Was mich neben vielen ausgezeichneten Weinen auf der Vinitaly am meisten begeistert hat, war die kleine Auswahl an Craft Beer, an Birrificio Artigianale. Ich muss gestehen, ich habe mich durch die Reihen probiert, ohne mir wirklich Notizen zu machen. Die Biere, die mir vor allem in Erinnerung geblieben sind, habe ich hier portraitiert.
Mastri Birrai Umbri bietet neben einem hellen Dinkel-Weizen und einem Doppelmalz (Birra Doppio Malto mit 7,5%) zwei auf den ersten Blick ausgesprochen ungewöhnliche Biere an. Zum einen braut die Brauerei aus Perugia ein Bier aus einer umbrischen Spezialität, der Platterbse, im Italienischen Cicerchia genannt, zum anderen eine Doppio Malto aus einer weiteren Hülsenfrucht, der Lenticchia, hier als Linse bekannt. Dass man die ungewöhnlichen Zutaten nicht wirklich heraus schmeckt ist etwas schade.
Die kleine Brauerei Maltovivo ist in Ponte, in Kampanien beheimatet. Sie brauen dort tatsächlich ein Kölsch, zumindest heißt die Gattung dort Kolsh, und das Bier nennen sie Tschö! Das ist durchaus amüsant, zumal sie es in ihrem Prospekt auch in einem Kölschglas ausschenken. Gebraut wird das Bier allerdings mit Weizenmalz und nicht mit Gerstenmalz. Neben dem Kolsh gab es ein ziemlich gelungnes IPA namens Noscia, gebraut mit Chinook, Cascade und Amarillo, sowie mit Maris Otter und Crystal Malz. Was mir persönlich am besten gefiel war das Dark Belgian Ale namens Fahrenheit 158 und das Robust Porter namens Black Lizard. Das schwarze Bier wird mit Challenger Hopfen gebraut. Als Malz wird Maris Otter, Munich, Special B, geräuchertes Malz, geröstetes Malz und Schokoladen-Malz verwendet. In der Nase findet sich das geröstete Malz, Schokolade, Mokka und ein bisschen was von Pflaume. Am Gaumen dann mehr Milch- bzw. leichte Bitterschokolade, wieder das Röstmalz und Rauch. Das ist alles ganz gut, vor allem sieht das Styling gut aus, unterm Strich aber können die Kölner natürlich besser Kölsch, die Amerikaner besser diese Art von IPA, die Belgier können besseres Dubbel und die Engländer besseres Porter. Das ist nicht weiter schlimm, es könnte höchstens für den Export etwas problematisch sein. Auf Export, so schien es mir, sind die meisten Brauer allerdings bisher eh nicht ausgerichtet. Kaum einer von ihnen spricht auch nur rudimentär Englisch.
Interessant war, dass es durchaus spannende, teils wirklich gute Biere gab, die sich jedoch vor allem an bekannten Märkten und Gewohnheiten orientieren. Einen spezifisch italienischen Charakter habe ich kaum irgendwo finden können. Birrificio Settimo beispielsweise braut ein Blond, ein Dubbel, ein Blanche, ein Belgian Bitter, ein Tripel und ein Belgian Special (Bitter Ale). Anscheinend hieß die Brauerei vor einiger Zeit noch Settimo Cielo, also Siebter Himmel, und hat, wie viele andere auch, komplett redesigned. Ich kenne den italienischen Biermarkt nicht, doch wenn ich sehe, wie aufwendig sich die meisten kleinen Brauereien präsentieren, scheint der Markt trotz der Krise ein ordentliches Potential für diese Spezialbiere zu besitzen. Die belgischen Biere von Settimo jedenfalls fand ich ziemlich gelungen. Der Macher von Kashmir Birra aus Molise orientiert sich, so scheint es, ein bisschen am Punk Stil von Brew Dogs oder Mikkeller. Auch die Biere gehen in die Richtung. Golden Ale, Pale Ale, Stout etc. sind nicht übel, aber auch nicht wirklich besonders.
Zwar sind Biere, die bestimmte Gewürze, Kräuter, Kandis oder sonst was verwenden auch nicht mehr allzu selten, doch gefiel mir der Stil von Karma ziemlich gut. Während die ebenfalls vertretenen und bei Braufactum geführten Biere von Baladin mir meist etwas zu schwer und zu süß sind, hält sich bei Karma beides in Grenzen. Auf der Website kann man die einzelnen Biere einsehen. Hier, wie bei den meisten anderen Brauereien übrigens auch, gibt es klare Speiseempfehlungen. Und so sehe ich diese Biere auch. Bis auf die IPAs (die ich auch so trinke) würde ich die meisten Biere vor allem als Essensbegleiter wählen. Mit den Karma-Bieren jedenfalls wäre eine komplette Menübegleitung kein Problem.