Kurz bevor ich in die Ferien nach Bonn und Königswinter, also in die letzten Ausläufer des Anbaugebietes Mittelrhein gefahren bin, erreichte mich aus gegenläufiger Richtung ein Paket mit Weinen, die nur unwesentlich weiter den Rhein hinauf entstanden sind. Ich muss zugeben, ich habe Bad Hönningen immer mehr mit Fruchtsäften als mit Wein in Zusammenhang gebracht – das ändert aber natürlich nichts daran, dass dort welcher entsteht. So habe ich mich über das Weinpaket von Sebastian Schneider gefreut, denn ich fühle mich diesem Gebiet durchaus verbunden.
Sebastian Schneider stammt aus Bad Hönningen und hat dort im elterlichen Betrieb des Stadtweingutes Bad Hönningen seine Lehre gemacht um später bei Hermann Dönnhoff seiner Ausbildung einen weiteren Schliff zu geben. Noch bevor er fertig war, erkrankte sein Vater schwer und Sebastian sah sich damals noch außer Stande, das Weingut schon so früh zu übernehmen. Entsprechend haben seine Eltern den Betrieb verkauft und er selbst heuerte bei Markus Molitor an der Mosel an, wo er das Ding mit der Spontanvergärung gelernt hat.
Mittlerweile bewirtschaftet der 32jährige Sebastian seine eigenen knapp 2,5 Hektar am Mittelrhein und somit in einem Anbaugebiet, dass keinen besonderen Ruf hat. Das liegt nicht am Potential, dass das Gebiet hat sondern an zu wenigen Winzern, die das Potential ausschöpfen. Neben Toni Jost, Ratzenberger, Florian Weingart und Matthias Müller gab es lange Zeit kaum weitere bekannte Winzer. Mit Josten & Klein etablieren sich gerade neue Winzer in der vorderen Reihe und der Verbund der Gipfelstürmer, zu denen die hier bereits erwähnten Brüder der Phillips-Mühle gehören und deren Mitglied Sebastian Schneider ebenfalls ist, wollen, wie der Name schon sagt, ebenfalls höher hinaus. Und genau das hat das Gebiet nötig, denn wenn ein Weinbaugebiet keinen Ruf hat, kann der Winzer auch kaum gute Preise verlangen. Das sieht man auch im Preisgefüge von Sebastian Schneider, dessen Steillagen-Riesling mit €5,70 bepreist ist. Ich schreibe das gerne nochmal: Fünf Euro siebzig – für eine Flasche Handarbeit aus steilen Lagen, in denen normalerweise keine besonders hohen Erträge entstehen. Die Konsequenz ist, dass Schneider von dem, was er am Mittelrhein tut, nicht leben kann. Das ist auch anderswo mit 2,5 Hektar Rebfläche nur schwer möglich, doch am Mittelrhein geht es gar nicht. Entsprechend entstehen seine Weine im Nebenerwerb. Das funktioniert nur, wenn man so etwas wirklich will, wenn einen die Passion vorantreibt – zumal Schneiders Lagen wie ein Flickenteppich über das gesamte Gebiet verteilt sind. Wer die Orte Oberheimbach (Klosterberg, Römerberg), Niederheimbach (Froher Weingarten), Boppard (Hamm Weingrube) und Bad Hönningen (Münchberg) einfach mal bei Google Maps eingibt, kann sich vorstellen, was für einen Aufwand die Bewirtschaftung mit sich bringt.
Der Steillagen-Riesling aus Oberheimbach mit dem ansprechenden Etikett hat eine knackige schöne Säure und eine saftige Frucht samt Kräutern dazu. Er füllt den Mund und macht Spaß. Der Wein hat Charakter, und das findet man bei einem Einstiegs-Wein für unter sechs Euro selten. Kurz gesagt, ist das ein Guts-Riesling auf sehr gutem Niveau, für den man bei diesem Preis anderswo wirklich lange suchen muss.
Wer etwas mehr Geld ausgeben möchte bekommt den Riesling Alte Reben für sieben Euro. Und das ist, ehrlich gesagt, ein ziemlicher Knaller: Der Wein ist tiefer, kräftiger und konzentrierter als der Steillagen-Riesling. Dazu dürfte die Maischestandzeit höher gewesen sein, die eine deutlichere phenolische Note in den Wein bringt. Außerdem gibt es hier steinige Würze und Frucht satt und die Länge stimmt. Das ist ein Riesling, wo andere froh sein würden, wenn sie diese Qualität in ihrem 12-Euro-Wein hätten. Der Riesling steht ebenfalls in Oberheimbach bei Bacharach, was nicht mehr allzu weit von Bingen entfernt ist, dem Ort wo der Mittelrhein endet und Rheingau, Nahe und Rheinhessen sich treffen.
Für alle, deren Budget begrenzt ist und die trotzdem guten bis sehr guten Riesling trinken wollen, sind die Weine von Sebastian Schneider eine absolute Empfehlung. Und für alle anderen, die mal wieder etwas Neues entdecken wollen natürlich auch. Die Weine bekommt man direkt ab Hof über die Website.
Ich bin immer wieder begeistert über Entdeckungen aus “meiner” Region. Gerade das Mittelrheintal wird häufig unterschätzt, nur mit Drosselgassenpiefigkeit und lieblichem Gesöff assoziiert. Den Schneider merk’ ich mir!!!
Die Drosselgasse liegt aber nicht am Mittelrhein, sondern im Rheingau.
Ah, danke. Bestellt.