Nachdem ich vor einigen Tagen mal in Ruhe die Cuvée aus Frappato und Nero d’Avola von Arianna Occhipinti probiert habe, konnte ich nicht umhin, auch mal eine Flasche ihres Onkels Giusto Occhipinti, einem der drei Gründer von COS, zu öffnen. Was mich interessierte war, warum der Name Arianna Occhipinti plötzlich überall aufplöppt und was sie anders macht als COS, wo der Wein schon seit 1980 entsteht.
Jetzt, wo ich beide Weine nebeneinander probiert habe, würde ich sagen, sie macht eigentlich nichts wirklich anders, auch nicht besser, zumindest konnte ich es nicht schmecken. Muss sie ja auch nicht. Dass sie gehypt wird, dürfte vor allem daran liegen, dass sie als junge Frau nach Sizilien zurückgekehrt ist, um Wein zu machen. Das kommt nicht so oft vor. Außerdem findet man sie sexy. So sehr, dass sie sich sogar zwischenzeitlich aus dem ganzen PR-Geschäft komplett zurückgezogen hat, weil es ihr an die Psyche ging. Was diesen Hype interessant macht, ist, dass er tatsächlich einen Fokus setzt. Und zwar auf die Art von Wein, wie sie beispielsweise bei COS, aber natürlich auch noch bei anderen Winzern auf Sizilien entsteht. Das ist Wein, wie wir ihn nicht unbedingt mit dieser Insel oder überhaupt mit dem Süden Italiens in Verbindung bringen. Wenn ich meine Weinfreunde frage, was sie Interessantes aus Sizilien kennen, dann sind das normalerweise Weine von Planeta, Cusumano oder Donnafugata. Das sind keine schlechten Weine, aber sie sind doch sehr sehr weich und glatt, warm und mollig, was die Roten angeht, und kühl vergoren, total fresh und fruchtig oder auch mollig und breit, was die Weißen angeht. Dort finden sich viele internationale Rebsorten und der Stil ist ziemlich international. Das ist ja nicht per se falsch und ich mag so einen Wein wie Mille e una Notte von Donnafugata auch recht gerne. Aber solch ein Wein ist eben sehr auf internationales Publikum angelegt. Das ist kein Wein, der das spezifische Sizilien wiederspiegelt. Es ist auch kein Wein, der einen auch nur im Geringsten heruasfordert. Dort aber setzen die Weinmacher von COS an.
Giusto Occhipinti, Giambattista Cilia und zu Beginn noch ein dritter Partner waren 1980 die jüngsten Weingutgründer ganz Italiens und sind haben seitdem einen erstaunlichen Weg zurückgelegt. Begonnen wurde mit einem geschenkten Weinberg, dann haben sie langsam dazugekauft und stehen heute bei einem immer noch übersichtlichen Besitz von 25 Hektar. Das ist in Sizilien übersichtlich, die größen Weingüter wie die drei oben genannten haben schnell mal dreistelligen Besitz. Experimentiert wurde viel, die Qualität war auch nicht immer gut, doch irgendwann hat man sich auf einen Weg festgelegt, der ihnen am authentischsten erschien. Sie wollten Wein machen, wie ihn der Boden von Vittoria hergibt, ungeschönt und natürlich. Um dies zu erreichen, gehören schon ein paar Dinge dazu. Autochthone Rebsorten zum Beispiel. Solche wie der Nero d’Avola oder der Frappato. Dazu gehört für die meisten, die einen solchen Weg gehen auch die Hinwendung zu ökologischer Bewirtschaftung, ja häufig auch zur Biodynamie. Und dann kommt irgendwann die Frage, wie die Weine ausgebaut werden sollen, damit sie so viel von ihrer Umgebung wiederspiegeln wie möglich. Und da hat man hier schon früh, lange bevor das in den Weingazetten überhaupt Thema wurde, auf Amphoren gesetzt (neben altem Holz und Steingut). So ist hier im Laufe der Jahre eines der Vorzeigeweingüter des natürlichen Weinbaus entstanden. So2 wird kaum verwendet, geschönt wird nicht, filtriert auch nicht, Spontanvergärung ist Standard. All das sind Dinge, die in den letzten Jahren plötzlich in Mode kamen. Bei COS arbeitet man jedoch schon lange so. Das schmeckt man übrigens auch, denn die Weine sind gekonnt gemacht – hier ist man aus der Experimentierphase längst raus.
Der Nero di Lupo aus der für Sizilien typischen Rebsorte Nero d’Avola, der Schwarzen aus Avola, irritiert zunächst, weil man diese Weine eigentlich nur aus dem Holz kennt. Diesem hier fehlt diese Stütze, er präsentiert sich ungeschminkt. Das heißt bei einem jungen Wein wie dem 2011er dann auch, dass er ein bemerkenswertes Säuregerüst hat. Er wurde zur Hälfte in Amphoren und zur anderen Hälfte in Beton ausgebaut. Der Wein ist duftig. Nicht so duftig wie der SP 68, denn dafür fehlt der Frappato. Zu der Dufitgkeit kommt eine schöne Balance zwischen einem Hauch Rustikalität und Eleganz. Der Wein ist vor allem ein saftiger und frischer, dessen Kirsch- und Beerennoten mit einer ganzen Palette an Kräutern untermauert werden. Die Amphore, wie man sie vielleicht von georgischen Weinen kennt, schmeckt man hier nicht. Das wirkt dann schon eher so, wie oben in Norditalien bei Elisabetta Foradori. Es ist wirklich gekonnt. Und zeigt, dass man in einem heißen Gebiet wie der Südseite Siziliens ohne moderne Önologie sondern mit althergebrachten Methoden und Erfahrung einen Rotwein keltern kann, der 12,5% Alkohol hat, Potential zur Alterung, Eleganz, Charakter und vor allem eins: unbändige Frische.
Dieser Wein wurde mir freundlicherweise von vinaturel.de zur Verfügung gestellt und kostet dort € 14,50.