Rosé-Sommer: Cask-Force – 2010er Pinot-Rosé aus dem Fass

Ist Rosé eigentlich was für jetzt und gleich oder lohnt es sich, den Wein in den Keller zu legen? Bei 99,5% des weltweit produzierten Rosé dürfte es die Qualität des Weines wohl kaum verbessern, wenn man ihn Jahre im Keller verschwinden lässt. Bei einigen wenigen, ambitionierteren Exemplaren jedoch macht das durchaus Sinn. Wer den Herrenhof Lamprecht Pinot Rosé 2010 von Gottfried Lamprecht in seinem Frühstadium probiert hat, dürfte die gleiche Idee gehabt haben. Der Wein war zwar damals schon gut, doch hatte der Wein so viel Rückgrat, Kraft und Säure und darüber hinaus noch Holz, da klar war: Es macht Sinn, den Wein wegzulegen. Das Gleiche gilt für den ebenfalls im Holz ausgebauten Enderle & Moll Spätburgunder 2010. Auch dieser Wein hat so viel Holz gesehen, dass sich dieses erst einmal integrieren wollte.

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Vier Jahre hatten die beiden nun auf dem Buckel, eine lange Zeit für Rosé und für beide Weine auch eine Grenze, nach deren Überschreitung es nicht mehr besser werden dürfte. Als wir die Weine im Juli geöffnet haben, waren sie jedoch gut drauf und haben großen Spaß gemacht. Der Ausbau des Rosé im Holz führt zu einer Verwandlung hin zu etwas, was dem Rotwein ähnlich ist und doch mehr Leichtigkeit, mehr Schwebendes hat. Bei beiden Weinen ist es so, dass sie ihm Idealfall hätten Rotwein werden sollen. Doch der Jahrgang und das jeweilige Mikroklima im Weinberg gaben das nicht her.

Gottfried Lamprechthier der Podcast mit ihm – hat seine Pinot-Reben 2005 am Buchertberg gepflanzt. Der Winzer aus der Steiermark hat insgesamt junge Anlagen, da er vor etwa zehn Jahren erst wieder begonnen hat, im Heimatort Wein zu machen. Der Pinot ist eine Rarität in diesem Teil der Steiermark. Und so ungewöhnlich seine Pinot-Abüllungen sind, so selten ist erst recht ein Pinot-Rosé. Die Trauben für diesen Wein wurden angepresst und vier Tage auf der Maische belassen. Der spontan vergorene Wein hat dann im gebrauchten Barrique gelagert und ist im Juni 2011 abgefüllt worden. Zum ersten Mal habe ich den Wein damals ziemlich jung getrunken. Damals war der Wein noch ziemlich primärfruchtig. Das ist jetzt weg. Zurückhaltendes Holz trifft hier auf Trockenkräuter und die Früchte gehen eher in Richtung Hagebutte und Berberitzen. Gerade letztere, mit  ihrem leicht säuerlichen Geschmack, den der Wein ebenfalls immer noch besitzt. Jedenfalls hat er eine ziemlich gelungene Struktur und eine schöne Länge.

Bem Spätburgunder Rosé 2010 von Enderle & Moll liegt der Fall ähnlich. Was an Traubenmaterial nicht hundertprozentig in den Pinot passt, wird Rosé. Die Trauben werden für diesen Rosé im Weinberg wie im Keller genau so behandelt, wie der Rotwein – nur dass natürlich der Saft früher abgepresst wird. Der Ertrag im Weinberg liegt bei um die 40hl. Entsprechend konzentriert ist die Frucht und Würze dieses Weins. Auch hier haben sich die primärfruchtigen Erdbeer- und Himbeernoten längst abgeschliffen. Das Holz ist deutlich präsenter als beim Rosé vom Herrenhof. Hinzu kommen auch hier trockene Kräuter, vor allem Minze, die auch beim jungen Rosé von Enderle & Moll immer präsent ist.

Unterm Strich sind das beides Rosé-Vertreter, wie ich sie mag. Sie schaffen genau die Balance zwischen ernstfhaften, kräftigem, relativ komplexem Wein und der frischen Leichtigkeit, die ich vor allem im Sommer gerne habe. Zudem passen sie exzellent zu Sommerküche und Grill. Wer einen solchen Wein lieber primärfruchtig haben will, trinkt ihn besser jünger. Wer mehr Tiefe und Balance haben will, warte zwei, drei Jahre ab.

 

2 Kommentare

  1. Michael van den Höövel

    Ich habe vor Kurzem bei einer Kundenveranstaltung meines Unternehmens ganz zufällig den Winzer Volker Schmitt aus Worms-Herrnsheim kennen gelernt. Worüber sprechen zwei Weinnasen? Natürlich nicht über Frauen, Autos oder über die Vetreibung von Maulwürfen im heimischen Rasen, sondern über Wein. Im Laufe des interesanten Gespräches fragt mich Markus Schmitt, ob ich die Rebsorte Albarino kennen würde. “Klar”, sag ich und denke an Vinho Verde oder an die Region Rias Baixas. “Ne, aus Herrnsheim – ich hab wohl den einzigen Albarino in Deutschland!Ich schick dir mal ein Muster.”
    Albarino (oder Alvarinho, port.), “die kleine vom Rhein”. Der Legende nach brachten deutsche Mönche die Rebsorte im 11. Jahrhundert übder den Jakobsweg nach Galizien…
    Schade, eine wunderbare Story, die leider, leider eine schöne Legende bleibt. Seit einer DNA-Analyse (… die machen auch wirklich alles kaputt) im Jahr 2003 ist klar, dass Albarino eine enge Verwandete der portugiesischen Rebsorte Loureiro ist und somit leider nix mit Riesling zu tun hat.
    Nun sitz ich vor der Flasche mit deutschem Albarino aus Rheinhessen, mein lieber Volker Schmitt (Jg. 2013, 12,5 Vol.%). Sieht sehr cool aus im Glas – ein gelb-goldenes, klares Farbenspiel. Jetzt wird es immer spannender. Die Nase zeigt klares Aromenprofil vom Sauvignon-Blanc. Etwas Stachelbeere, grasige Noten und ein Hauch Gartenkäuter. Dazu grüßt aus dem Hintergrund der Hollerbusch. Sehr jugendlich & frisch. Zitrone und Grapefruit als erster dominierender Eindruck am Gaumen, Orangennoten mit Pfirsich, sehr trinkig, da der Wein nicht knochentrocken ausgebaut wurde.
    Ich bin positiv überrascht, zumal der Wein nicht breit, sondern eher schlank und spritzig rüberkommt.
    Die weiteren Versuchsjahre und (leider) die zunehmende Klimaveränderung werden bestimmt die noch etwas zurückhaltende Filigranität oder Feingliedrigkeit in den Vordergrund fördern und das mir etwas zu starke grasige Aromenspiel vergessen lassen.
    Dennoch toller Spaß im Glas, mein lieber Herr Schmitt.

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