Der Grand Prix der Großen Gewächse 2024 – Tag 3: Riesling Pfalz

Willkommen zum letzten Verkostungstag. Die Stimmung um 9h, der Saal ist zu gut einem Sechsten gefüllt um diese Zeit, aber das wird sich noch ändern, ist immer noch sehr gut, auch wenn manche schon über irritierte Zahnhälse klagen. 

Ich beginne heute morgen mit der Pfalz. Das sind 12 Flights mit fünf bis sechs Weinen. Los geht es im Zellertal mit dem Battenfeld-Spanier 2023 Zell Kreuzberg. Er bildet das Pfälzer Pendant zum Zellerweg am Schwarzen Herrgott. Der Kreuzberg ist zunächst einmal ein sehr duftiger Wein. Fast moselanisch wirkt er in seiner Floralität, der Kräutrigkeit und hellen Frucht, auch wenn er natürlich nicht die Schiefernoten besitzt. Am Gaumen präsentiert sich das GG kristallklar und hell in der Aromatik. Der Wein wirkt deutlich weniger dunkel als der Schwarze Herrgott. Doch auch hier findet man die tiefe, elektrisierende Kalkigkeit in Verbindung mit einer leichten Gesteinswürze. Das vibriert (noch) leise vor sich hin. Von der drei angestellten Kuhnschen Weinen gefällt mir der Philipp Kuhn 2023 Laumersheim Steinbuckel besonders gut. Das ist ein Wein von großer Geradlinigkeit und Präzision, ohne dass sich diese von der charmanten Art, wie er sich leicht cremig am Gaumen präsentiert abkoppeln würde. Der Wein wirkt zunächst kräuterlastig mit leichter Floralität, dann packt er zu mit gutem Grip, Säure und Würze im Finale. 

Weiter geht es Richtung Kallstadt. Bei Pfeffingen ist selbst der Riesling eine Scheurebe. Der Pfeffingen 2023 Ungstein Herrenberg, erzeugt von einem der Großmeister der Scheurebe, duftet nach Weißer Johannisbeere und Stachelbeere, etwas Zitrone und Gras. Auch Gaumen hat er diese Scheu-Duftige in Verbindung mit Säure, zestiger Pikanz und einem Hauch von Grasigkeit, die ihm aber gut steht. Der Wein ist nicht wahnsinnig komplex, aber mit gefällt die große Frische und Duftigkeit. Dagegen haben es die beiden Rings-Weine im Duft schwer, zu bestehen. Müssen sei auch nicht. Letztlich kommt es darauf, dass sie am Gaumen performen. Der Rings 2023 Kallstadt Saumagen tut sich für meine Begriffe noch etwas schwer, wirkt noch ein wenig bitter, man spürt Holz, oder ich glaube es zu spüren. Darüber liegt noch ein wenig Hefeschleier. Das kommt auf Wiedervorlage. Der Rings 2023 Kallstadt Annaberg präsentiert sich etwas balancierter, aber auch hier würde ich sagen, dass er noch sehr wenig verrät. Frucht findet man kaum, da ist stattdessen viel Salzigkeit im Spiel, ein rundes Mundgefühl und erst im Finale macht sich die Säure deutlicher bemerkbar und ebenso die Würze. Das bleibt dann aber ultralang am Gaumen, so dass ich sagen würde: das singt noch nicht, hat aber sehr viel Potential. Auch der Philipp Kuhn 2023 Kallstadt Saumagen wirkt noch unruhig und reduziert und nicht so offen wie die Laumersheimer. Aber auch hier spürt man vor allem im Finale die Ernsthaftigkeit, die Festigkeit, den Kalkdruck und die Würze mit einem Anflug von Rauch. 

Eines der wenigen Weingüter, die wirklich aus der Menge herausstechen ist das Weingut Odinstal. Andreas Schumann erzeugt dort Weine, die dem VDP sicher gut tun (in hätte mich auch wieder über GGs von Kai Schätzel gefreut), aber im Rahmen dessen, was es hier sonst zu verkosten gibt, ist das natürlich die maximale Ausdehnung des Raumes. Der Odinstal 2022 Wachenheim Odinstal vom höchsten Weinberg der Pfalz zeigt direkt, wie anders Riesling riecht und schmeckt, wenn im Keller low intervention passiert, nur der freilaufende Saft genutzt, also nicht gepresst und minimal geschwefelt wird, Die Nase wirkt zunächst flüchtig und mostig. Eigentlich braucht er eine Karaffe, aber wenn man ihm ein wenig Zeit gibt, verfliegen diese Töne weitgehend und es kommt eine klare Apfelfrucht mit etwas Zitrus und Stein hinzu. Am Gaumen ist er sehr präsent, leicht rauchig, herb, dann zunehmend saftig werdend mit einigem Kernobst und etwas Steinobst. Dabei bleibt er immer eher kühl, mit gutem Säuredruck, wird immer zitrischer, saftiger, salziger und wirkt dabei offen und einladend mit eleganter Würze. 

An der Mittelhardt geht es los mit Forst. Die sieben Weine aus dem Pechstein duften so unterschiedlich, als kämen sie aus sieben verschiedenen Ländern. Den Stil des Acham-Magin 2023 Forst Pechstein mag ich. Der Wein ist floral, leicht fruchtig und feinwürzig. Am Gaumen wirkt er unaufgeregt und in sich ruhend, auch hier leicht würzig, mit feinem Druck und guter Länge. Das ist kein tiefschürfendes GG, aber eines, das schon jetzt Freude bereitet. Das kann man beim 2023 Dr. Bürklin-Wolf Forst Pechstein noch nicht behaupten. Einfach, weil der Wein auch nicht darauf ausgelegt ist, jetzt geöffnet zu werden. Er ist noch scheu, verfügt aber, das wird schnell klar, über eine tiefe unterschwellige Kraft. Nicola Libelli hat den Wein, bz. Alle Weine der Weinguts ja immer stärker Richtung Textur und Struktur geführt und die zeigt sich hier am Gaumen schon in beeindruckender Weise. Es ist ein Wein mit Extrakt und Würze, einer gar nicht schneidenden sondern eher sanft (Milchsäure?) wirkenden Säure, die sich aber eindringlich ihren Weg bahnt. Dazu kommt etwas tief im Inneren Vibrierendes. 

Auch beim Jesuitengarten gefällt mir die Stilistik von Acham-Magin. Der Acham-Magin 2023 Forst Jesuitengarten ist wiederum ein unaufgeregter, sinnlicher Riesling mit ganz klarer Frucht und feiner Cremigkeit, in die sich der Säuredruck und die Kräuterwürze hineinschleichen. Das wirkt alle stimmig, erneut unaufgeregt, dabei lebendig und klassisch. Der Stil von Georg Mosbacher ist ja eher einer, der mich immer mal wieder zweifeln lässt. Aber in diesem Jahr wirkt die artifizelle Pfirsichnote deutlich milder. Dafür steht das Holz deutlicher im Vordergrund. Aber ein Wein wie der Georg Mosbacher 2023 Forst Jesuitengarten dürfte durchaus seine Liebhaber finden. Etwas Pfirsich, eine leichte Exotik, geschmirgelte Eiche, ordentlich saftig und würzig mit guter Länge. Das ist durchaus stimmig innerhalb dieser Stilistik. 

Der Dr. Bürklin-Wolf 2022 Forst Ungeheuer ist ein Wein voller spannender Gegensätze. Er duftet ein wenig nach Bierhefe und Malz, dazu nach nassem Stein mit Flechten, aber auch nach Blüten. All das aber gewohnt dezent, ohne große Ausschläge. Am Gaumen wirkt das ähnlich. Das ist ein dezenter Wein, der ganz auf Finesse hin ausgelegt ist. Aber es ist eben diese Feinheit, das Schwerelose, das Elegante und Subtile, das in seiner Harmonie und  Tiefgründigkeit eben viel Größer und Eindringlicher sein kann als so manche Fassprobe, bei der Wein direkt aus dem Holz stammt und laut schreit. 

Mancher Wein von Von Buhl ist wahrlich anstrengend hier in der Probe, aber den Von Buhl 2022 Forst Kirchenstück möchte ich hervorheben. Einfach weil er einfach so durchzieht mit Zitrone und etwas Limette, Kalk, Kreide und Kräutern, fester, druckvoller Säure, leichtem Gripp und vibrierender Mineralität. Ein extrem schnittiger, völlig schnörkelloser Wein mit exzellenter Länge. Gut gefallen tut mir der Georg Mosbacher 2023 Forst Freundstück, der so anders wirkt als die anderen Weine des Weinguts. Auch hier hat man einen schnörkellosen Wein mit klarer Säure und leicht salziger Saftigkeit im Glas, der hell und klar wirkt und nichts von der Fülle des Jesuitengartens aufweist. Die Weine des Weinguts zeigen dieses Jahr keinen durchgängigen Stil, aber so mancher Wein gefällt mir besser als in den Jahren zuvor. 

Erneut gibt es einen Flight, bei dem mir Dr. Bürklin-Wolf und Acham-Magin am besten gefallen. Okay, hier sind gleich drei Bürklins unter den sechs. Der Dr. Bürklin-Wolf 2023 Deidesheim Langenmorgen hat immer eine ganz spezielle Nase von leichtem Pyrazin und Trockenholz, von der man nicht auf den Rest schließen kann. Den am Gaumen hat er nicht davon. Da ist er ein sanfter Riese mit seidiger, und doch eindringlicher Säure, feinster Würze und nobler Textur mit leichten Anklängen von Tonic. Er zeigt Tiefe und Länge und wirkt schon sehr harmonisch. Der Dr. Bürklin-Wolf 2023 Ruppertsberg Reiterpfad – In der Hohl ist der der offenste und aktuell charmanteste unter den Bürklinschen Weinen mit feiner Frucht und Seidigkeit. Doch es bleibt nicht bei Samt und Seide. Plötzlich streut jemand feinstes Gesteinspuder darüber, der Wein gewinnt plötzlich an Festigkeit, die Säure nimmt Fahrt auf und wirkt zum finale hin zunehmend drängend. Ein spannendes Gemisch! Der Dr. Bürklin-Wolf 2023 Ruppertsberg Gaisböhl wirkt cremig und duftig mit leichtem Rauch, ganz ähnlich zum letzten Jahr. Am Gaumen aber ist er direkt fest und zupackend, mundwässernd saftig und salzig mit ganz heller Frucht, heller Würze, Gesteinsstaub und einem durchgängigen Grundrauschen der Mineralität. Der Acham-Magit 2023 Ruppertsberg Reiterpfad – An den Achtmorgen, wirkt dann wieder klassisch schön mit nicht zu viel Speck, aber saftiger Frucht, etwas Lanolin, viele Kräuterwürze und einer lebendigen Säure, die sich durch die Frucht verästelt und herbe Noten mit sich bringt. Das ist mundwässernd süffig bis zum Schluss. 

Mit Flight 49 gibt’s den sechs Mal Biodyn. 4 x Christmann und 2 x Rebholz. Es geht los mit A. Christmann 2023 Königsbach Ölberg – Hart und einem Wein, der ganz fein und dezent nach Pfirsichblüten, etwas gelber Pflaume und Apfel, Rauch und Gestein duftet. Das ist im Duft immer ein zunächst sehr zurückhaltender Wein. Am Gaumen zeigt er schon viel mehr, nämlich Charme in Form von seidiger Textur mit Frucht von Mirabellen und Aprikosen und einem Kontrapunkt in Form einer dunklen, steinigen und leicht phenolischen Komponente. Es ist ein ernsthafter Wein, der jedoch keinesfalls streng wirkt, dessen Textur, die von Creme zu feinem Schmirgel übergeht, ich aber sehr schätze. Der A. Christmann 2023 Königsbach Idig wirkt auf mich deutlich offener als 2021 oder 2022. Er wirkt von Beginn an leicht kreidig, eher limettig, dann blütenduftig mit feiner weißfleischiger Frucht. Am Gaumen besitzt er viel Spiel, ist saftig, hell, steinig und leicht zestig, aber auch hier ungewöhnlich charmant und offen. Schließlich wirkt er zunehmend elektrisierend mit angenehmer Festigkeit und großer Länge. Was für ein ungewöhnlich jugendlich charmanter Idig! A. Christmanns 2023 Gimmeldingen Meerspinne ist für mich immer das puristischste der GGs von Christmann. Es wirkt jodig, salzig, herb von Apfelschalen, steinig und leicht nussig. Am Gaumen aber kommt zu dieser zitrisch, steinig puristischen Anmutung eine feine Extratsüße hinzu, ein Hauch von saftigem Steinobst und eine seidige Textur. Dabei bleibt das Würzige, das Salzige, Jodige und Sehnige durchaus bestehend. Ein tolles Spannungsfeld. Der A. Christmann 2023 Neustadt Vogelsang schließlich ist ein weiterer energiegelandener, absolut druckvoller Wein, der aber ebenfalls nicht so puristisch ausfällt, wie in den letzten beiden Jahren. Das hier mag ich sehr. Es wirkt frisch, saftig, pulsierend, dunkelwürzig, helltönig und zitrisch in der Frucht, herb und zestig. Dazu aber kommt auch hier eine ganzleichte, charmante Extraktsüße und ein Hauch von Cremigkeit wie ein Sweetspot in salzigen Meeresbrise. 

Es geht weiter in den Süden der Pfalz mit dem Ökonomierat Rebholz 2023 Siebeldingen im Sonnenschein. Der Wein bietet leicht herb und tonisch wirkende Noten von Apfelschalen, Grapefruitzesten und nussige Noten im Duft. Am Gaumen bietet er einnen guten Säuredruck mit viel Energie. Hier wirkt der Wein wieder herb und zudem salzig. Der Muschelkalk verbindet die Kraft und Mineralität mit feiner Cremigkeit. Insgesamt bewegt sich der Wein auf einer leicht herben, tabakigen und nussigen Seite mit leichten Gerbstoff und viel Struktur. Der Ökonomierat Rebholz 2023 Siebeldingen im Sonnenschein – Ganz Horn wirkt etwas voller und saftiger mit deutlichen Kernobstnoten. Auch wirkt der Wein zunächst etwas sinnlicher und weicher, doch im Finale steht der Wein fest und präsent mit wiederum leichtem Gerbstoff, einer klaren Säure und Struktur. 

Der Theo Minges 2023 Burrweiler Schäwer gefällt mir in diesem Jahr sehr gut mit seiner seiner leicht öligen Schiefernote in der herben Kernobstfrucht samt Schalen. Am Gaumen wirkt er druckvoll, schieferwürzig mit einem Hauch von Weihrauch. Dazu gibt es eine gewisse Festigkeit. Aus gleicher Lage stammt der Ökonomierat Rebholz 2023 Burrweiler Schäwer mit ähnlichen Anlagen. Aber dieser Wein wirkt duftiger, floraler, auch fruchtiger. Beides findet man auch am Gaumen, wo die Frucht sich aber mit leichten herben Noten von Apfelschalen mischt. Die Maischestandzeit sorgt zudem für einen guten Grip am Gaumen und der Schiefer für eine lebendige Mineralik. Das ist ein balancierter, gleichwohl kraftvolles GG: Der Ökonomierat Rebholz 2023 Birkweiler Kastanienbusch ist für mich einer der schönsten Weine aus der Appellation. ER zeigt im Duft viel Würze, viel Gestein, blonden Tabak, dazu reife Zitronen und Grapefruits mit Schalen, dazu wirkt er leicht traubig und extraktreich. Am Gaumen ist er wiederum recht saftig, fast süffig und offen mit weißfleischiger Frucht und Zitrusnoten. Zum Finale hin wird er immer straffer mit leichtem Extrakt-Grip am Gaumen und gutem Säurezug. Ein großartiger Wein. 

Bleibt noch der tiefe Süden Richtung Elsass. Der Siegrist 2023 Leinsweiler Sonnenberg ist ein freudvoller Wein mit viel Saft, der durch unterschiedliche zitrische Noten in einer klar herb pikant zestige Richtung gezogen wird. Da ist ein bisschen Bitter Lemon der Wein wirkt aber weniger süß als das Softgetränk, hat vielmehr einen guten, trockenen Zug. Der Kranz 2023 Ilbesheim Kalmit wirkt gar nicht so südlich, sondern angenehm straff und zitrisch, kräutrig und steinig, aber doch auch charmant mit seiner ganz leichten Extraktsüße. Auf jeden Fall ist auch das ein balanciertes GG mit hohem Lustfaktor. Ich schließe mit dem Jülg 2023 Schweigen Sonnenberg. Das hat eine saftige Fülle, die trotzdem strukturiert wirkt. Ich mag diesen Cremeschnittencharakter, auf dem sich die Frucht ausbreitet, die ebenfalls zu einem größeren Teil aus sonnengereiften Zitrusfrüchten zu bestehen scheint, die wiederum etwas Zestiges und erfrischend Pikantes mit sich bringen. Dazu kommt ein leicht phenolischer Ton. Alles zusammen bereit eine abschließende Freude. 

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