Der Grand Prix der Großen Gewächse 2024 – Tag 2: Mosel, Saar und Ruwer

Riesling Mosel

Nachdem ich in den letzten Jahren den Riesling von der Mosel etwas stiefmütterlich behandelt habe und die meisten Weine zum Ende der drei Tage Verkostungsmarathon nicht mehr geschafft habe, ziehe ich das Gebiet diesmal vor. Es gibt allerdings in diesem Jahr erstaunlich viele Fassproben, die ich mal weitgehend hintenanstelle. 

Von den bereits gefüllten Weinen des Weinguts gefällt mir der Heymann-Löwenstein 2023 Winningen Röttgen am besten. Dieser Wein erzeugt eine wunderbare Balance zwischen Moselaner Leichtigkeit und Duftigkeit, sowie der Erdigkeit und Steinigkeit dieser herausragenden Lage. Es ist ein Wein der schwebt und doch geerdet ist, wie ein sonniger Frühlingsmorgen, wo der Nebel aus dem Fluss und die Feuchtigkeit aus den Parzellen steigt. Ganz fein und klar ist die Frucht, die sich dann mit der Gesteinswürze verbindet. Die Säure ist brillant und klar, fügt sich ein in den recht leichten Körper, der aber von feiner würze und Mineralität untermauert wird. 

Bei Clemens Busch sind fünf Weine gefüllt. Der Clemens Busch 2023 Pünderich Marienburg ist auch in diesem Jahr wieder ein Wein, der eher grüne (aber reife) Noten nach vorne stellt. Es duftet nach Fenchelgrün und Minze, Limequats und Äpfeln mit Schiefernoten. Am Gaumen bietet der Wein viel Saft mit zitrischen Anklängen, grünen Birnen und Reneklodensowie ein wenig Hefe, was von viel Energie durchzogen wird. Der Wein wirkt noch scheu, leicht rauchig und feinsaftig mit einer tänzelnden Säure. Clemens Busch 2023 Pünderich Marienburg Fahrlay präsentiert sich ganz anders, nämlich mit leichter süße und exotischem Duft, der sich mit Schieferwürze und Rauch mischt. Am Gaumen wirkt er recht rund und saftig mit einer zwar eher dezent Säure, die aber von einer vibrierenden Mineralität und Schieferwürze begleitet wird, so dass der Wein trotzdem frisch und druckvoll, dabei elegant und nobel wirkt. Gleichzeitig gibt es hier Extrakt und Festigkeit. Der Clemens Busch 2023 Pünderich Marienburg Fahrlay Terrassen zeigt da viel weniger Frucht und auch keine Exotik. Dafür mehr Rauch und mehr Schiefer mit ein Paar Spritzern Zitrone und Apfel. Am Gaumen wirkt der Fahrlay Terrassen knalltrocken, saftig und mundwässernd mit leichter Salzigkeit, leicht phenolisch und steinig. Das ist immer ein extrem purer Gesteinswein. So auch in diesem Jahr. Weglegen und später die Tiefe und Größe genießen. Der Clemens Busch 2023 Pünderich Marienburg Falkenlay präsentiert sich wiederum unterschiedlich (so wie es sein soll). Er wirkt im Duft wärmer mit rotem Apfel und etwas Lanolin sowie einem Hauch von Zimt. Am Gaumen wirkt der Wein etwas extraktsüßer, mit vergleichsweise viel stoffiger Frucht und etwas Hefe. Die Säure ist verhaltener, erfährt aber wiederum von der Mineralität und Steinigkeit einen „Uplift“, so diese Allianz für Frische sorgt. Der Clemens Busch 2023 Pünderich Marienburg Rothenpfad schließlich eröffnet noch einmal eine neue Facette dieser faszinierenden Kollektion. Neben Rauch und Petrichor, Apfelschalen und etwas Thymian gibt es hier rote Beeren und eine eher dunkle Anmutung. Der Wein besitzt am meisten Kraft und Extrakt von den Weinen der Kollektion. Frucht ist hier Nebensache. Es geht um Textur und Struktur, das Eisenoxid im Schiefer, um eine elektrisierende Mineralität und Steinigkeit, mit Anklängen von Tabak, Apfelschalen, Grapefruitzesten und Extrakt. Das wird in einigen Jahren ein großer Wein sein.

An der Mittelmosel haben mir folgende Weine besonders gut gefallen: Der Fritz Haag 2023 Brauneberg Juffer gefällt mir einen ticken besser als die Juffer Sonnenuhr. Das steckt viel Potential drin. Der Wein bietet eine ganz klare, helle Frucht und als Gegenpol eine deutliche Schieferwürze. Die Brücke bildet eine brillante, schon sehr gut integrierte Säure, die Druck und Spannung aufbaut. Sie schiebt den Riesling nach vorne, die Extraktsüße wird zerstoben und im Finale bleibt die Würze mit leichter Salzigkeit. Ähnlich brillant wirkt der Schloss Lieser – Thomas Haag 2023 Wehlen Sonnenuhr Riesling wirkt blütenduftig, hell, klar, leicht rauchig mit einem Hauch von Flüchtiger. Am Gaumen findet sich Frucht mit Fruchtsüße und einem leichten Hefeschleier. Das wirkt stoffig, saftig und sinnlich. Das würde alles irgendwie lieblich wirken, wenn die Säure nicht aus der Tiefe geschossen käme und das ganze Felsgestein nicht gleich mitbringen würde. Sie räumt das Fruchtige ab, ohne dabei zu brachial vorzugehen. Stattdessen verbindet sich alles, verwirbelt am Gaumen und verebbt in einem langen Finale. Ähnlich gut gefällt mir das Schloss Lieser – Thomas Haag 2023 Piesport Goldtröpfchen, das zunächst noch fruchtiger und hedonistischer wirkt, zum Finale hin aber ähnlich viel Spannung aufbaut. Es folgt eine gelungene Kollektion von Grans-Fassian mit einem Grans-Fassian 2023 Dhron Hofberg mit dezenter Kräuteraromatik, angenehmer Festigkeit am nicht zu fruchtigen Gaumen und einer guten Spannung im Finale. Das Grans-Fassian 2023 Piesport Goldtröpfchen wirkt nicht so hedonistisch wie bei Schloss Lieser, ist fester gewirkt, etwas dunkler in der Würze, steiniger besitzt aber ähnlich viel Spannung. Kühl, kräuterbetont, leicht minzig und zitrisch wirkt die Grans-Fassian 2023 Trittenheim Apotheke im Duft. Am Gaumen zeigt sich der erwartet fest, ebenfalls zitrisch mit leichtem Druck und Schiefer. Das braucht noch Zeit, hat aber sehr gute Anlagen. Der Grans-Fassian 2023 Leiwen Laurentiuslay ist da viel offener, fast süffig mit ein bisschen Bitter Lemon, mundwässernder Salzzitrone, Gestein und leichtem Rauch. Das hat Druck, das hat Trinkfluss und wirkt ganz geradlinig und präzise. 

Nun die Weine der von der Ruwer, beginnend mit dem Karthäuserhof Eitelsbach 2022 Karthäuserhofberg, der kaum überraschend eine ganz andere Aromatik zeigt. Das GG wirkt hell in der Frucht mit Noten von Zitronen und Reineclauden, ein wenig Minze und anderen Gartenkräutern. Über allem liegt ein wenig Gesteinsrauch und vielleicht ein Hauch von Reduktion. Am Gaumen ist der Wein in angenehmer Weise schlank und drängend mit einer druckvollen Apfelsäure und vielen herben Noten. Da ist viel Spannung drin und eine schöne Präzision. Vor allem wirkt der Wein im Finale knalltrocken. Weiter geht es zu Maximin Grünhaus. Der Maximin Grünhaus 2023 Mertesdorf Bruderberg bietet ebenfalls viel Spannung am Gaumen. Auch das ist ein angenehm auf das Wesentliche reduzierte, trockene GG mit Druck und zitrischer, mundwässernder, salzige Saftigkeit, in die sich zerstoßenes Gestein mischt. Lediglich die reife Zitrone sorgt hier für einen Hauch Süße. Der Wein wirkt wirkt fest gewirkt und extraktreich. Eine Spur Cremigkeit sorgt hier für ein nonchalantes Finale. Der Maximin Grünhaus 2023 Mertesdorf Herrenberg geht im Duft ein wenig mehr in eine Bitter-Lemon-Richtung, die man auch am Gaumen findet. Dazu kommt ein Kräuterauszug mit etwas Wacholder. Am Gaumen ist er noch etwas präsenter, genau karg (im positiven Sinne), steinig und druckvoll, bleibt aber bis zum Schluss etwas mehr auf der Bitter-Lemon-Seite. Der Der Maximin Grünhaus 2023 Mertesdorf Abtsberg schließlich zeigt in der Nase noch wenig, ist auch am Gaumen noch scheu in der Aromatik. Aber was darunter liegt, ist erhaben, tief würzig, dunkel, fest. Da ist viel Stoff, Extrakt, Würze und eine großartige Säure mit wunderbarer Länge. Das muss noch so richtig zum Leben erwachen. 

Von den neun GGs von Van Volxem habe ich mir drei ausgesucht. Der Van Volxem 2023 Wiltingen Scharzhofberger ist ein offener und einladender Wein. Er wirkt duftig und floral mit etwas Minze und viel Frucht inklusive kandierter Zitronenschalen. Am Gaumen ist der Riesling präsent und saftig mit leichter Fruchtsüße und pikanter Mineralität. Hier findet man feuchten Schiefer mit Kräutern und Zitronenschalen. Da findet sich eine strukturierte Opulenz, wenn ich das so sagen darf mit angenehmem Druck, viel Salz und Schieferwürze. Dabei behält der Wein seine saartypische Finesse. Van Volxem 2023 Wiltingen Scharzhofberger Pergentskopp wirkt dagegen zunächst noch heller, leichter, spielerischer. Doch auch hier nimmt der Wein eine Wendung hin zu schierer Schieferwürze mit Salzzitrone. Das ist lang, kraftvoll, druckvoll und jetzt schon bemerkenswert stimmig und lustvoll. Der Van Volxem 2023 Ockfen Geisberg ist das erste GG aus dieser historisch bedeutsamen Lage. Der Riesling wirkt im Duft noch schüchtern und erinnert an Birnen und Äpfel mit dezenter kräuteriger Schieferwürze. Am Gaumen aber dreht der Wein auf und verbindet direkt eine zitrisch reife, ganz leicht süße Frucht mit heb pikanten und zestigen Noten, wirkt lebendig und druckvoll, erstaunlich trocken und elektrisierend mineralisch. Dazu kommt die kristalline Säure mit salzig mundwässernden Noten. Auch wenn „Saarfeilser“ und „Geisberg“ nun GG acht und neun im Portfolio darstellen und ich ja eigentlich nicht so ein Fan dieser Menge bin, macht das hier doch Sinn und ist eine gelungene Ergänzung. Zum Schluss gibt es noch Wein von Peter Lauer. Nach sieben Stunden der Verkostung muss ich mit bei den drei gelungenen Weinen für einen entscheiden. Es sind drei ruhige, fast sanfte, aber stimmige und fast sensibel wirkende Rieslinge. Der Peter Lauer 2023 Ayl Lambertskirch wirkt leicht rauchig und phenolisch, feinfruchtig und auch leicht phenolisch am Gaumen. Dazu kommt auch hier eine deutlich rauchige Gesteinsnote und Würze, die Frucht, die zwischen Kernobst, grünem Steinobst und Agrumen pendelt. Weitgehend überlagert. Die Säure wirkt nicht drängend, sondern feingliedrig und durchziegt den Riesling auf dem in irgendwie ruhige, gesteinswürzige Finale. Das ist schön, das bleibt lange am Gaumen haften und prägt sich ein. 

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