Es ist mal wieder Weinrallye-Zeit und das aktuelle Thema, dass culinary pixel a.k.a. Annette Sander ausgewählt hat, passt wunderbar in meine aktuelle Rosé-Sommer-Reihe. Weil das so gut zusammen passt, habe ich mir den vielleicht ungewöhnlichsten Rosé ausgesucht, den man überhaupt bekommen kann.
Im März habe ich eine Veranstaltung des Weinhändlers vinaturel besucht. Auf dieser Fachverkostung für Gastronomen und Sommeliers aus dem Großraum Hamburg standen jede Menge Weine über die ich gerne noch mehr als einen Nebensatz schreiben würde. Hier und jetzt aber geht es vor allem um einen Wein, den ich erst ganz zum Schluss probiert habe, der mich allerdings nachhaltig beeindruckt hat.
Es handeltsich um die 2013er Ausgabe des Rosé Vinudilice des sizilianischen Weinmachers und Beraters Salvo Foti. Dieser ist eine Institution unter Siziliens Winzern und berät eine größere Gruppe von Weinmachern (i Vigneri), die sich durchweg der Herstellung möglichst natürlicher Weine nach alter Tradition verschrieben haben. Dazu gehört unter anderem die Albarello-Bepflanzung in der die einzelnen Stämme in Buschform und mit ca. 10.000 Stück pro Hektar bepflanzt werden. Außerdem wird sehr viel Aufmerksamkeit auf die Rekultivierung alter Weinberge, vor allem am Etna gelegt und genau aus einem solchen Weinberg stammt dieser Rosé.
Ich wenn ich den Wein im März probieren konnte hat es bis Juni gedauert, bis der Wein tatsächlich bei mir angekommen ist und es war bis Juni gar nicht klar, ob er überhaupt für die von mir ausgerichtete Probe im Juli zur Verfügung stehen würde. Also habe ich mich beizeiten um Alternativen bemüht und ein Mitglied von Salvo Fotis Winzergruppe I Vigneri auf der Vinitaly angesprochen. Es stellte sich heraus, dass ausgerechnet einer jener Winzer bzw. Unternehmer war, die bei mir in Hamburg die Enoteca I Vigneri und das Restaurant Gallo Nero führen. Und genau dort liegen, so erfuhr ich in Verona, noch kleine Kontingente Vinudilice aus den Jahren 2008 bis 2010 sowie, wovon ich noch gar nicht gehört hatte, ein Vino Spumante aus dem gleichen Weinberg.
Dieser Weinberg gehört mit seinen 1.300 Metern zu den höchsten in Europa und wurde vor knapp 200 Jahren als Gemischter Satz (Alicante, Graciano, Minella und andere)am nördlichen Etna angelegt. Er hat gerade einmal eine Fläche von 0,38 Hektar und die ältesten Stöcke sind so alt wie der Weinberg, der umgeben ist von Steineichen (Ilice). Der Wein wird so traditionell wie möglich in alten Holzbottichen verarbeitet, die Trauben mit Füßen gepresst, der Saft läuft natürlich ab, er wird nicht gefiltert oder geschönt und auch nur ganz zurückhaltend geschwefelt. 2009 hat Salvo Foti gar nicht geschwefelt – und das hat man dem Wein auch deutlich angemerkt.
So besonders die Rahmenbedingungen für diesen Wein sind, so besonders ist er selbst. Es ist definitiv in all seinen Facetten (2013, 2010, 2009, 2008 und Spumante) Rosé, wie man ihn so gut wie nie zu probieren bekommt.
Der Vino Spumante gehört zu den interessantesten Schaumweinen, die ich bisher aus Italien probiert habe. Fein, fast grazil mit einer ziemlich perfekten Säure, dann scheinen irgendwann die leicht oxydativen Noten durch, die vom Grundwein stammen, der in offen Bottichen vergoren wird. Im Gegensatz zum stillen Rosé wird der Schaumwein leicht gefiltert und strahlt in einem Lachston während der Stillwein eher aussieht wie verdünnter Erdbeersirup. Was mich hier, wie beim jungen 2013er beeindruckt ist die mineralische Note, die sich mit den leicht oxydativen Noten von Fallobst verbindet in das einige rote Früchte gerührt wurden über dann jemand eine ganze Menge Trockenkräuter gestäubt hat, und zwar die guten, die selbst in großen Bünden unter der Decke hingen. Schließlich hat dann noch jemand eine Zigarette mit Virginiatabak darüber gebröselt. Am Gaumen dann wirkt der Wein viel weniger oxydativ. Das gilt auch für den 2010er, bei dem vor allem am zweiten Tag die Virginatabaknoten voll durchkommen während der fast braune Apfel etwas in den Hintergrund tritt. Trotzdem hat man in der Nase dien reifen, süßen Noten von überreifem Kernobst. Süße auch am Gaumen, obwohl der Wein ziemlich durchgegoren sein dürfte. Man hat ihn sehr reif gelesen und trotzdem hat der Wein um die 12% Alkohol und eine sehr präsente Säure. Das strafft ihn, gibt ihm Druck trotz der Reife. Gerade beim 2010er fügt sich das zu einem harmonischen Gesamtbild. Dem 2009er merkt man an, dass er komplett ohne Schwefel verarbeitet wurde, er präsentiert sich etwas müde, während der 2008er noch in voller Pracht da steht, reif, dicht, tief, wie ein Tawny-Port-Rosé – aber ohne den Alkohol. Die Walnussnoten aber sind da und verbinden sich am Gaumen mit reifen roten Früchten und mit diesem etwas austrocknenden Zug bei dem ich immer glaube, der Wein muss mal eine Zeit im Ton oder so gelegen haben – hat er aber nicht. Das alles ist wild und ungewöhnlich und wunderbar. Solche Weine findet man einfach sehr, sehr selten.
Die aktuellen Jahrgänge des Vinudilice und anderer Weine der Winzergruppe findet man vinaturel, der 2013er ist aber schon ausverkauft denn e sgab lediglich 300 Flaschen. 2008, 2009, 2010 und Spumante gibt es bei I Vigneri/Gallo Nero für um die 40 Euro auf Anfrage.
Vielen Dank an Annette für die Ausrichtung der Weinrallye in diesem Monat. Bei ihr findet man hier auch den Hinweis auf alle anderen Beiträge.
[…] salzig-mineralisch, hat eine klar definierte feine Säure und eine brillante Länge. Mochte ich den Vinudilice von Salvo Foti schon ausgesprochen gerne als Vertreter der kräftigeren, kantigen Art, so ist das […]
Nach diesem Beitrag möchte man den Wein am liebsten gleich verkosten. Vielen Dank für die vielen Informationen und die super Beschreibung!