Es gibt verschiedene Preisstufen, in denen ich mich bewege, wenn ich Wein kaufe. Da gibt es den ganz einfachen Wein der sich so um die sechs bis sieben Euro bewegt. Weine, die durchaus schon lecker und manchmal begeisternd sein können, sich aber auf Alltagsniveau bewegen. Dann kommt das, was bis knapp unter 10 Euro geht. Da ist der Konkurrenzkampf extrem hart und man bekommt schon guten Wein fürs Geld. Für mich wird es aber eigentlich erst wirklich interessant in der Kategorie 10 bis 15 Euro. Hier tauchen die Weine mit deutlich individuellem Charakter auf, Weine, die schon Begeisterung entfachen können, wo ich mich im besten Fall zurücklehne und verzückt lächle. Die nächste Stufe, für mich zwischen 15 und 30 Euro liegend, ist die, die das größte Potential hat und fast alle Wünsche befriedigen kann, die ich mir leisten kann. Alles darüber ist purer Luxus.
Der Wein, den ich hier vorstelle liegt in der Kategorie 10 bis 15 Euro und mit 12.50 Euro genau in der Mitte. Das ist kein Alltagswein, aber auch keiner, auf den ich jetzt sparen muss. Es ist ein Wein, den ich mir am Wochenende aufmache, wenn ich was Leckeres koche, wenn ich Muße habe, wenn ich Freunde bewirte.
Der Réserve del Comte besteht aus 40% Merlot, 20% Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc sowie 30% Lagrein, einer Südtiroler Rebsorte die lediglich auf 300 Hektar angebaut wird und bei Manincor zu einem durchaus beeindruckenden Wein heranreift. Abgesehen vom Lagrein, den man hier nicht wirklich herausschmeckt, ist das eine Alternative zum rechten Gironde-Ufer im Bordeaux die aber ganz woanders, nämlich auf Lagen in Kaltern und Terlan im Südtirol heranreift. Ihr Erzeuger, Graf Goess-Enzenberg gehört mittlerweile zur dortigen Winzerelite.
Als er Manincor 1977 übernahm, war dieses 45 Hektar-Gut einer der größten Traubenlieferanten im Alto Adige. Was das heisst weiß jeder, der mal in den Achtzigern einen Kalterer See oder Ähnliches getrunken hat. Ich erinnere nur an Gerhard Polts Spitzenwein. Das ist so in etwa das, was man hier aus Südtirol bekommen hat. Und viel mehr gab es eben auch nicht. Das erinnert so ein bisschen an die Verhältnisse an der hiesigen Mosel zu der Zeit.
Enzenberg jedenfalls hatte mehr vor und er hat es durchgesetzt und erreicht. Er hat nicht nur auf moderne Rebsorten gesetzt sondern genau so die traditionellen kultiviert. Auch heute gibt es einen Kalterer See und ebenso einen reinsortigen Lagrein, mit dem Unterschied, dass man ihn nicht nur trinken kann, sondern, dass er einen eigenen, feinen Charakter besitzt.
Neben der Weinbergarbeit, die er schon vor Jahren auf Biodynamie umgestellt hat, hat er akribisch an der Kellertechnik gearbeitet, die vor kurzem in der Einweihung des neuen Kellers seinen Höhepunkt gefunden hat. Nicht nur stellt dieser Keller einen architektonischen Höhepunkt im traditionellen Südtirol dar, nein, das ist kein Selbstzweck denn der Keller ermöglicht Abläufe in der Weinbereitung, die Qualitätsverluste minimieren. So haben sich Pumpen erübrigt, Schwerkraft ist hier schonender.
Dass die Anstrengungen im Weinberg, im Keller, wie auch in der Vermarktung nicht automatisch zu teuren Weinen führen zeigt eben der hier vorgestellte Réserve del Comte.
Dieser Wein bietet ein ausserordentlich gutes Preis-Genuss-Verhältnis und hat alles, was ich von dieser Qualitätsstufe erwarte. Er ist anspruchsvoll aber übertreibt es nicht. Man dürfte ihn so ziemlich Jedem vorsetzen können der Rotwein mag, er ist trotzdem nicht beliebig. Er ist fruchtig-beerig, ist würzig, mit einem Hauch von Süßholz bzw. Lakritze, ist saftig, gleichzeitig elegant, die Tannine sind reif und samtig, der Abgang hat eine angenehme Länge. Chapeau!
Eine wirklich tolle Einleitung! Das empfinde ich genauso, vor allem wenn es um ein- und denselben Winzer geht. Die Einstiegsweine sind häufig ziemlich gefällig, die Cash-Cows halt. Im Segment zwischen 10 und 15 € kann der Winzer dann den meisten Charakter wagen. Lagen, Rebsorten, Vinifikation, alles kommt am Individuellsten zum Ausdruck. Darüber dann, im Bereich der GG oder Grands Crus, geht es meist ums Prestige. Ich bin immer wieder verblüfft, wie ähnlich sich die Weine da oben wieder werden. Das gilt alles nicht unbedingt für Manincor, von denen ich lustigerweise immer die weiße Cuvée Sophie am besten fand.
Richtig begeistert bin ich aber über den Verweis auf den großen Polt und seinen Südtiroler Bauernfeind. Ein Tafelwein übrigens, nix Ordinäres.
Viele Grüße, Matze