Im Mayfields

Eigentlich hatte ich gestern vor, mit Florian Siepert, mit dem ich gerade auf seiner Plattform Opentrips eine kleine Loire-Genussreise plane, während meines Messeaufenhaltes in London endlich mal im Upstairs at the Ten Bells Essen zu gehen. Der Laden gehört nicht nur zu Florians Lieblingsrestaurants, ich kenne noch ein paar andere, begeisterte Anhänger. Nun hat jedoch vor zwei Wochen eine neues, kleines, so genanntes Nachbarschaftrestaurant geöffnet, von dem Florian nur Gutes gehört hat und was er gerne kennenlernen wollte. Also sind wir ins Mayfields gegangen. Da ich mich an der Hackney Road einquartiert habe konnten wir nach einem Abstecher ins Sebright Arms zu Fuß durch den sommerlichen Abend schlendern. Das Mayfields hat sich in einer ehemaligen Kebab-Bude einquartiert und pflegt einen offenen und völlig unprätentiösen Stil, der mir sehr entgegen kommt. Es ist völlig egal, in welcher Aufmachung Du dahin kommst, die Kellner sind so normal drauf wie Du und ich, die Teller kommen nicht aus dem Designlabor sondern sind so angerichtet, wie ich das mit etwas Mühe auch schaffen könnte. Überhaupt wirken die ganzen Gänge so, dass ich den Eindruck hatte, ich könnte im Prinzip alles mit meinen Möglichkeiten replizieren. Die Küche ist einsehbar und ziemlich einfach ausgestattet. Hier wird Wert gelegt auf den kleinen Kick der Kombinationen, auf die Überraschung, die hier jede Platte bringt. Nachdem wir gestern die Hälfte der angebotenen Gänge geschafft haben, waren wir uns einig, dass dies ein Laden ist – der Chef kommt übrigens aus dem Ten Bells – den wir auf jeden Fall weiterempfehlen wollen. Fotos gibt es nicht viele, denn dafür war es zu dunkel. Perfekt war es auch nicht, sie können noch an ein paar Dingen feilen, aber sie sind eben auch erst seit zwei Wochen am Markt und erst auf dem Weg Top of the Pops zu werden.

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Etwas nichtssagend waren die beiden Spargelgänge. Der weiße Spargel war kalt angerichtet und mit Miso, Grapefruit und sehr hellem, geriebenen Käse von erstaunlich wenig Geschmack. Auch nicht wirklich begeisternd war der grüne Spargel mit Butt, Pil Pil und Limone. Da fehlte das gewisse Etwas, eben jener kleine Kick, der die Platte besonders macht. Ein wenig ärgerlich auch, dass das Stück vom Schwein, das mit Chicorée, Anchovi- und Mandelsauce gereicht wurde, etwas zu trocken war. Das hätte man in der Küche sehen können. Schade deshalb, weil die Anchovi- und die Mandelsauce eigentlich genial gut gepasst haben und eine ungewöhnliche Kombination darstellten. Um noch mal zu meckern: Der Sancerre-Rosé von den Vignobles Gitton Les Crilles war ein Reinfall. Viel besser der später gewählte Furmint 2009 Tokaj Nobilis – frisch und leicht trotz Holz, mit schöner Frucht und einer angenehmen, leicht bitteren Note.

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Wirklich gut waren die Lammherzen mit grüner Sauce, der selbst hergestellte Ricotta mit Erbsen, Limone und Zucchini, köstlich die frischen Flugmangos und die kleinen Tomaten mit Chaat, die ebenfalls auf dem Teller anwesenden Erdbeeren waren dagegen weniger aromatisch. Die beiden Höhepunkte für mich waren die Jakobsmuscheln, die lediglich mit Limonen-Granita und Fenchelgrün serviert wurden, sowie das perfekte Stück Entenbrust mit Karotten-Haselnuss-Creme, Rhabarber und Radieschen. Das war beides einfach prima gemacht.

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Als Dessert stand auf dem Tisch eine Kugel Eiscreme von brauner Butter, ein ungewöhnliches Geschmackserlebnis, welches den Teller mit dem weißen Spargel deutlich aufgewertet hätte sowie eine Schokoladenmousse mit Kaffir-Blättern, Joghurt, Roggen und Sahne. Die Sahne war zuviel, stattdessen hätte man den Joghurt in ein Joghurteis umwandeln können, da wäre etwas mehr sensorische Spannung möglich gewesen. Aber was erzähle ich? Eigentlich bin ich ja Weinblogger und war nur zum Genießen dort – was ich absolut getan habe, trotz kleiner Kritik. So, wie der Laden schon gestern gebrummt hat, bedarf es auch kaum der Unterstützung eines deutschen Orchideenbloggers, aber über den Aufenthalt im Mayfields schreiben, wollte ich trotzdem.

Mayfields, Wilton Way 52, London E8

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