Die zweite Flasche der Sofa-Weinreise war eine, auf die ich ganz gespannt war, da ich innerhalb weniger Tage die Beschreibung von Tino Seiwert bei Pinard de Picard gelesen hatte und Gary Vaynerchuk den 2004er kürzlich besprochen hatte. Beide loben den Wein in den höchsten Tönen. Das ist bei Pinard de Picard zwar normal, was sollen sie auch machen? Sie müssen ja schon überzeugt sein von den Weinen, die sie verkaufen – und oft bin ich mit ihnen einer Meinung. Auch Gary war ganz außerordentlich angetan und hat den einfachen Faugères der Reserve vorgezogen, die ihm zu New World war.
Tino Seiwert: »[…] enorm vielschichtige und zugleich hochelegante Fruchtsubstanz […] ist traumhaft untermalt von feinen mineralischen Noten und Anklängen an orientalische Gewürze, die dem Wein etwas Exotisch-Verführerisches verleihen. […] Begleitet von cremigen, sagenhaft geschliffenen Tanninen […]«
Gary Vaynerchuk: »In the Nose: black licorice; sardine juice; cranberries & wild black raspberries; black pepper; beautiful layered nose; Taste: this is loaded with gorgeous black firm tannins; a black parade in my mouth (blackberries; blackberry jam; black pepper); rose pedals for days on the attack, then again on the finish; this is a great bottle of wine; GV-91«
Und ich?: Geruch und Geschmack nach dunkler, eingekochter, konzentrierter dicker Wildsoße, gemischt mit Pilzen, abgeschmeckt mit Piment, schwarzem Pfeffer, etwas Muskat, Wacholder, Lorbeer. Für meinen Geschmack viel, viel zu konzentriert. Von Vielschichtigkeit konnte ich beim besten Willen nichts erkennen, cremig war er auch nicht, eher sämig. Ungeschlacht statt geschliffen.
Aber vielleicht war auch nur ein anderer Wein abgefüllt in der Flasche, denke ich manchmal …
Dommage, schade, ich habe von diesem Gut schon mehrere Weine getrunken, die mir sehr gut gefallen haben – außerdem ist der Winzer sehr sympathisch und bescheiden (im Gegensatz zu einigen seiner Fans).
Allerdings sehe ich, dass die Notizen von gary Vaynerchuk sich auf den Jahrgang 2004 beziehen, während Du ja einen 2003 geöffnet hast.
Ein Blick in die (sehr umfangsreiche) Diskussion über die Weine von Didier Barral im französischen Diskussionsforum LPV (La passion du Vin punkt com) unter der Rubrilk Languedoc-Roussillon zeigt, dass es wüste Diskussionen um den Jahrgang 2003 gibt. Einige halten ihn für komplett fehlerhaft – andere hatten Glück… Leider artet die Diskussion (bisher 514 Beiträge) immer wieder in eine Schlammschlacht zwischen den Befürwortern authentischer/natürlicher Weine und ihren Gegnern aus, was die Urteile nicht immer leicht interpretierbar macht. Außerdem wird angenommen, dass der Winzer in einigen Jahrgängen mit Weinen ganz ohne Schwefel experimentiert hat (obwohl mich das für die Basiscuvée wundern würde) – also ein weites Feld, auf dem wohl nur Didier Barral selbst die Spreu der Informationen vom Weizen trennen könnte:-)
Gary Vaynerchuk hat den 2004er verkostet, ja. Und beide Jahrgänge haben wohl nichts miteinander zu tun. Ich habe mal kurz in das Forum geschaut – einiges verstehe ich, aber so gut ist mein Französisch im Moment nicht um die Beiträge querlesen zu können. Trotdem Danke für den Tip!
Ich hatte nicht den Eindruck, dass der Wein wirklich fehlerhaft war im klassischen Sinne. Ich würde gerne mal zwei andere Jahrgänge probieren um erahnen zu können, was Barral sonst so macht und wo er eigentlich hin will.