Zur 900: La Clo­se­rie – Les Bégui­nes 2008, Jérôme Pre­vost, Cham­pa­gne

Heute ist World Champagne Day. Das wäre beinahe an mir vorüber gegangen und es ist natürlich eigentlich auch völlig egal. Es gibt Wichtigeres. Doch war das tatsächlich der Auslöser, eine Flasche eines Champagners aus dem Keller zu holen, der mich schon länger begleitet. Außerdem habe ich auch eher nebenbei bemerkt, dass dieses Blog mittlerweile 900 Artikel bzw. Postings veröffentlicht hat. Da mir die 800 und die 700 eine gute Flasche wert waren, warum nicht auch die 900?

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Es ist eine Flasche aus der Lage Les Béguines des Champagner-Winzers Jérôme Prévost. Den ersten seiner Champagner, einen 2006er habe ich 2009 probiert und war begeistert. Zwischenzeitlich zierte eine Flasche seines Rosé facsimile auch das alte Design dieses Blogs – manche erinnern sich vielleicht. Warum also nicht einfach so mal eine solche Flasche aus dem Keller holen? Auch wenn es die einzige ist? Genau, warum eigentlich nicht.

prevost_01_1200Zwar habe ich den 2008er Les Béguines im April probiert, diesen Wein aber im Keller des Winzers zusammen mit einer Gruppe von Freunden zu probieren, in einer Reihe weiterer Jahrgänge und immer den Worten des Winzers lauschend ist etwas anderes, als sich einfach mal einen ganzen Abend mit diesem Champagner auseinanderzusetzen. Der Les Béguines gehörte zu den ersten reinen Pinot-Meunier-Champagne überhaupt. Jérôme Prévost hatte beim legendären René Collard, einem Kautz, der ab 1946 seine eigenen Champagner vinifiziert und nur wenig davon verkauft hat, gesehen, dass man aus der dritten Rebsorte der Champagne hervorragende Champagner keltern kann, nur hatte das seit Collard niemand getan. Prévost aber hatte damals vor etwa 15 Jahren eben nicht mehr als 2 Hektar Pinot Meunier. Also hat er damit angefangen – nachdem er bei Anselm Selosse gelernt hatte, wie man das macht.

la_closerie_01_1200Längst gehört Jérôme zu den großen Winzern der Champagne dessen Weine eigentlich immer direkt ausverkauft sind. Wieviele Weine macht er? Mal 11.000, mal 13.000, mal 15.000 Flaschen. Das ist nicht viel bei der weltweiten Nachfrage. Der ruhige, leise Winzer, der uns im April so freundlich empfangen und sich viel Zeit genommen hat, macht ebensolche Champagner. Sie passen zu ihm. Sie sind ruhig, klar und besonnen, wenn ich das so sagen darf. Der Wein stammt von ca. 45 Jahre alten Pinot-Meunier-Reben, die in einem Unterboden aus kalkigem Konglomeratgestein mit sandigem Oberboden bestehen. Die Weine werden in verschiedenen gebrauchten Holzgebinden zwischen 450 und 600 Litern ausgebaut und mit ein bis zwei Gramm Dosage und ca. 40 Gramm Schwefel abgefüllt.

prevost_02_1200Was ich nun nicht erwartet hatte war die Veränderung, die der Champagne in den letzten Jahren gemacht hat. Er ist so unglaublich fein geworden, wie ich es bei Pinot Meunier wenn überhaupt nur einmal bei Tarlants Cuvée la Vigne d’Or erlebt habe. Doch das hier ist absolut beeindruckend in seiner Balance. Der Wein öffnet sich mit Reifenoten zwischen gebackenem Apfel, Salzkaramell, geröstete Haselnüsse und Brioche. Man spürt das Holz und auch einen Hauch von Oxydation. Das ist alles dinstinguiert, harmonisch und fein – wunderbar, Was aber wirklich faszinierend ist: Je länger die Flasche geöffnet ist, desto jünger wird der Wein. Die Autolysenoten schieben sich in den Hintergrund und vorne steht plötzlich frisches Kernobst, Zitrusfrüchte, mehr Mineralität. Der Druck, den der Champagne dem Gaumen mitgibt, erhöht sich stetig. Das ist – ich wiederhole mich gerne – ganz wunderbar.

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