Weinrallye No. 45: The Dead Arm Shiraz 1999

Wenn ich an Australien denke, bin ich immer ein wenig hin- und hergerissen. Einerseits waren die ersten Penfolds, die ich Anfang der Neunziger in Köln gekauft habe, mehrere Flaschen BIN 389, sehr schöne Weine, damals mit knapp über 20 DM das Ultimo für einen, der ebenfalls knapp über 20 war. Aber das hat sich gelohnt, das waren gute Weinerfahrungen, und gut gehalten haben sich die Weine auch, die heute glaube ich so um die 40 Euro kosten. Damals, oder etwas später gab es Wynns und Tatachilla bei Jacques Weindepot. Auch das waren gute Weine, nicht zu dicht, nicht zu marmeladig, mir haben die damals wirklich gut gefallen. Andererseits, und da komme ich wieder auf das Hin- und Hergerissene zurück, gab es dann ein paar Jahre, wo man nur noch diesen ganzen Koonunga Hill-ähnlichen Krempel fand. Zugeholzten Chardonnay der einem Gaumen beleidigt, fette Shiraz und Cabernets wie Fruchtlikör. Lindemanns, Rousemount, Penfolds. Massenware, gut im Markt plaziert, relativ teuer. Nee, das war nix für mich.

Der erste Wein, den ich neben altbekanntem, hervorragendem Wynns dann mal wieder ausprobiert habe, war The Stump Jump und The Love Grass von d’Arenberg.

So stammt der Wein der Weinrallye No. 45 aus selbigem Hause. Es ist die einzige Flasche 1999er The Dead Arm Shiraz, die ich besitze. Der Wein, der diesen Shiraz als Doppel begleiten sollte und von dem wir schon vermuteten, dass er nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit sein würde, ein 1974er Duhart-Milon-Rothschild, hat diese Erwartungen voll und ganz erfüllt. Ein muffiges Etwas, dass nach kurzem Luftkontakt nicht mehr bietet als die Farbe und den Geruch von Rost. Die Weinrallye 45 übrigens wird von Drunken Monday präsentiert. Ausrichter und G.O. ist, wie immer Thomas Lippert vom Winzerblog.

D’Arenberg und die Familie Osborn gehören mit zu den alteingesessenen Weinbauern im Mc Laren Vale. Joseph Osborn hat im Jahr 1912 die ersten 25 Hektar im Tal gekauft, sein Sohn Frank, eigentlich Arzt, hat den Besitz um weitere 53 Hektar erweitert. Zunächst hat er Fassware verkauft, dann trockenen Rotwein und Portwein nach Europa. Dessen Sohn Francis wiederum musste seinem Vater schon früh zur Hand gehen und nach dessem frühen Tod das Weingut übernehmen. Francis, genannt d’Arry, entschied sich, seinen Wein unter dem eigenem Label d’Arenberg, dem Nachnamen seiner Mutter zu verkaufen. Innerhalb von 20 Jahren hat er aus dem Betrieb eine national sehr beachtete Marke gemacht, international waren die Weine von Down Under in den Siezigern praktisch unbekannt.

Der heutige Chief Winemaker ist Chester d’Arenberg Osborn (hier links), der sein Handwerk von Kindesbeinen an bei seinem Vater d’Arry (hier rechts) gelernt hat, der wiederum immer noch im Betrieb mitarbeitet. Nach Abschluss der Schule ist er einige Jahre durch verschiedene andere Betriebe in Australien und Europa getingelt, wie man das so macht, wenn man gut werden will, und setzt sein Konzept vom Weinmachen seit 1984 zu Hause um. Dieses Konzept ist sehr klar: traditionelle Weinbereitung und Weinbergsarbeit. Keine chemische Düngung, geringe Erträge, extensive Bodenbewirtschaftung. Sämtliche Weine werden mit alten Korbpressen gepresst. Die Pressen, mit denen The Dead Arm Shiraz aus den über hundert Jahre alten Weinstöcken gepresst wurde, eine Coq und eine Tregoning, stammen selber aus dem 19. Jahrhundert. Selbst die offene Fermentation und das Bearbeiten der Maische mit den Füßen wird hier für die teuren Weine des Hauses noch angewandt. Erstaunlich, bei einem doch relativ großen Betrieb. Wenn man dagegen in die kilometerlangen unterirdischen Fabrikhallen von Penfolds schaut, erlebt man praktisch einen Kulturschock.

Was ich bei übrigens bei d’Arenberg neben den Weinen mag, ist das Marketing, die Aufmachung, die immer wiederkehrende rote Schürze und die prägnanten Namen: The Dead Arm, The Olive Grove, The Broken Fishplate, The Lucky Lizard oder The Laughin’ Magpie.

Der Name The Dead Arm stammt von einer Pilzkrankheit, der Eutypa Lata, die dafür sorgt, das Arme des Weinstocks langsam absterben. Nicht so bei den unverwüstlichen alten Stöcken, die für diesen Wein genutzt werden. Wie gesagt, über hundert Jahre alt sind die Shiraz-Rebstöcke, deren Trauben nach mehrfacher Handlese in alten Korbpressen langsam gepresst werden und 22 Monate lang in neue französische und amerikanische Eiche wandern. Nach der Abfüllung darf man dem Wein glaube ich genau so viel Zeit gönnen, wie ich es jetzt getan habe. Da die Lese zwischen Februar und April stattgefunden hat ist der Wein jetzt exakt 12 Jahre alt, und entsprechend angenehm rund und mürbe sind die Tannine.

Es ist ein dunkelroter, tiefer Wein, dem die weiße Alterungsrandzone noch fast völlig fehlt, allerdings ist das Shiraz-Violette auch nicht mehr vorhanden. Auch in der Nase finden sich nur noch wenig Primäraromen, mehr gereiftes Holz, Zedernholz, ein süßer Kern, gekochte Früchte und schwarze Schoki, also die ohne viel Zucker. Schon die Nase zeigt eine gewisse Eleganz, und eine Bouquet, das mich gar nicht an Shiraz denken lässt. Im Mund setzt sich das fort. Ich denke eher an Bordeaux-Blends aus Kalifornien. Ja, elegant ist der Wein auch am Gaumen, zeigt eine schöne Präsenz, ist fein und dicht gewebt, die 14.5% Alkohol merkt man nicht, tragen vielleicht höchstens zur Süße bei. Hinter den dunkeln Beerenaromen macht sich wieder dunkle Schokolade breit, dazu ein Eukalyptuston, der sich in australischen Weinen ja auch durchaus häufiger zeigt. Eigentlich stimmt hier alles, die Breite und Länge, die Frische. Und doch sind wir nicht wirklich begeistert. Irgendwas fehlt ihm an Charakter, vielleicht wirkt er etwas zu rund, zu abgeschliffen die Ecken und Kanten? Ich bin mir nicht sicher. Am zweiten Tag probiere ich den Wein zu einem Steak vom Charolais-Rind. Das passt ausgezeichnet.

Der Korken übrigens ist ein Relikt aus vergangenen Tagen. Die Australier waren früh dran mit Schraubverschlüssen. Mittlerweile nehmen sie sie auch für die großen Weine, The Dead Arm, Penfolds Grange, Mitolo…

 

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