Carsten Sebastian Henn präsentiert im Weinhandelshaus Siegburg den 2009 Cru de Bois vom Weingut Johner. Ein Gastbeitrag von Siegfried Lenz.
Schöne Bescherung! Letzte Woche wurde der aktuelle Wein der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft an die Abonnenten ausgeliefert, wenige Tage später gab es die im wahrsten Sinne des Wortes, einmalige Gelegenheit, den Wein im Beisein von Carsten Henn in einer öffentlichen Verkostung zu probieren.
Alle Jahre wieder, und nun zum vierten Mal, darf sich eine kleine Zahl von Weinfreunden glücklich schätzen, an wenige Flaschen eines ziemlich exklusiven, sehr individuellen und in kleiner Stückzahl von namhaften Winzern produzierten Weines zu kommen.
Initiator dieser Schätze ist Carsten Sebastian Henn der der Gesellschaft vorsteht, die im Wesentlichen aus einem Großteil seiner Familie besteht. Mehr drüber hier.
Henn ist in erster Linie Weinjournalist, arbeitet für den Gault Millau, inzwischen auch als stellvertretender Chefredakteur, ist für das Weinanbaugebiet Nahe zuständig, schreibt für Vinum und andere Publikationen, verfasst Weinbücher, Bilderbücher, Krimis, geht auf Lesereisen, bewirtschaftet mit Freunden an der Terrassenmosel einen Steilhang aus dem er im nun zweiten Jahr den Riesling Mannwerk herausholt, ist Familienvater und versucht nebenher mit der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft seinen Ideen und Visionen von dem, was beim Wein noch so geht, Ausdruck zu verleihen.
Keine langfristig angelegten Planungen, begrenzte, gut überschaubare Mengen (nie über Tausend 0,75l Flaschen), größtenteils gesicherter Absatz durch ein Abonnentensystem. Dies gibt Henn und dem Winzer die Möglichkeit etwas zu wagen, wovon alle nur profitieren können.
Und gewagt wird wirklich etwas. Schon der erste Wein der Brüder Knipser aus der Pfalz, eine rote Cuvée deutscher Rebsorten aus unterschiedlichen Jahrgängen mit dem Namen „Roter Baron“ war ein voller Erfolg. Nicht weniger der „Neumond“ vom Weingut Keller aus Rheinhessen, von neuen Riesling-Reben aus der Lage „Abtserde“, der gefeiert wurde. Dann der Rosé aus Spätburgundertrauben von Friedrich Becker aus dem pfälzischen Schweigen, der aufzeigen sollte, dass auch in Deutschland ein Rosé wie im südfranzösischen Tavel gemacht werden kann. Dieser wurde kontrovers diskutiert und liegt wohl nicht ohne Grund bei den meisten Käufern immer noch im Keller(wie z.B. hier beim Schnutentunker nachzulesen ist).
Nun also der 2009 „Cru de Bois“ vom Weingut Johner aus Vogtsburg vom Kaiserstuhl. Der Name gibt den Hinweis auf die Besonderheit dieses Weines. In Frankreich wird der Pinot Noir durchaus auch schon mal für ein zweites Mal in neues Holz gelegt, in Deutschland wird dies bisher nicht praktiziert. Genau das hat Carsten Henn motiviert nach einem Winzer Ausschau zu halten, der dieser Praktik offen gegenübersteht und dessen Traubengut dieses Verfahren zulässt.
Baden sollte es sein, so Henn, und mit Patrick Johner fand er einen Partner der sich dieser Idee begeistert annahm. 12 Monate neue Eichen-Fässer und anschließend noch einmal für sieben Monate in neues Holz, das klingt nach einem Wein der derart „verholzt“ sein müsste, das ein früher Genuss wenig freudvoll wäre und bei längerer Lagerung zu befürchten steht, das das Traubengut dem nicht genügend entgegenzusetzen hätte.
Das dem nicht so ist, verdankt der Wein außer dem Können der Johners wohl auch, dass es ihm möglich war, durch das Neuholz genügend Luft aufzunehmen, wodurch er runder wurde, älter wirkt und das Holz dem reifen Traubengut ein wunderschönes Gerüst gibt, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Beim Schnuppern wird sofort klar: Das ist ein deutscher Spätburgunder. Holz ja, aber auch dunkle Beerenfrucht, Kräuter, leicht floral, alles sehr feingliedrig. Keine Wuchtbrumme mit Holzvertäfelung also, vielmehr ruht der Wein in sich und ist schon jetzt ein wirklicher Genuss.
Britta Thomas, Chefin des Weinhandelshauses Siegburg bekam von Carsten Henn zweimal die Antwort „Ja“ auf die Fragen, ob es noch ein paar Flaschen zum Verkauf gäbe und er nicht Lust hätte, den Wein am Samstag vor dem zweiten Advent dann auch vorzustellen?
Zum Vergleich hatte sie an diesem Tag vier weitere Flaschen geöffnet, u.a. den 2009 Pinot Noir Select von Wieninger, Wien, dessen Holzaromen deutlicher hervortreten als bei Johners Pinot. Der Wein ist insgesamt gefälliger und strahlt nicht die Eleganz des Cru de Bois aus. Ein schöner Wein zu einem tollen Preis-Leistungs-Verhältnis, also deutlich günstiger, aber keine Konkurrenz für den Breisgauer.
Anders war das dann allerdings beim 2009er Pinot Noir von Paul Achs, Burgenland. In der Nase sehr reduziert, am Gaumen ungeheuer straff und druckvoll, auch hier Holz, aber im Gegensatz zu den beiden Vorgängern zurückhaltende Frucht, sehr mineralisch, gute Balance, für die Zukunft gemacht.
Die beiden Österreicher wachsen vorwiegend auf Kalkböden, Johners Wein aus der Lage Bischoffinger Steinbuck auf Vulkangestein mit einem hohen Ton-Anteil. Vor allem im Vergleich mit dem Pinot Noir von Achs wird der Unterschied deutlich. Außer der Rebsorte haben diese drei Weine allerdings dennoch eine weitere Gemeinsamkeit: Alle drei wurden vom Falstaff annähernd gleich bewertet (Johner und Wieninger 92, Achs 93 Punkte).
Patrik Johner war neugierig und wollte wissen, was die Weinfachwelt von diesem Projektwein halten würde und hat ihn, ohne das Henn davon wusste, zur Verkostung beim Falstaff, dem Gault Millau und bei Vinum zum Deutschen Rotweinpreis angestellt. Bis dahin hatte der Wein noch keinen Namen, so gab ihm Johner kurzerhand die Bezeichnung CSH für Carsten Sebastian Henn.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Rudolf Knoll von Vinum rief Johner an, um ihm mitzuteilen, dass einer seiner Weine ins Finale gekommen sei: der CSH. Vom Gault Millau wurde der Wein als bester Johner-Spätburgunder mit 92 Punkten bewertet, die gleiche Bewertung kam vom Falstaff.
Eine wirklich schöne Bescherung also: Für Henn, der sich mit seiner Idee natürlich bestätigt sieht, für Johner ein toller Erfolg und eine Erfahrung, die er in der Zukunft für seine Rotweine möglicherweise nutzbar machen wird. Und vielleicht auch ein Anstoß für andere Winzer einen ähnlichen Schritt zu wagen. Uns Weintrinkern kann’s jedenfalls recht sein, denn wir sind schließlich die, die nur zu genießen brauchen.
Beim Öffnen von Johners Cru de Bois wird man nur ein leichtes Blopp hören, denn wie alle Johner Weine ist auch dieser mit einem Schraubverschluss ausgestattet und auch das nur 870 mal, denn mehr Flaschen gibt es nicht.
Umso schöner also, das das nächste Projekt schon längst angelaufen ist, die Trauben dafür schon geerntet sind. Wer aber hofft, im nächsten Jahr einen Schäumer aus den Trauben vom Weingut Dr. Wehrheim in Birkweiler zu erhalten, die im Betrieb von Volker Raumland ausgebaut werden, wird enttäucht sein. Zwar bekommt man auf der Web-Seite der deutschen Weinentdeckungsgesellschaft das noch weißgemacht, jedoch wird der Prickler das Hause Raumland, in dem wohl die besten deutsche Sekte produziert werden, nicht eher verlassen bis ein Spitzenprodukt in die Flaschen gefüllt werden kann. Deshalb dürfen die Trauben noch lange, lange auf der Hefe liegen und wir müssen uns gedulden. Dann aber wird es einen Jahrgangssekt geben der, soviel wollte Henn verraten, aus einer eher seltenen Assemblage bestehen soll und wieder ein echtes Unikat sein wird.
Aufs nächste Jahr darf man sich allerdings trotzdem freuen und das nicht zu knapp. Als Henn an Bernhard Hubers Tür im badischen Malterdingen klopfen wollte, stand diese für ihn schon sperrangelweit offen. Natürlich wollte Henn keine Geheimnisse ausplaudern, nur so viel: Ein Weißwein aus einer Rebsorte die nicht unbedingt in der ersten Reihe steht und einen nicht ganz typischen Ausbau erfahren wird.
Na also, die Suche nach weiteren Schätzen geht weiter und ich kann mich glücklich schätzen, schließlich bin ich einer der Abonnenten und frei nach Henn, der seine Kolumnen in Vinum ähnlich abschließt, behaupte ich: Bei der nächsten Bescherung wird wieder alles anders.
Dank dir für den kompetenten Beitrag, Siegfried! Der “Cru de Bois” ist mittlerweile nahezu ausverkauft – aber der nächste Wein kommt!