Hach, schön! Da hat man eine Flasche Bordeaux aus einem heruntergeschriebenen Jahrgang wie 2002, man erwartet nicht viel und dann ist das klassischer Bordeaux wie er schöner kaum sein kann. So passiert mit einer Flasche Château Rollan de By, einem Cru Bourgeois aus dem Médoc.
1989 war das Château gerade mal zwei Hektar groß. Damals übernahm Jean Guyon den Besitz und hat ihn auf heutige 85 Hektar ausgebaut. Der Boden des im Norden des Médoc gelegenen Gutes besteht im wesentlichen aus Kalkstein, bestockt mit 70% Merlot, dazu 20% beider Cabernet-Sorten und 10% Petit Verdot. Wie man sich irren kann. Ich hätte geschworen, dass es sich hier um einen von Cabernet dominierten Wein handelt. Der Duft ist so klassisches Cabernet-Médoc: Etwas Cassis, etwas mehr Veilchen, viel Zigarrenkiste, etwas Grafit, etwas Salz, etwas Pfeffer, etwas Paprika und eine leicht eukalyptisch-medizinische Note. Alles sehr harmonisch, von keiner Komponente zu viel oder zu wenig. Das ist vom Duft her schon genau der Bordeaux, den ich liebe. Nichts Fettes, nichts überbordend Fruchtiges und Wuchtiges, nichts Konzentriertes sondern geradliniger, mittelgewichtiger Bordeaux mit leichter Finesse. Am Gaumen cremig, fast buttrig mit klarer Frucht, feinem Tannin und einem Holz, das Struktur gibt, sich aber deutlich im Hintergrund hält. Das alles entwickelt sich bei moderaten 13% über den ganzen Abend weiter. Der Wein spielt in seiner Tiefe und Komplexität genau in der Liga, in der auch antritt, dürfte einige qualitativ minderwertige klassifizierte Gewächse deutlich hinter sich lassen bei dieser momentanen Entwicklung und gehört für mich zu den schönsten Bordeaux, die ich seit längerer Zeit in dieser Preisklasse getrunken habe, von Jahrgangsschwächen in diesem Fall keine Spur.
Allerdings, das muss man ja mal sagen, sollte denen mal jemand ‘nen Vernünftigen Grafikdesigner vorbei schicken, das Etikett geht ja gar nicht.