Einer der ungewöhnlichsten, beeindruckendsten und auch besten Weine meines Rosé-Sommers ist für mich bisher definitiv der Roxanich Rosé 2009.
Das Weingut Roxanich an solches ist schon eine längere Beschreibung wert. Es ist eines der wenigen Weltstars unter den Weingütern des ehemaligen Ostblocks. Präziser gesagt liegt es in Istrien im früheren Jugoslawien. Dort hat Mladen Rožanic vor einigen Jahren ein komplett ungewöhnliches Projekt gestartet (erster Jahrgang 2007). Das große Problem im Weinbau der ehemaligen Ostblockländer ist ja immer noch das Verhaftetsein in alten Strukturen der Planwirtschaft inklusive einem Investitionsstau der oft nur durch externe Geldgeber oder heimische Weinenthusiasten überwunden werden kann, die im Ausland zu Geld gekommen sind. Es ist notwendig, die Zeit der Planwirtschaft und Gleichmachung zu überwinden und alte Traditionen mit moderner Önologie zu verbinden. Der letzte Satz hört sich an wie aus dem Marketingprospekt so vieler Weingüter, doch hier ist dies tatsächlich essentiell. Die Weinbautradition im Osten Europas ist ja viel älter als die im Westen. Bis hin zum schwarzen Meer wird seit 4.000 Tausend Jahren Wein produziert – bei uns erst seit knapp 2.000 Jahren. Entsprechend gibt es dort eine große Bandbreite an alten, ja uralten Rebsorten. Allein in der Türkei soll es um die tausend Rebsorten geben, die kaum mehr kultiviert werden, die aber neu entdeckt werden sollten. In Istrien gibt es weniger aber es gibt diese autochthonen Sorten und auch jene, die sich mit eher westeuropäischen Rebsorten gekreuzt haben. Eine davon ist beispielsweise die Borgonja, aus der der noch zu beschreibende Rosé entstanden ist.
Mladen Rožanic, der seinen Nachnamen mit dem Titel Roxanne von Sting kombiniert hat und somit einen international aussprechbaren Namen für sein Weingut gefunden hat, verbindet tatsächlich alte Weinbautradition (Tonamphoren, lange Maischestandzeit, alte Rebsorten) mit moderner Kellertechnik, Edelstahl und Temperaturkontrolle. Das Herzstück seines Weinguts sind aber nicht Edelstahl oder Amphoren, die dienen eher Experimenten. Das Herzstück sind uralte 50 und 70 Hektoliter Holzgärtanks und eine Batterie von großen bis kleinen Holzfässern aus regionalem Holz mit einem Volumen von 36 Hektoliter bis zum Barrique. Bekannt geworden ist er vor allem mit maischevergorenen Weinen wie Milva (maischevergorener Chardonnay) oder Antica (maischevergorener Malvasija Istrija). Heute bewirtschaftet das Gut 25 Hektar und gehört für mich neben Georgio Clai, Zidarich oder Radikon zu den erfahrendsten Orange-Wine-Produzenten, die für mich als erste gezeigt haben, welche Berechtigung dieser Weintyp wirklich hat und das – ganz nebenbei gesagt – vor allem als Essensbegleiter.
Mladen Rožanic, Foto Copyright Weingut Roxanich
Doch zurück zum Rosé. Die Rebsorte, die Rožanic für diesen Rosé verwendet hat, ist die Borgonja, und wie der Name schon vermuten lässt, hat diese Rebsorte tatsächlich etwas mit dem Burgund zu tun, denn eine der Elterntrauben ist der Pinot Noir, der sich irgendwann in Istrien mit einer anderen, wohl lokalen Trauben gekreuzt hat. Der Rosé ist knochentrocken (Restzucker ca. 1 Gramm) und hat jede Menge Gerbstoffe. Das ist kein schmeichelnd-duftiges Sommerweinchen sondern ein wirklich ernstzunehmender Wein, bei dem nur die Farbe noch daran erinnert, dass man ihn in die Kategorie „Rosé ist was für Mädchen“ einordnen könnte. Der Rosé verbindet auf sehr gekonnte Weise Frucht (Kirsche, Wald-Erdbeere, Hagebutte, Johannisbeere) mit einer Ahnung von Holz, mit einem leicht nussig-mandeligen Aroma, mit Mocca, mit Stein, mit Ton. Damit meine ich nicht, dass der Wein so schmecken würde, als käme er aus einer Amphore sondern eher, als hätte er eine Stunde vorher in einem offenen Tonkrug gestanden und hätte davon so etwas Trockenes, leicht Stumpfes. Das ist keineswegs störend, es ist nur besonders. Die Tannine sind präsent aber sehr gut eingebunden, die Säure ist voll da. Es gab dazu Merguez, Ziegenfrischkäse und leicht angegrillte Wassermelone – perfekt!
Den Wein hatte ich ab Weingut. Roxanich-Weine gibt es bei Orange Wines und mittlerweile auch bei Lobenberg. Den Rosé finde ich gerade nirgendwo aber es lohnt sich, das sollte klar geworden sein, Ausschau danach zu halten.
indeed, tolle Weine!