Ich mag sie ja, die Lagenbezeichnungen im deutschen Weinbau. Für den Export sind sie zwar etwas schwierig zu vermarkten und es ist manchmal urkomisch, wenn Gary Vaynerchuk die Etiketten deutscher Weine abliest. Doch diese Lagen spiegeln Tradition wider – und viel gute Tradition ist uns nach Adolf H. nicht geblieben.
Eine der Traditionslagen in der Mittelhaardt ist die Lage Ungeheuer in der Gemeinde Forst. Den Riesling als Großes Gewächs, also den Spitzenriesling, den Grand Cru, konnte ich gleich in vier Jahrgängen probieren, und zwar gemacht von einem der Pfälzer Spitzenwinzer, nämlich dem Weingut Georg Mosbacher. Es gehört mit seinen nicht mal hundert Jahren fast zu den jüngeren Betrieben und die 15 ha Rebfläche werden in dritter Generation nach den Richtlinien des kontrolliert umweltschonenden Weinbaus mit Verzicht auf Herbizide, der Schonung von Nützlingen, kontrollierter Düngung und Begrünung gepflegt.
Und nun zum Wein. Vier Gläser mit schon leicht unterschiedlichem Farbton, sehr hell und klar mit einer Spur Grün der 2006, schon ein wenig altersbedingt nachgedunkelt ins Orange der 2003er. Als ich meinen Riechkolben nacheinander in die Gläser versenke, kann ich kaum glauben, Riesling derselben Rebstöcke vom selben Hang zu schnuppern. Zu unterschiedlich der Eindruck. Und wiederum so faszinierend.
Die Weine waren am Donnerstag geöffnet worden und probiert habe ich sie am Samstag. Der 2003er beginnt mit dem Geruch von Petrol, von Autowerkstatt, in der einige Körbe Äpfel und Pfirsich aufbewart werden. Riecht fast so, als würde er bald das Zeitliche segnen. Im Mund dann aber unerwartet straff mit immer noch genügend Säure und Mineralik. Auch hier Petrol, Äpfel, Pfirsich. Wuchtig, ohne unelegant zu sein. Sehr beeindruckend für den 2003er nach drei Tagen Öffnung.
Der 2004er fällt für mich etwas ab. Weniger Minerale, etwas weniger Säure. Wieder Duft und Geschmack nach Apfel, Pfirsich und etwas Zitrus. Aber alles verhaltener. Doch nicht verschlossen, eher weniger dick aufgetragen. Auch weniger straff und lebendig. Er hat es schwer zwischen dem 2003er und dem 2005er.
Denn der 2005er ist eine Wucht. Stark mineralisch, starker Geruch und Geschmack nach saurem Apfel. Also, ich mag saure Äpfel, was ja nicht jeder tut. Nicht den sauren Apfel, der einem die Schuhe auszieht, sondern den, der mit einer Restsüße aufwartet, nachdem er mich mit seiner Säure geweckt hat. So auch hier. Zum Apfel kommen ein wenig Küchenkräuter. Dazu ein wenig Stein und Sand. Der Wein ist wunderbar lang und tief.
Und dann der Wein des letzten Jahres. Ich hatte kurz vorher noch den 2006er Nahe Riesling von Emrich-Schönleber probiert. Diese feine, mineralische Tänzerin. Und nun kommt hier ein Wein, der mich mit Blumen bewirft, mir seine Frucht geradezu um die Ohren haut. Zuerst denke ich an einen Südtiroler Gewürztraminer oder einen südfranzösischen Muscat.
Dann aber, im Mund, kommen die Säure dazu und die Minerale und dann ist es doch ein deutscher Riesling, aber ein ungewöhnlicher. Hochreife Zitrusfrüchte und Pfirsich, verwoben mit Honigmelone und Honig, dann aber auch wieder etwas Kühles, Klares. Dieser Wein hat etwas athletisches. Er wirkt bei seiner Muskelschau ein wenig selbstverliebt. Dann aber strafft sich der Körper und er beindruckt mit seinem Können.