Gestern hatte ich spontan Lust auf Flammkuchen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann dies das letzte Mal so war. Aber bitte. Gestern hatte ich auch große Lust, abends einen Film von Won Kar Wai zu sehen. Das kommt bei mir häufiger mal vor. Der erste Wunsch konnte befriedigt werden, letzterer nicht, ich habe den Abend am Schreibtisch verbracht.
Gestern mittag im Büro erinnerte ich mich an den ausgesprochen gelungenen Flammkuchen eines Freundes, den dieser in rauhen Mengen zur Präsentation des Weinprojektes Mannwerk hergestellt hatte und sich dabei an einem Rezept der Lamiacucina orientiert hatte. Wie ihr selbst nachlesen könnt, braucht der Flammkuchen Zeit, also die Vorbereitung, denn der Kuchen wird mit Hefe gebacken. Es war klar, dass ich diese Zeit nicht haben würde, wenn ich um 18 Uhr zuhause einträfe. Es sei denn, wir hätten Flammkuchen als Nachtmahl zu uns genommen, doch das war nicht geplant. Bei der Suche nach einem Alternativrezept bin ich bei der Brigitte gelandet und der einfache Boden ohne Hefe war ein Volltreffer. Ich bin auch gar nicht so ein großer Fan von Hefe und dieser Boden war schmackhaft und ließ sich ohne Probleme genauso dünn ausrollen, wie ich es mag. Also 220 Gramm Weizenmehl, 100ml Wasser, ein Eigelb, drei Esslöffel Öl und etwas Salz. Das wars. Für den Belag gab es klassisch Crème fraîche mit Speck und Zwiebeln, vermengt mit Salz und Pfeffer. Köstlich. Ich habe übrigens, ich war etwas forsch bei der Sache, die doppelte Menge genommen, was zur Folge hatte, dass unsere Nachbarn auch noch mit Tarte flambé gesegnet wurden.
Diese elsässische Form der Pizza geht auf ähnliche Ursprünge zurück wie die italienische Form. Ein bäuerliches Essen ist das, das immer dann zubereitet wurde, wenn gebacken wurde. Um Brot zu backen, braucht man exakt die richtige Temperatur im Steinofen, bis diese erreicht war, hat man die Reste des Brotteigs genommen, ausgerollt und darauf gelegt, was gerade so da war. Da Milchprodukte in elsässischen bäuerlichen Betrieben immer vorhanden waren, hat man im Elsass Crème fraîche genommen. Im Süden Italiens sind Tomaten häufiger anzutreffen.
Als Weinbegleitung hätte sich angeboten, einen elsässischen Wein zu nehmen, zum Beispiel einen Edelzwicker vernünftiger Qualität. Allein, der war nicht vorhanden und so bin ich mal wieder in den Supermarkt gegangen, um mir eine Flasche von der anderen Seite des Rheins zu kaufen. Beim Rewe gibt es Weine, die von einem der seltenen Masters of Wine betreut werden. Die Serie heißt Jürgen von der Mark und der Wein ist ein Pinot Noir aus dem Jahre 2010. Ein badischer Wein, der aus Traubenmaterial hergestellt wird, das am Kaiserstuhl und in der Ortenau wächst. Er kostet €5.99 und ist ohne Frage der beste Rotwein, Spätburgunder erst recht, den ich im LEH für so wenig Geld bisher erworben habe. Der Vorgängerjahrgang war schon gut, dieser hier ist noch deutlich besser. Er hat alles, was einen Spätburgunder ausmacht. Er hat eine schöne Frucht, ohne dass diese zu vordergründig und überladen wäre, er ist nicht fett sondern hat eine gute Frische – lediglich als der Wein dann irgendwann bei hohen Außentemperaturen zu warm war, machte sich ein leichter Klebstoffton bemerkbar, doch das kann man dem Wein nicht vorwerfen, eher mir. Was diesem Wein wirklich gut steht, ist der moderate Holzeinsatz. Acht Monate lag der Wein in gebrauchten Barriques. Das Holz ist also zu spüren und gibt dem Wein Struktur. Gleichzeitig bleibt die Holznote im Hintergrund und drängt sich nicht auf. Bei aller Skepsis, die ich den LEH-Geschöpfen, die ja wirklich in Masse hergestellt werden, entgegen bringe – das ist ein Wein, den ich für diesen Preis nur weiterempfehlen kann.
Was übrigens, und dann komme ich auch zum Schluss, ebenfalls positiv auffällt, ist das wertige Etikette mit schöner Typo und matten Papier. Auch das ist in dieser Preislage nicht alltäglich. Und schließlich gibt es hierübrigens ein Interview mit Jürgen von der Mark auf der Rewe-Seite.
Merke gerade, dass ich viel zu unregelmäßig bei Dir reinschaue (jetzt, da ich keinen reader mehr nutze und das eigentlich und ansonsten als ganz befreiend empfinde): Den Spätburgunder hatte ich auch und trank ihn ähnlich gerne. Und die Häufung von Koch- und Esstexten in letzter Zeit gefällt mir gut.
Danke 🙂 Wenn es irgendwie geht, werde ich die Kombination regelmäßig bloggen. Das ist viel spannender als reiner Wein und spricht mehr Leute an.