Wie immer fehlt am dritten Tag ein wenig die Zeit und so fasse ich ein bisschen was von dem zusammen, was mir aus den verbliebenen Anbaugebieten besonders positiv aufgefallen ist. Es gibt also einen Appendix.
Der Aldinger 2023 Untertürckheim Gips Marienglas gehört, wie immer, zu den spannendsten Rieslingen aus Württemberg. Die Nase ist noch ein wenig diffus von der Reduktion geprägt, die in diesem Jahr aber deutlich zurückgenommen erscheint. Am Gaumen ich die besondere Säurespannung und Mineralität, die dieser Wein hervorbringt. Da ist enorm viel Druck dahinter, kein Gramm Fett, oder vielleicht doch genau das eine, das den Wein nicht karg, sondern saftig und lustvoll werden lässt, zusammen mit dem vielen Salz im Finale. Außerdem mag ich schon lange den Rainer Schnaitmann 2022 Uhlbach Götzenberg. Der Wein hat eine ganz klare Struktur, wirkt fest und steinig mit gutem Grip. Dazu kommt eine ganz feine Extraktsüße, die sich schön in die Gesteinswürze mischt. Ein bisschen Hopfen und Kräuter sind auch dabei. Der Wein wirkt kraftvoll und drängend. Aus dem Stettener Pulvermächer hat mir nochmals der Aldinger 2023 Stetten Pulvermächer am besten gefallen. Das ist so eine klare Linie, so eine Frische gepaart mit herben Noten, so eine Klarheit in der Gesteins- und Kräuterwürze gepaart mit Zesten. Eine Geradeauslauf auf Messers Schneide, dabei fest gewirkt und druckvoll. Sehr gelungen.
Der Matthias Müller 2023 Boppard Mandelstein ist ein bemerkenswert fruchtiger und saftiger Wein, ohne, dass das Fruchtige ausufern oder kitschig werden würde. Da paart sich Steinobst mit Zitrus, das ist saftig und wird dann steinig und zestig mit guter Länge. Das ist ein sehr gelungenes Mittelrhein-GG. Auch der Toni Jost 2023 Bacharach Im Hahn gefällt mir. Auch dieser Wein besitzt eine klare, saftige Mittelrhein-Frucht mit ein wenig anfänglicher Süße. Das ist ein Schmeichler mit viel Schmelz, dem aber gekonnt eine feine Säure und etwas Extrakt entgegengestellt wird. Dazu besitzt auch dieser Wein eine gute Länge.
Der Hey 2022 Naumburg Steinmeister gefällt mir sehr gut. Der hat eine Nase von reifem du grünem Apfel mit Schale, zudem etwas Selleriegrün und dann wiederum etwas Pfirsich. Am Gaumen wirkt er auskleidend und saftig, dann zunehmend rauchig mit feiner Würze und guter Länge. Der Böhme & Töchter 2023 Freyburg Edelacker präsentiert sich dagegen in der Nase viel sinnlicher mit Lemoncurd und Birnencrème. Am Gaumen sorgt eine präzise Säure dafür, dass die Cremigkeit nicht ausufert. Stattdessen wird der Wein würzig und wirkt im Finale eher feingeschliffen denn seidig. Der Martin Schwarz 2022 Radebeul Friedsteinwiederum wirkt ganz leicht medizinisch mit Kräuteranklängen und etwas Jod. Am Gaumen ist er sehreigenständig, leicht vegetabil würzig, saftig, eher rund aber gut von der Säure gepuffert. Da schwingt eine leichte Süße mit, die aber im Finale von herb zestigen Noten wieder eingefangen wird.
Der Robert Weil 2023 Kiedrich Gräfenberg ist ein prototypischer junger Gräfenberg. Es besitzt die Eleganz eines jungen Mannes aus gutem Hause. Da ist die saftige reife, noch etwas pompöse Stein- und Kernobstfrucht, da ist die feine Kräuterwürze, der kalkige Einschlag, ein Hauch von öligem Schiefer. Da findet man gleichzeitig eine sinnliche Säure, die einen gekonnten Bogen spannt bis ins durchaus druckvolle Finale. Da ist aber vor allem schon eine Balance, die die einzelnen aromatischen Facetten ganz ruhig und ausgeglichen miteinander verbindet. Prinz’ 2023 Hallgarten Schönhell ist ein gelungenes Rheingauer GG. Lebendig, ein wenig fordernd in der durchaus straffen Säure, dann durch die leicht süße Frucht in Balance gebracht mit einem Hauch von Malz und ein wenig Extrakt poliert. In sich stimmig mit tonischer Anmutung. Der Peter Jakob Kühn 2022 Mittelheim Sankt Nikolaus ist noch sehr zurückhaltend mit ein wenig Kernobst, blondem Tabak, Apfelschalen und Grapefruit. Am Gaumen ist das bekanntermaßen auch keine Fruchtbombe, sondern ein Wein, der viel Extrakt und Phenolik bietet, Kraft und eine vibrierende Mineralität. Das ist Gesteinswein mit mundwässernder Salzigkeit und pikant zestigen Noten, der neben aller Agilität auch immer eine innere Ruhe besitzt.
Die drei letzten Weine, diesmal aus Franken. Die Domaine von Rudolf Fürst ist unzweifelhaft der Burgund. Doch der Rudolf Fürst 2023 Bürgstadt Centgrafenberg macht auch Lust auf Riesling aus diesem Hause. Es ist ein Wein mit leisen Tönen. Ein Terroirwein mit ein wenig rauchigem Gestein, saftiger Kernobstfrucht und leichten Zitrusanklängen. Er ist fest gewirkt am Gaumen, trocken, steinig mit Extrakt, aber nicht uncharmant. Mit gefällt die Energie, die diesen Wein durchzieht. Der Am Stein – Ludwig Knoll Stetten 2022 Stein ist mal wieder ein echtes Einzelstück. In der Nase meint man Zitronenbrause wahrzunehmen, am Gaumen ist es immer noch zitrisch, aber alles andere als brausig. Dann wird das GG seinem Namen gerecht und man hat den Eindruck, dass die Zitrone über blankem Felsen ausgedrückt wird. Das hat fast etwas Brachiales, auf jeden Fall ist es fordernd und sehr pur, aber auch sehr cool. Neben dem Silvaner ist auch der Zehnthof Theo Luckert 2023 Sulzfeld Maustal Riesling ein eigenständiger, lebendiger, tiefer und unaufgeregter Wein mit cremiger, Frucht, leichtem Spiel und wunderbarer Balance. Es ist ein Wein, der in sich ruht, der selbstbewusst ist, aber niemandem was vormachen muss. Wein für gelungenes Finale.
Es folgt noch eine Zusammenfassung, bzw. Einschätzung.
[…] war auch aus den weniger großen Rieslinggebieten zu vermelden. Mittelrhein, Saale-Unstrut und Sachsen haben ein paar schöne GGs […]