Die Vorpremiere der Großen Gewächse des VDP, Jahrgang 2013 – Rheingau und Nahe

Rheinhessen und Pfalz war schon mal ein interessanter Start in die erste deutsche Riesling-Liga und es folgen zwei weitere Gebiete mit hohem Renommee für trockenen Riesling.

Rheingau
Es ist mittlerweile keine neue Erkenntnis mehr, dass sich viel tut im Rheingau. Das war auch bitter nötig. Das gesamte Gebiet erschien einem zwischenzeitlich wie abgehängt – immer abgesehen von einigen wenigen Konstanten, die auch im Jahr 2013 wieder die Phalanx bilden.

Beginnen wir mit dieser Phalanx, beginnen wir mit dem Schlossberg von August Kesseler. Es ist der Inbegriff des eleganten, feinen, reifen und gleichzeitig packenden Weines mit einer präsenten und doch feinen Säure und einer Spur reifer Restsüße. Der Roseneck kommt übrigens ähnlich daher und steht dem Schlossberg kaum nach. Wilhelm Weils Gräfenberg übrigens auch nicht, auch dieser Grand Cru ist eine Bank, ist eine Messlatte, an der sich alle anderen weiter messen lassen müssen. Auch hier findet sich diese noble Eleganz, gepaart mit Komplexität und Tiefe. Die Wein-Aristokratie hat mit diesen beiden Gütern weiterhin ihre Vertreter im Spitzensegment und diese Weine machen noch einmal völlig klar, welcher Stil im Rheingau berechtigterweise für lange Zeit das Maß aller Dinge war – ein Stil, den allerdings zu wenige der alteingesessenen Güter in dieser Präzision noch hinbekommen haben und stattdessen eher Karikaturen des Rheingauer Weinstils abgeliefert haben. Dieser Noblesse hat sich mittlerweile ganz etwas anderes zur Seite gestellt. Es ist ein unkonventioneller und fordernder Stil, der meiner Ansicht mach vor allem Elemente der rheinhessischen Schule mit aufnimmt. Die Weine werden kühler, mysteriöser, mineralischer, die Phenolik ändert sich, die Maischestandzeiten sind verlängert worden und gerade die Arbeit im Weinberg hat sich verändert.

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Wilhelm Weil von der Großen Lage Gräfenberg

Das merkt man vor allem bei Dirk Würtz bei Balthasar Ress, bei Mark Barth, bei Johannes Eser vom Johannishof und in diesem Jahr vor allem bei Achim von Oettinger. Achim von Oettinger hat wohl von allen am meisten Gas gegeben, denn er trat mit dem Marcobrunn, dem Siegelsberg und dem Hohenrain an und alle drei Weine sind Knaller. Alle haben von allem viel – viel Saft, viel Reife, viel Säure, viel Phenole, viel Würze. Aber da ist nirgendwo zu viel und es ist alles balanciert. Der Wein erinnerte mich spontan an den Auftakt zu Film Planet der Affen 2001: Odyssee im Weltraum. Im Hintergrund beginnt Strauss‘ Also sprach Zarathustra, die Sonne geht auf und der Blick fällt aus der Froschperspektive auf einen großen Monolithen. Nur, dass das in diesem Fall der Marcobrunn von Oetinger war – in der Jeroboam, um im Bild zu bleiben. Ein kantiger Monolith, der noch viel Zeit braucht. Dirk Würtz’ Weine bei Balthasar Ress dagegen sind wilder, mit viel Sponti, mit Gummi, das ist noch eine Achterbahnfahrt – nicht ganz so hart wie bei Schäfer-Fröhlich an der Nahe, aber es geht in die Richtung. Auf jeden Fall sind es ebenfalls ziemlich extreme Weine, teils sehr reif, der Schlossberg zum Beispiel, meine Herren, so viel Saft und Reife und dass dann trocken kriegen, ohne dass der Alkohol zu hoch geht, das ist sehr gut gemacht, auch wenn sie noch ein bisschen mehr Druck am Gaumen haben könnten, aber die Weine sind ja auch noch nicht fertig, sie entwickeln sich erst. Ähnlich wild, aber wieder anders sind die Weine von Johannes Eser vom Johannishof, der unter anderem einen hervorragenden Rottland abgeliefert hat. Da ist viel ungezähmte Energie drin, viel Biss, viel reife Frucht die so wirkt, als hätte man alte Obstsorten von Streuobstwiesen genommen. Gleichzeitig kommt dann aber ein cremiges Mundgefühl um die Ecke und eine damit einhergehende Eleganz und Kühle, die ich der Nase nach nicht erwartet hätte. Weitere Weinmacher sollten erwähnt werden. Jakob Jung zum Beispiel, der einen hervorragenden Siegelsberg auf den Tisch gestellt hat, eher klassisch, mit viel gelber Frucht, mit Creme und einer gelungen Struktur am Gaumen. Joachim Flick präsentiert mit dem Königin Victoriaberg und dem Nonnberg gleich zwei exzellente Gewächse, Fred Prinz’ Große Gewächse aus Hallgarten sollten nicht vergessen werden und der der VDP-Neuling Ralf Schönleber vom Weingut F.B. Schönleber, der einen erstaunlich kühlen, minzigen Jesuitengarten und einen ganz anderen, sehr exotischen St. Nikolaus vorgelegt hat. Den Preis für die schrägsten Weine (und das nicht im negativen Sinne) bekommen von mir in diesem Jahr wiederholt das Gut Baron zu Knyphausen mit diesem massiven Holzeinsatz im Wisselbrunnen, der sich, ich habe im letzten mal ein paar ältere Experimente probiert, im Lauf der Zeit durchaus einzufügen weiß und Andi Spreitzer für seinen Rosengarten. Riesling trifft Gin trifft Bas Reichenhaller, kann ich da nur sagen. Ein ziemlich irrs Gewächs, das man unbedingt später noch mal probieren sollte.

Was ich mir in den Keller legen würde: Das ist verdammt schwierig, würde ich mal sagen. Die Bandbreite ist so groß und die Auswahl exzellenter und vor allem spannender Weine so breit gefächert. Bei der Klassik würde ich mich für August Kesseler Rüdesheimer Berg Schlossberg entscheiden. Auch bei Balthasar Ress würde ich mich für den Berg Schlossberg entscheiden. Dann der Rüdesheimer Berg Rottland vom Johannishof, der Erbacher Siegelsberg von August Eser und der Erbacher Marcobrunn von Achim von Oetinger.

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Weil hat es sich nicht nehmen lassen, aus Anlass der Zehn-Jahrfeier der Vorpremière vier Gräfernberg-Jahrgänge in der Doppelmagnum  zu öffnen.

Nahe
Im kleinen, feinen Gebiet Nahe liegt die Messlatte ziemlich hoch. Dafür ist es übersichtlich, denn es sind lediglich acht Erzeuger, die ihre Großen Gewächse präsentiert haben. Die Nahe-Weine von Kruger-Rumpf mag ich ähnlich, wie ich den Scharlachberg gemocht habe. Die Weine haben ein sehr gutes Niveau mit viel Würze und einem Trend zu leicht angeräuchertem Holz. Das macht aber Spaß und, das sollte man nicht unterschlagen, ist auch bezahlbar für jene, die erst damit anfangen, in die Welt der Großen Gewächse einzusteigen. Mir gefiel das einzige Große Gewächs von Dr. Crusius in seiner reifen, gesetzten und würzigen Art. Auch das ist kein Überflieger aber es ist ein solides Gewächs – ich hoffe, das klingt nicht zu despektierlich. Das Gleiche gilt für die Weine von Johann Baptist Schäfer, wo mir vor allem das noch verschlossene Goldloch mit seinen Kräuternoten gefiel. In der ersten Liga dieses Gebiets spielen dann Diel, das Gut Hermannsberg, Dönnhoff, Emrich-Schönleber und Schäfer-Fröhlich. Tim Fröhlichs Weine sind momentan kaum zu bewerten, so unglaublich wild präsentieren sie sich momentan. Dass sich da die Flaschen nicht von selbst bewegen und vom Tisch hüpfen, erstaunt mich fast. Für mich könnten diese Weine das Größte werden, was 2013 an der Nahe angefüllt wurde. Sie haben teilweise die Dichte eines schwarzen Sterns und wirken trotzdem verspielt. Das muss man erst einmal hinkriegen. Der Extraktgehalt dieser Weine ist enorm, die Spontinoten sind abschreckend, die Länge ist beeindruckend – geiler, wilder Wein. Wilder als sonst, spontaner gewissermaßen präsentieren sich die Weine vom Gut Hermannsberg. Die Weine des Gutes waren bisher nicht mein Fall, muss ich ehrlich sagen. ich konnte den Hype bisher nicht ganz nachvollziehen. Die Kupfergrube aber finde ich groß. Auch hier Sponti, dann Druck ohne Ende, wilde Phenole, Würze – da ist nichts Liebliches mehr an diesem Riesling, das hier ist die perfekte Dark Side of the Moon. Die drei Granden Diel, Dönnhoff, Schönleber dagegen kommen mit Weinen daher, die wie maßgeschneidert wirken, jeder auf seine Art. Das ist höchst elegant, zurückhaltend, zuvorkommend, gleichzeitig neben anderen Weinen ein bisschen – ich sage es ganz, ganz leise – langweilig. Wenn man sie für sich nimmt, vor allem die Hermannshöhle von Helmut Dönnhoff, muss man das mit der Langeweile streichen, das wäre nicht gerecht. Und gemessen an diesem recht schwierigen Jahrgang ist die Hermannshöhle halt mal wieder ziemlich perfekt in ihrer Art, volle Frucht mit den Noten des Gesteins zu verbinden, mit leisen Tönen die immer wieder zwischen Dur und moll schwanken. Das ist schon auch wirklich schön.

Was ich mir in den Keller legen würde: Die besagte Niederhausener Hermannshöhle von Helmut Dönnhoff, die Schloßböckelheimer Kupfergrube von Gut Hermannsberg, Schloßböckelheimer Felsenberg und Monzinger Frühlingsplätzchen von Schäfer-Fröhlich und die Traisener Bastei von Dr. Crusius.

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