Am Wochenende gab es bei mir Daube de Boeuf. Zu diesem südfranzösischen Essen habe ich einen südfranzösischen Wein geöffnet. Auf dem Etikett steht Vin de France. Der Wein gehört also in die Kategorie der Landweine, dem Gesetzt nach steht dieser Wein also sehr weit unten in der Pyramide. Aber was heißt das tatsächlich? In diesem Fall heißt es, dass sich der Winzer – sein Name ist Jeff Coutelou – den Gesetzen entzogen hat, die gelten würden, wenn er einen Qualitätswein erzeugt hätte. Denn in der Gegend von Bézier zwischen den Appellationen Faugères und Saint-Chinian werden Qualitätsweine immer nur aus Rotwein-Cuvées erzeugt. In Faugères müssen in einem Rotwein mindestens 40% Carignan sein, dazu Cinsault, Mourvèdre, Syrah, Grenache Noir und Lladoner Pelut, eine kleinbeerige und dickschalige Version der Grenache. Das, was Jeff Coutelou jedoch am liebsten erzeugt, sind reinsortige Syrah. Und genau das darf er dort nur als Landwein oder Tafelwein abfüllen.
Der la vigne haute 2012 gehört mit einem Preis um die 14 Euro zu den teuersten Weinen, die Coutelou im Programm hat. Obwohl er mit kleinen Erträgen sehr aufwändig biologisch im Weinberg arbeitet, sind seine Weine ziemlich preisgünstig. Der 7, Rue de La Pompe beispielsweise, ein junger frischer Syrah, ist schon für um die sieben Euro zu haben. Der la vigne haute wird komplett ohne Einsatz von Zusatzstoffen verarbeitet. Das heißt, er wird mit Weinbergs- und Kellerhefen vergoren, reift nach längerer Maischestandzeit im großen Fass und wird ohne weiteren Zusatz von Schwefel ungeschönt und unfiltriert abgefüllt. Es handelt sich also um das, was man heute Vin Naturel nennt. Jeff allerdings arbeitet schon seit 25 Jahren so. Dass man ganz saubere und stabile Vin Naturels erzeugen kann, und das auch in größeren Mengen, zeigt er deutlich. Ich betonte das deshalb, weil es immer wieder angezweifelt wird und vielen Winzern auch wirklich die Erfahrung fehlt, bzw. sie es nicht schaffen, den Wein stabil zu kriegen. Denn gerade der Verzicht auf Schwefel, dem klassischen Stabilisierungs- und Konservierungsstoff, führt zu deutlichen Problemen. Wie Jeffs Weine reifen, weiß ich nicht. Die jungen Weine jedoch sind sehr gut, und das über Tage hinweg. Sie schmecken einfach. Sie sind pure Frucht – ohne Schnörkel.
Der la vigne haute ist Syrah, der mit seiner Fleischigkeit deutlich an die Nordrhône erinnert, wo die Mütter aller Syrah entstehen. la vigne haute ist dunkel und fleischig, die Frucht von Kirschen, Blaubeeren und Pflaumen ist präsent, der für Syrah so typische Pfeffer ist da, dazukommt so etwas die das klassische chinesische Five Spices, etwas Süßholz, etwas Unterholz und das leicht Ledrige, was bei Syrah gerne mal auftaucht. Am Gaumen setzt sich das fort, die pure Frucht, die Gewürzpalette, leichte Noten von Röstfleisch, aber kein Bret. Das Tannin ist schön fein, der Wein lang und die Säure macht‘s mal wieder. Die ist präsent und frisch. Dieser Syrah macht großen Spaß!
Vor allem zu einem Topf voll geschmortem Rind, Orangen, großen, fleischigen Tomaten, Knobi und Zwiebeln, Möhren und Fenchel, jeder Menge Kräuter und Gewürze sowie einer zusätzlichen Flasche Syrah.
Es gibt ihn bei Vin Pur und Vin Vivants
Hallo Christoph,
wahrscheinlich bist Du jetzt schon im Tirol oder zumindest unterwegs. Es nagt immer noch der Neid. Aber – viel Vergnügen dort.
Ich habe Jean-Francois nur einmal kurz auf einen Salon getroffen und war auch sehr angetan von seinen Weinen. Über den Ärger mit den AOP-IGP…-was auch immer-Vorgaben kammen wir uns schnell näher weil da auch einige unserer Lieblinge mit hadern und sich einen Spass draus machen die gesetzlichen Bestimmungen zu umgehen. Es darf ja auf die VdF’s weder Jahreszahl noch Rebsorten drauf geschrieben werden – und da lassen sich einige tolle Sachen einfallen, wie sie das doch mitteilen können ohne gegen die Auflagen zu verstoßen.
Keine Auflagen gibt es ja (noch nicht) zu den Vin naturels. Gerade mit dem Schwefel gibt es oft einige Verwirrung und allzu oft wird dort kompletter Blödsinn geredet oder generalisiert. In Vin naturels ist meist – auch entgegen Aussagen der Winzer (die allerdings auch oft falsch verstanden werden (absichtlich?) (französisch ist eben doch nicht nur einfach übersetzen)) – doch SO² drin. Ich halte mich da an die einzig verlässliche Quelle : Analysen. Sind die nicht da, fängt die Glaubenssache an.
Viele der oft als schwefelfrei proklamierten Weine sind faktisch doch SO² belastet. Den Good-Will der Winzer kann man trotzdem anerkennen und das mit dem Schwefel ist ja auch ein noch zu erreichendes Endziel. Aber das ist eben nicht alles. Gesamtheitlich gesehen, ist der Schwefel ein kleines Puzzelteilchen. Jetzt werden mich wieder einige steinigen wollen, aber was solls. Ich sehe meine Arbeit als Hardcore-Kampfsport für saubere und! gute! Weine.
Und wer des französischen mächtig ist kann hier in dem Bericht Vignoble ignoble (http://www.la-bas.org/mot.php3?id_mot=290) noch geballte Argumente gegen alles was konventionell angebaut ist finden.
viele Grüße ins Tirol
Hallo Karl, ich mache mich erst Samstag auf den Weg und bin am Sonntag auf der summa. Das mit dem Schwefel sehe ich persönlich völlig unidiologisch. Zuviel Schwefel stört, und zuwenig Schwefel auch, wenn es nicht sauber gemacht ist. Weine, denen kein Schwefel zugesetzt wurde, schmecken anders, entwickeln sich anders und da gibt es welche, die fibde ich toll, andere mag ich nicht. Das ist da genauso wie bei allen anderen Prozessen auch. für mich kommt es unterm Strich ebenfalls drauf an, das sauber und gut gearbeitet wurde. Grüße, Christoph