Vùdù, Birrificio Italiano

Es ist schon erstaunlich, wie sehr ich mich in das Bier, welches gerade vor mir steht, hinein schnüffeln muss. Ich kann mich den ganzen Abend mit Wein und seinen Aromen beschäftigen, bei Bier bin ich normalerweise etwas oberflächlicher. Nicht, dass ich ein gutes Bier nicht zu schätzen wüsste, ganz und gar nicht, aber trotzdem ist die Aufmerksamkeit meist eine andere. Entsprechend fehlen mir ein paar Verknüpfungen im Hirn, die das Aromenspektrum von Bieren so abdecken, die Erinnerung an Gerochenes so abrufbar machen, wie es mittlerweile bei Wein der Fall ist – auch wenn es da natürlich ebenso immer wieder irgendwelche Aspekte gibt, die ich nicht einordnen kann.

Vor mir steht ein Glas mit Vùdù. Dieses Bier mit dieser etwas aztekisch, zumindest mittel- oder südamerikanisch aussehenden Maske und den Art Déco-Lettern bei denen ich nicht so genau erkennen kann, um welche Akzente es sich denn eigentlich genau handelt, ist ein Weizenbier. Dieses Weizenbier stammt nicht etwa aus Bayern, auch wenn Münchner Gerstenmalz verwendet wurde – neben Pilsener Malz, Röstmalz und Weizenmalz. Es stammt aus Marinone bei Como, also aus Italien. Da kann ich mir schon direkt das Naserümpfen vorstellen wenn so ein echter reinheitsgebietender Niederbayer daher kommt und sich diesen Exoten vornimmt. Laut Etikett dürfte das Bier dem Reinheitsgebot übrigens durchaus entsprechen, denn außer Malz und Hefe befindet sich desweiteren lediglich eine Hopfenart in diesem Bier und zwar genau gesagt das englische Huggle.

Agostino Arioli und sein Birrificio Italiano, der Macher des Bieres gehört zu jener stetig anwachsenden Zahl von Mikobrauern die sich mit ungewöhnlichen Ideen und charaktervollen Getränken dem Einheitsbrei der großen Brauereikonzerne entgegenstellen. Es sind mit sehr viel Aufwand und großer Hingabe gemachte Produkte die, auch wenn sie teils recht teuer sind, es auf jeden Fall Wert sind, probiert und unterstützt zu werden. Hier in Deutschland haben sich einige Liebhaber dieser Biere angenommen, die sich Braufactum nennen – die Namensnähe zu Manufactum kommt nicht von ungefähr. Im Angebot von Braufactum finden sich einige dieser Besonderheiten, von denen viele übrigens auf das Reinheitsgebot pfeifen – und zwar zu Recht. Ich finde ja, dass das eine überkommene Idee ist, die zusätzlich komplett scheinheilig ist, denn rein sind die Biere, die wir normalerweise vorfinden schon lange nicht mehr, abgesehen davon, dass die meisten davon ausgesprochen langweilig sind. Da wird für jeden Effekt Chemie genutzt, für die Haltbarmachung, für die Art des Schaums etc. Entsprechend finde ich den Umstand, bestimmte Zuckerarten, Gewürze oder Kräuter zu verarbeiten, viel ehrlicher.

Das Vùdù jedoch nutzt diese Möglichkeiten nicht, es braucht sie nicht, das Aromenspektrum ist schon wild genug. Allein die Farbe hat es schon in sich. Es ist ein Moccaton, etwas durchsichtig, wie ein etwas dünn geratener Kaffee, für ein Bier jedoch durchaus bemerkenswert, der Schaum erinnert in seiner Dichte ein wenig an Stout. In der Nase finde ich neben Malzaromen so etwas wie Bananenkaugummi; Banane, etwas Vanille vielleicht, Süße in Form von Zucker, wie er riecht, wenn man ihn in der Pfanne zu Karamell werden lässt.

Am Gaumen wirkt das unfiltrierte Bier frischer als gedacht, mit einer Note von bitteren Orangen, wieder Banane. Eine markante, vielleicht etwas unerwartete Säure kommt hinzu, dann Röstaromen. Neben der süßen Fruchtkomponente erinnert mich das ein wenig an geröstete Sauerteigbrot. Zum Schluss dann wird der Karamellton wieder stärker. Erstaunlich sind die zurückhaltenden sechs Prozent Alkohol. Der Dichte des Bieres nach zu urteilen, die an belgische Biere, beispielsweise einem Chimay Grand Reserve, hatte ich entsprechende acht oder neun Prozent erwartet.

Dieses Bier hat im Rahmen des World Beer Cups den ersten Preis unter den Weizenbieren gemacht. Ich weiss nicht, welche Konkurrenten es geschlagen hat, fürchten jedoch muss es bei dieser Qualität nicht viele.

Das Bier gibt es hier. Für € 11.99

 

10 Kommentare

  1. Jörg

    Die Braufactum-Biere gibt es auch bundesweit in allen “Frischeparadiesen”, u. a. in Hürth. Die gehören genauso zur Oetker-Gruppe wie die Braufactum GmbH. Spricht ja nicht gegen sie, ich wollte es nur erwähnt haben – zur Vorbeugung, falls jemand meinen sollte, wir hätten es hier mit idyllisch vor sich hin brauenden Kleinhandwerkern zu tun. Die Wertschöpfung hat jedenfalls schon mal Oetker’sches Format – 11,99 ist ja ‘ne sportliche Ansage für so’n Bier. Sind allerdings 0,75 Liter – na dann ist es ja fast geschenkt.

  2. Ach, dass Braufactum zu Oetker gehört, wusste ich nicht. Also Idyll, wenn überhaupt, nur auf Erzeugerseite.

    Die Preise sind gesalzen, ja, allerdings sind das ja auch keine Biere, die man im Kasten kauft, sondern welche für besondere Momente. Dafür finde ich das ab und zu ok. Ich gebe ja auch Geld für guten Wein aus, wo ordentlich dran verdient wird. Trotzdem, es ist schon seltsam, ein Sechser-Paket zu kaufen und so viel los zu sein wie sonst für Wein.

    In Italien habe ich das Bier in einem Shop für € 8.60 gesehen.

  3. Italien ist im Moment mit seinen Kleinbrauern ja eines der großen Innovationszentren. Manche geraten da allerdings an echte Geschmackgrenzen (probier mal die anderen, auch die von Baladin, stehen ja – soweit ich weiß – alle noch in der Karstadt-Vitrine). Aber interessant und begrüßenswert finde ich das allemal.

    Die Braufactum-Biere hatte ich übrigens hier schon mal alle getestet: http://chezmatze.wordpress.com/2011/05/19/braufactum-bierluxus-made-in-germany/

    Wenn ich jemals wieder in Kölle sein werde, kommst Du doch sicher auch mit zur Braustellen-Besichtigung, oder?

    (Noch schnell was zum angesprochenen Hopfen: “Huggle”? Meintest Du “Fuggles”? Die kritzeln ja immer so auf ihren Etiketten ;))

  4. Von den Braufactum-Bieren habe ich hier das Root. Das steht noch zur Verkostung an. Von den Baladins hatte ich drei und eins wartet noch. Eins davon fand ist ausgesprochen lecker, die anderen beiden waren ok und schon speziell. Marqueee hat auch schon gefragt, ob ich zur Braustellen-Besichtigung mitkommen würde: Klar, gerne! 🙂

  5. Nächste Woche weiß ich dann auch, ob ich am 17. wieder zurück nach Köln komme oder ob es gleich weitergeht. Die Braustelle würde mich aber schon sehr reizen…

  6. Christoph

    Gibt es für die Braustelle einen konkreten Termin?

  7. Nein, habe ich mich noch nicht drum gekümmert. Vorschlag: Sobald Matze weiß wann/wie lange er im Lande ist, machen wir einen Termin und ich spreche dann mit Sebastian Sauer von der Braustelle, ob er einen Abend Zeit für uns hat.

  8. Christoph

    Das ist eine gute Idee. Grüße, Christoph

  9. Christoph

    @Matze, Drauf steht natürlich Fuggle, wobei auf der eigenen Website Hallertauer Magnum steht. Es heisst übrigens Vudu weil sich das anhört wie W.Du. aka Weizen dunkel. 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert