Es gibt Winzer, deren Schaffen ich verfolge, seitdem ich mich für Wein interessiere. Also seit Anfang der 90er. Clemens Busch, Vorkämpfer der biologisch arbeitenden Winzer in Deutschland ist so einer. Das ist ein Typ. Einer, der ziemlich genau weiss, was er er für einen Wein produzieren will und der diesen Weg gegen Widerstände, Missfallen, belächelnder Anteilnahme ziemlich klar gegangen ist. So war es halt in Zeiten, als solche Biofuzzies noch als verschroben galten (und es häufig auch ein bisschen waren) und man ihnen unterstellte, sie würden des Nachts mit dem Mistelzweig ihre Reben besprechen. Zugetraut hat man ihnen wenig.
Mein Onkel Michael hat die Weine von Clemens Busch ziemlich früh in das Weinsortiment seines Bioweinladens aufgenommen und so bin ich Anfang der 90er schon in den Genuss gekommen. Die Weine haben uns damals schon begeistert – und sie sind immer besser geworden. Das Ergebnis konsequenter Arbeit in den Steil- und Terrassenhängen der Pündericher Marienburg. Arbeit mit Kompost und Präparaten die dem Wein eine Energie verleihen die dazu führt, dass man selbst einen “einfachen” Kabinett eine Woche lang offen im Raum stehen lassen kann ohne das er merklich verliert. Ich kenne teure Weine, Blender, die sind nach einer Nacht hinüber. Diese Langlebigkeit finde ich so nur bei Weinen, die lange, lange keine synthetischen Dünger, Fungizide und Herbizide mehr gesehen haben.
Fegers & Berts in Siegburg hatten nun gestern Clemens Busch eingeladen, Weine zu präsentieren und zu erklären, was für ihn dahinter steht.
Er ist natürlich längst aus der Schmuddelecke der Biowinzer herausgetreten mit seinen Qualitäten, hat Preise und Auszeichnungen erhalten und ist im Verband der Prädikatswinzer angelangt. Heute berät er jene, die wissen wollen wie man seine Weinberge konsequent umstellt hin zu Bio.
Aber mal eben schnell Bioweine zu produzieren und andererseits auf drei Jahrzehnte Erfahrung zurückzublicken sind eben zwei paar Schuhe und heute kann er ganz lässig sein und mit dieser Erfahrung die Entwicklung seiner Reben im Weinberg und im Keller verfolgen, präzise eingreifen um klaren und präzisen und beeindruckenden Riesling zu erzeugen.
Den 2007er Kabinett trocken hatte ich zu Hause vor circa einem Jahr geöffnet und er wirkte auf mich verschlossen und fast ein wenig derb. Jedenfalls alles andere als überzeugend. Jetzt aber hat er sich geöffnet, der Kabinett der erst in der dritten Novemberwoche geerntet wurde und auch das Zeug zu einer Spätlese hätte. Ziemlich kernig ist er, mit viel Biss und ein wenig Apfelsäure, dazu ein leichtes Blumenbouquet in der Nase und Ananas auf der Zunge. Dazu sehr mineralisch. Ein schöner Einstieg für den Abend.
Bei der Spätlese ** 2007 geht es mir ähnlich. Zu Hause geöffnet vor einem halben Jahr wirkte der Wein noch deutlich verschlossener als jetzt. Doch auch hier wird klar, dass diese Weine am Anfang ihres Lebens stehen. Es sind Jungweine, das wird sich den Abend lang nicht ändern. Da ist ein sehr fordernder, sehr mineralischer Wein vom grauen Schiefer.
Das Große Gewächs aus der 1. Lage Marienburg nun stellt sich dem Großen Gewächs aus dem Rothenpfad, einer Einzelparzelle aus der ersten Lage Marienburg, einer Ader von rotem Schiefer inmitten des blauen Schiefers. Die 1. Lage Marienburg, ausgestattet mit 7.2 Gramm Restzucker, besitzt schon eine gewisse Eleganz, eine mineralische Tour de Force mit Gewürzen, Kräutern, etwas Fencheltee und leichter Süße. Der Rothenpfad dagegen wirkt beim ersten Schnuppern karamellig, dann kommt ein leichter Geruch nach Stangensellerie, später grüner Apfel, dazu ebenfalls kräutrig-würzig, mit einer trockeneren Mineralität. Der Wein ist noch viel zu jung, eigentlich viel zu schade um jetzt schon getrunken zu werden, sehr kantig ist er noch. Aber er gefällt mir sehr. Sehr markantes Tröpfchen.
Was Clemens Busch dann präsentiert ist eine Besonderheit aus dem Jahr 2005. Ein Wein aus der Marienburger Fahrlay der nach der spontanen Vergärung gar nicht wirklich fertig werden wollte und letztlich 30 Monate auf der Hefe immer wieder vor sich hin gegoren hat bis er satt zu sein schein. 10.2 Gramm Restzucker sind geblieben. Das ist wilder Wein! Und schwer zu beschreiben. Das ist Rock’n Roll bei dem ich anfange, innerlich zu zappeln. Sehr frische prägnante hervorstechende Säure, Brioche, Würze, leichte Frucht nur und natürlich Marienburger Fahrlay-Mineralik, diese astringierende Blauschiefermineralik. Davon jedes Jahr eine Flasche öffnen und sehen wie er sich wohl entwickeln wird in den nächsten , sagen wir, 15 Jahren.
Morgen geht’s dann weiter mit mehr Restsüße…