Als ich das Thema zur 9. Weinrallye las, das Harald Steffens vom Weingut Steffens-Keß in seinem Weblog veröffentlicht hat, stutzte ich unwillkürlich und fragte mich, was ich da wohl nehmen könne? Eigentlich habe ich so was gar nicht, einen Alltagswein. Ich trinke ja nicht alltäglich Wein und vor allem nicht im alten Sinn, so, wie früher in meinen Frankreichurlauben automatisch mittags die Flasche Landwein auf dem Tisch stand. Also wäre für mich eher der Wein gemeint, der in größerer Zahl in meinem Keller liegt und den ich allein trinken würde und in geselliger Runde, ein Schoppenwein, der immer passt, einer, der einen eigenen Charakter besitzt, aber doch nicht zu ausgeprägt ist. Und plötzlich war mir klar, welcher das sein würde; denn ich hatte gerade diesen Wein gefunden auf meiner Weinreise durch Südfrankreich, die ich in letzter Zeit als Sofareise, also eher gedanklich und kulinarisch als real begehe und die man hier, hier, hier und hier nachlesen kann. Und ich habe es mir bis zum jetzigen Tag aufgespart, diesen Wein zu präsentieren.
Es ist der Cado von Pierre Clavel. Pierre Clavels Copa Santa habe ich im Rahmen der letzten Südrfrankreich-Abende kennengelernt und ich war damals gespannt, was mich mit dem Cado erwarten würde.
Es ist der Wein, den ich jedem Gast einschenken möchte, der zu Besuch kommt, und zwar dem, der viel Ahnung hat, wie auch jenem, die wenig Ahnung von Wein hat, dem ersten, weil man sich mit diesem Tropfen zu keinem Zeitpunkt blamiert und wohl kaum einer darauf kommen würde, dass es sich um einen günstigen Wein handelt (bei Parker heißt das immer great value oder bargain), dem anderen, weil man mit diesem Wein überraschen kann, ohne zu tief in die Tasche greifen zu müssen. (No pearls for swine …).
Dieser Wein besitzt einen sehr eigenen Charakter, ist aber mit den meisten Geschmäckern sehr kompatibel, denke ich. Er besteht aus Grenache, Carignan und Syrah und ist ein typischer Vertreter Südfrankreichs – die Würze, die Dichte, die schwarzen Früchte. Dazu kommt eine schöne Mineralität und eine wirklich gelungene Balance. Und an jedem Abend, an dem ich diesen Wein öffnete, fand ich eine neue Geschmacksnuance. Mal war es Schokolade, dann war es Anis bzw. ein ganz leichter Veilchengeschmack, wie man ihn bei Salmiakpastillen findet. Dieser Tropfen ist wirklich erstaunlich komplex und die Weinbeschreibung des Händlers stimmt hier absolut, wie ich finde. Ebenfalls angenehm ist der vergleichsweise geringe Alkoholgehalt, 12,5 %, der ihn ebenfalls alltagstauglich macht und wo ich es auch nicht bereuen muss, wenn ich mal ein Glas mehr trinke. Dass der Wein Cado heißt, als Verkürzung von Cadeau, finde ich auch nett, denn auch als Geschenk ist er wirklich zu empfehlen.
Es ist ein Wein, den man ausschließlich bei Pinard de Picard bekommt, das muss ich ja nun dazu sagen, auch wenn ich es nicht gerne tue, weil ich keinen Weinhändler dem anderen vorziehen möchte. Als Einzelflasche kostet er 5,80 Euro, kauft man 12, bezahlt man gerade mal 4,80 Euro pro Flasche plus 5 Euro Versand. Und auch das hebe ich hervor, weil es selten ist, einen guten Wein für diesen Preis zu bekommen, zumal einen, der so viel Charakter hat.
Also, abgesehen von dem Umstand, dass ich nicht täglich Wein trinke, und dann, wenn ich Wein trinke, sehr gerne Neues ausprobiere – wenn das nicht so wäre, gäbe es dieses Weblog nicht –, ist das im Moment der Wein, den ich auf den Tisch stelle, wenn Freunde kommen, der Wein für gesellige Runden, der Wein, den ich als Geschenk mitnehme, und der Wein, den ich aufmache, wenn ich des Probierens müde bin.
[…] Rahmen der letzen Weinrallye habe ich ja schon den Cado, eine Zeit vorher den Copa Santa vorgestellt. Nun also den Rosé der gleichen Domaine. Und ich muss […]