder mal schöner und gelungener Artikel über Winzer fernab der Trampelpfade, die da lauten Marketing.
    Vielen Dank!
    Da ich auch in HHlebe, würde ich gerne wissen, wie man auf diese Veranstaltung gelangt, um die Winzer und Weine zu verkosten?
    Wann sind die kommenden Veranstaltungen?
    Gibt es eine offizielle Webside dazu?
    Mit besten Grüßen
    -robert Kwemmler

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