Es ist schon ein paar Jahre her, da bin ich über ein paar Rieslinge des Weinguts von Racknitz gestolpert. Freifrau von Racknitz-Adams hatte einige Zeit zuvor, genauer gesagt 2003, mit ihrem Mann Matthias Adams ein ehrgeiziges Projekt realisiert. Sie haben auf dem Besitz ihrer Familie, dem Gut des ehemaligen Klosters Disibodenberg, ein neues Weingut gegründet. Neu nicht im eigentlichen Sinn, denn Weinbau wird rund um das Kloster schon seit tausend Jahren betrieben, aber neu nach ihren eigenen Maßstäben.
Die Voraussetzung für gute Weine war dabei in hohem Maße gegeben und diese Voraussetzung wollten die beiden nutzen. Der Besitz der Familie auf dem Disibodenberg ist ein ganz alter. Und zwar einer, der nicht nur allgemein historisch interessant ist, immerhin hat Hildegard von Bingen viele Jahre im dortigen Kloster verbracht und einige ihrer wichtigsten Schriften am Disibodenberg verfasst, er hat auch weinhistorisch Einiges zu bieten. Denn vor nicht allzu langer Zeit haben die beiden in einem noch gänzlich der Natur überlassenen Teil des Weinbergs eine ganze Menge teils uralter Rebsorten gefunden, Rebsorten, die es vielleicht in der genetischen Reinheit nur noch dort am Disibodenberg gibt. Um diesen Besonderheiten einmal tiefer auf den Grund zu gehen habe ich mich längst mit Matthias Adams zu einem Podcast verabredet, der dann irgendwann auch hier erscheinen wird wenn ich mich in Hamburg mal so weit sortiert habe, dass ich es dann auch wieder in die Weingebiete schaffe, die plötzlich so weit entfernt liegen.
Zurück zum Thema. Ich habe vor einigen Jahren ein paar Weine vom Weingut von Racknitz probiert und auch in diesem Blog besprochen und hatte damals das Gefühl, dass die Weine in eine besondere Richtung gingen, die ich wirklich gut fand. Trotzdem erschienen sie mir zu teuer, was ich damals auch ziemlich unverblümt geschrieben habe. Auch wenn ich noch derselben Meinung wäre, würde ich das heute nicht mehr so formulieren. Und wie auch immer die ambitionierten Preise damals zustande gekommen sind – ich kann es mir denken, denn die Form des Weinmachens, die Racknitz-Adams gewählt haben, ist aufwendig – heute bin ich der festen Überzeugung, dass von Racknitz’ Weine jeden Penny wert sind.
Der Weg, den die beiden damals eingeschlagen haben – und man muss dazu sagen, dass Matthias Adams aus einem ganz anderen Bereich kam und das Weinmachen im Schnelldurchgang erlernt und sich im Laufe der Jahre einfach ganz tief in das Thema hineingekniet hat – war und ist im wahrsten Sinne des Wortes steinig. Die Racknitz-Weine wollen ganz explizit Terroir-Weine sein. Und dies sind sie im Laufe der Jahre auch immer stärker geworden. Dass die Rieslinge der zweiten Qualitätsstufe Riesling vom Schiefer und Riesling vom Vulkangestein heißen, ist entsprechend konsequent. Mittlerweile ist noch ein dritter Riesling hinzu kommen, nämlich der Riesling vom Kieselstein und ich bin schon sehr gespannt, wie diese drei dann nebeneinander wirken.
Hier geht es mir, ich weiß, ich habe etwas weiter ausgeholt, jedoch um die Einstiegsqualität des Weingutes. Einmal Riesling trocken, einmal Rivaner, der anderswo auch gerne mal Müller-Thurgau heißt. Beide Weine zeichnen sich, und wir reden hier von Weinen, die zwischen fünf und acht Euro kosten, durch einen erstaunlichen Extraktreichtum aus, durch eine, für diese Preisklasse, fast sensationelle Tiefe und Länge und durch eine markante Würze, die ebenfalls selten ist für die Einstiegsklasse. Gerade der Rivaner hat mich begeistert denn hier findet sich ein ernsthafter Wein im Glas, der trotzdem frisch und unkompliziert bleibt, den man schnell zum Alltags-Sommerwein erklären kann und mehrfach genossen nicht langweilig wird. Denn, was bei den größeren Weinen jener Weingüter typisch ist, die Slow Wine produzieren, gilt auch für die Gutsweine: Der Winzer lässt ihnen Zeit, zu reifen. Entsprechend sollten wir ihnen etwas Zeit geben, dass sie sich im Glas entwickeln. Die Weine bedanken sich dafür, indem sie im Laufe des Abends eine ganze Fülle von Facetten offenbaren. So auch beim Riesling. Zu Beginn steht der Extrakt im Vordergrund, untermalt von einer feinen Cremigkeit. Dann schieben sich nach und nach Fruchtaromen in den Vordergrund. Pfirsich, Bitterorange, etwas Mango, dazu Kräuter und wieder eine klare Würze, ein Ausdruck des Bodens, auf dem der Riesling gewachsen ist. Beide Vertreter zeigen sehr gut, was man bei Weinen von diesem Weingut erwarten kann. Sie bieten sehr viel Trinkspaß ohne oberflächlich und gefällig zu sein. Je näher man dann zu den Lagenweinen kommt, desto interessanter wird es, sich länger mit den Weinen auseinander zu setzen.
Gemischter Satz
Sehr geehrte Familie von Racknitz-Adams,
ich hatte heute Ihre email gelesen und mit großem Interesse die Stelle über die alten Rebstöcke verfolgt. Ich hatte im März 2009 für den Wuppertaler Weinkonvent eine Veranstaltung organisiert mit Josef Engelhart aus Veithöchstheim in Franken. Herr Engelhart hatte uns 10 Weine – gemischter Satz – mitgebracht aus Reben, die bis zu 100 Jahre alt waren.
Kann ich Ihren Artikel so verstehen, daß Sie demnächst ein derartiges Projekt auch starten möchten?
Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden, da dieses Thema für unseren Konvent eine Bereicherung war und mich die Pflege dieser alten Sorten interessiert.
Herzliche Grüße aus Remscheid
Frank Kaczmarek