Manchmal kommen einem ja Weine unter, die einfach eine schöne Geschichte liefern. Dies ist so ein Wein. Weil Sarah, die Tochter meines Partners Michael, wusste, dass ich Sauvignon Blancs für einen SB-Abend sammle, hat sie mir letztens den Wein der Bodega José Pariente mitgebracht. Mein Spanienimporteur hat ihn ebenfalls im Programm und ich habe mir jetzt kürzlich ein Buch über Weinfrauen gekauft, in dem es die Geschichte zu diesem Wein gibt, denn dieser Wein wird nicht etwa von José angebaut, nein, der hat nicht mal die Bodega gegründet. Vielmehr war es seine Tochter Maria Victoria, die die Bodega nach ihrem verstorbenen Vater benannt hat. Ob sie dies getan hat, weil dieses Land tendentiell nicht unbedingt die Gleichberechtigung der Geschlechter in den Mittelpunkt des Interesses stellt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Einigermaßen klar ist aber, dass sie als Frau in der von Männern dominierten spanischen Weinwirtschaft gegen viele Widerstände anzukämpfen hatte. Erfolgreich übrigens, Victoria Pariente hat nämlich schon einige Jahre vorher einen gewissen Ruhm erlangt, als sie mit ihrer Namensvetterin Victoria Benavidis das Label Dos Victorias gründete, um direkt mit dem 1998er Verdejo mit der Auszeichnung des besten Weißweins Spanien gekürt zu werden. Dies hatte einen, in der Qualität der Weine begründeten ordentlichen Aufstieg der beiden Frauen zur Folge, 2005 hat der Wine Enthusiast den holzfassausgebauten Verdejo zu den Top 100 Weinen der Welt gezählt, der Decanter nannte ihn den besten Weißwein Spaniens.
Was auch immer man von Rankings halten mag, schlechte Weine produzieren die beiden Frauen nicht. Victorias Vater übrigens war einer der Ersten, der Verdejo im Rueda angebaut hat, nur hat er den Wein in der örtlichen Bar ohne Etikett verkauft, statt ihn, wie es seine Tochter dann gemacht hat, zu vermarkten. Diese hat mitterweile eine große Stange Geld in ein neues Weingut investiert, dessen erster Jahrgang der 2008er ist. Damals, beim ersten Wein, hat sie mit 8.000 Euro begonnen.
Verdejo wie Sauvignon Blanc wachsen auf der Hochebene des Douro, in der Meseta, im nördlichen Spanien. Der Boden besteht aus angeschwemmten Steinen, teils mit Kalk durchsetzt. Der Sauvignon Blanc übrigens stammt von den ersten Sauvignon Blanc Rebstöcken, die in der D.O. Rueda gepflanzt wurden. Sie sind mittlerweile über 25 Jahre alt.
Der Wein duftet wie ein tropischer Obstsalat. Zitrusfrüchte, Limettenschale, Mangos, etwas Ananas und etwas sortentypisches geschnittenes Gras. Dabei wirkt er schon in der Nase durchaus mineralisch und sehr frisch. Er erinnert in seinem Fruchtbouquet zunächst an Übersee-Sauvignon, wirkt aber schlanker.
Im Mund ist der Wein angenehm schlank und klar, mit Zitrusnoten, Stachelbeeren, grünem Apfel und Mineralen. Im Abgang wirkt er ein wenig austrocknend, störend ist das aber nicht. Ein sehr schöner Sauvignon Blanc für unter 10 Euro.