In meinem letzten Artikel schrieb ich, dass es dem Alzeyer Rothenfels von Axel Koehler durchaus gut tun würde, wenn man ihm Luft zuführen würde. Darauf bekam ich das Feedback eines Lesers, dass er dies mit Weißweinen noch nie gemacht habe. In der Tat ist dies nicht unbedingt üblich – hilft vielen Weinen aber bei ihrer Entfaltung.
Dabei sprechen wir dann vom Karaffieren des Weines. Das hört sich vielleicht etwas hochgestochen an, unterscheidet sich aber vom Dekantieren, was ja als Begriff bekannt ist und eigentlich dem Zweck dient, das Depot ungefilterter Weine in der Flasche zu lassen und den Wein nicht der Gefahr auszusetzen, durch diese teils bitteren Trübstoffe an Geschmack zu verlieren. Mir ist dies am Anfang meiner Beschäftigung mit Wein durchaus passiert. Da hatte ich – ich weiß es noch wie heute – von meinem Bruder eine Flasche 1982er Leoville Las Cases geschenkt bekommen, ihn irgendwann aus der Horizontalen des Kellers geholt und ihn eingeschenkt. Er schmeckte nicht sonderlich und die Partikel störten den Trinkgenuß. Das war im wahrsten Sinne des Wortes bitter und ist mir allerdings mit einem solchen Wein dann auch nur einmal passiert.
Man dekantiert am besten, indem man den Wein, den man trinken möchte, schon einige Tage vorher aus der horizontalen Lage des Weinregals in die Aufrechte stellt. Dann nimmt man sich eine Kerze und hält die Flasche bei Umgießen in die Karaffe mit dem Hals über das Licht, sodass man die Flüssigkeit genau beobachten kann. Bevor die ersten Partikel in den Dekanter gelangen, sollte man die Flasche zur Seite stellen. Dann kann durchaus einmal ein Siebtel des Weins in der Flasche bleiben.
Das Dekantieren führt darüber hinaus natürlich gleichzeitig zu einer Vermischung von Luft und Wein, der Wein kann im Dekanter atmen, er kann sich entfalten. Und dieses Atmen ist eben auch manchem Wein zuträglich, der kein Depot in der Flasche hat, und zwar sowohl rotem wie auch weißem Wein. Wenn man diesen dann umschüttet in einen Dekanter oder eine Karaffe, spricht man vom Karaffieren.
Die Wirkung dieser Vermischung des Weines mit Luft während des Umschüttens und die Zeit, die der Wein in der Karaffe bekommt, in der er eine größere Oberfläche hat, die mit der Luft korrespondiert, ist manchmal frappierend. Zum erstenmal ist mir dies bei den Weien von Nicolas Joly aufgefallen. Dieser empfiehlt, seine Weißweine schon einen Tag vor dem Genuss zu dekantieren – ein Sonderfall vielleicht, aber kein Einzelfall. Kürzlich schrieb ich über eine Silvaner-Probe mit Weinen von Horst Sauer und Hansi Ruck. Den Ruckschen Weinen hat dieses Karaffieren ausgesprochen gut getan. Was vorher archaisch und verschlossen im Glas dahindümpelte, entwickelte sich, entfaltete sich wie das Öffnen einer Blume im Schnelldurchgang.
Ich empfehle, das einfach mal auszuprobieren – mit einer Spätlese, einer Auslese oder mit Großen Gewächsen –, um mal zu testen, wie sich die Weine nach einer Stunde entwickeln, wenn sie aus einer Flasche kommen oder aus einer Karaffe.
Einen Weißwein in den Dekanter füllen werde ich beim nächsten Mal auch in Erwägung ziehen. Was würden Sie empfehlen, wie die richtige Temperatur bewahrt wird? Würde der Wein im Kühlschrank (sofern für einen Dekanter überhaupt genügend Platz vorhanden ist) nicht auch unerwünschte Aromen annehmen?
Der Wein müsste wieder zurück in die Kühlung, was Platz braucht, ja, das istdas Hauptproblem. Und ich würde den Dekanter abdecken, im Zweifel mit einer Folie.
Man kann den Wein auch karaffieren, stehen lassen und später zurück in die Flasche schütten um ihn dann wieder kalt zu stellen.
Der Cometa (ein Fiano di Sicilia) von Planeta ist so einer, der braucht Luft.
Wir haben den immer karaffiert, die Karaffe in den Kübel auf Eis und dann zügig ausgetrunken.
Das geht.
Genau. Zügig austrinken!