Spätestens zu Weihnachten gibt es hier immer ein paar Lesempfehlungen. Eigentlich sollten es im Laufe des Jahres viel mehr sein, und dann schiebe ich es doch immer wieder auf. Heute aber ist es soweit:
Auf die Hand von Stevan Paul
Im April hat Stevan unser Podcast-Gespräch genutzt, um zum ersten Mal sein neues Buch Auf die Hand anzukündigen. Seitdem ist eine ganze Welle durch die Medien gerauscht, es gibt ein eigenes Blog dazu und überhaupt ist das Buch in diesem Land genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen, denn der Stevan hat halt einen guten Riecher für Trends. Trotzdem liegt es natürlich auf der Hand (ha ha ha, Wortwitz!), dass ich das Buch hier noch mal vorstelle. Überall gibt es Bewegung, was Fastfood und Streetfood angeht, die eigentlich Slowfood sein möchte: Essen auf die Hand, das aber nicht hinuntergeschlungen werden soll, sondern das aus guten, frischen Produkten besteht und einfach schmecken soll, liegt voll im Trend.
Stevan stellt in seinem Buch nicht nur eine große Menge an Rezepten sondern auch Menschen vor, die genau dieses Essen auf die Hand anbieten. Das Spektrum reicht dabei vom Butterbrot mit selbstgebackenem Brot über die obligatorischen Burger-Varianten und Pastrami hin zur Küche des Mittelmeers und zu einigen asiatischen Varianten. Natürlich ist Auf die Hand kein Buch, in dem man bahnbrechend neue Rezepte entdeckt, das soll es aber auch nicht sein. Es sind eher die Feinheiten und die Umsetzbarkeit, die beeindrucken. So zum Beispiel der Wunderteig für Burger-Buns und Hot-Dog-Brötchen, die man einfach mal in dieser Form gebacken haben sollte, weil man sie dann immer wieder backt und keine anderen Buns mehr haben möchte. Auch der moderne Hamburger-Klassiker, den Stevans Freund Oliver Trific für einen Londoner Burger Monday kreiert hat, findet sich hier. Ganz und gar nicht unerwähnt bleiben sollte die kongeniale Zusammenarbeit mit der Fotografin Daniela Haug, deren Arbeit dieses schön gestaltete Buch mindestens so bereichert, wie die Schreibe und der Esprit von Stevan. Für Menschen, die auch selber mal was Schnelles für sich und vor allem für die Familie auf die Hand zaubern wollen, ist das genau das richtige Buch. Und es ist, nebenbei gesagt, ein Kochbuch, das zwar nicht speziell für Kinder geschrieben wurde, das aber besser ist als so ziemlich jedes Kinderkochbuch, das ich kenne. Denn das, was hier drin steht, schmeckt meinen Kindern von drei bis zwölf fast durchweg ausgezeichnet und sie können dabei helfen, die Speisen mit zuzubereiten. Das muss ein Kochbuch, das sich ja im Alltag bewähren soll, erst einmal schaffen.
Erschienen im Christian Brandstätter-Verlag, 248 Seiten, für € 34,90 erhältlich.
Der Weinatlas von Hugh Johnson und Jancis Robinson
Als ich Anfang der 1990er zum Wein kam, habe ich mir in rascher Folge zwei Bücher zugelegt. Das erste war der Kleine Johnson des Autors Hugh Johnson, das zweite war Der Große Weinatlas des gleichen Herausgebers. Dieses Buch hat mich lange begleitet und hat mir in Zeiten, in denen man noch nicht so schnell im www nach Informationen und Karten suchen konnte, die Weinwelt deutlich strukturiert und näher gebracht. Dieses Buch, das 1971 zum ersten Mal erschienen ist und ich mir in der Auflage von 1992 zugelegt habe, ist nun in der siebten Auflage erschienen. Neben Johnson erscheint auch die fast omnipräsente Jancis Robinson, die an mittlerweile mindestens drei Standardwerken der Weinliteratur (neben dem Weinatlas ist es Grapes und das Oxford-Kompendium), maßgeblich beteiligt ist. Der Umfang des Buches, das nur noch Der Weinatlas heißt, hat sich in den letzten zwanzig Jahren von 320 auf knapp 400 Seiten erweitert, was kein Wunder ist, denn die Weinwelt ist in dieser Zeit ebenfalls komplexer geworden. Wie damals auch schon, ist das Buch folgendermaßen gegliedert: Im ersten Teil gibt es einen knappen Aufriss zur Geschichte des Weins, zu Rebsorten, zu Terroir, zur Arbeit im Weinberg und im Keller und zu so praktischen Themen wie dem richtigen Servieren des Weins. Nach diesem 40seitigen Bereich geht es in die Gebiete. Allein 22 Seiten umfasst das Burgund. In den Karten findet man praktisch jede Einzellage. Zudem werden die Gebiete jeweils mit ihren Besonderheiten erklärt. Das spezifische Terroir, die Stilistik, Wettereinflüsse und diverse Winzer werden vorgestellt. Man erfährt, wie hoch die Durchschnittstemperaturen und die Niederschläge sind und welche Krankheits- und Umweltgefährdungen vorhanden sind.
Auch wenn ich selbst natürlich viel im Netz recherchiere, möchte ich auf ein solches Buch auch heute nicht verzichten. Wein wird mit Hilfe dieses Kartenmaterials einfach plastischer, Zusammenhänge offensichtlicher. Dabei muss ich zugeben, dass ich schon immer gerne durch Kartenmaterial geblättert habe. Ist ein solches Buch auf Grund der Kartenverfügbarkeit von Google-Maps deswegen so etwas wie ein Dinosaurier? Ich finde das nicht. Für mich bleibt der Wein-Atlas in Kombination mit Wein von André Dominé, dessen Neuauflage ich im letzten Dezember vorgestellt habe gerade für jene, die sich einigermaßen neu mit dem Thema beschäftigen, ein eindeutige Empfehlung. Für Profis dagegen bleibt es ein übersichtliches Nachschlagestandardwerk.
Das Buch ist im Hallwag-Verlag erschienen, hat 400 Seiten und kostet € 49,90.
Natural Wine – An introduction to organic and biodynamic wines made naturally von Isabelle Legeron
Isabell Legeron, französische Master of Wine ist die Frau, wenn es um die Promotion möglichst natürlich hergestellter Weine geht. Sie ist diejenige, die in London, und diesmal auch in Wien die RAW, den Salon für Naturweine organisiert hat. Sie gibt damit einer Bewegung Ausdruck, die in den letzten Jahren immer stärker geworden ist. Es ist die Bewegung der Produzenten und Verbraucher, die ein möglichst natürlich und nachhaltig erzeugtes Produkt namens Wein genießen wollen und dies vorzugsweise unkonventionell und ohne den sonst beim Wein üblichen Habitus. Das Buch Natural Wine ist das erste umfassende Kompedium über diese Szene, die sich für mich gleichermaßen aus großen Könnern und hoffnungsvollen Dilettanten zusammensetzt. Es gibt auf den Messen begeisternde Weine genauso wie mikrobiologisch gesehen höchst fragwürdige Weine. Das finde ich auch nicht weiter schlimm, auch wenn ich mir von ersteren mehr als von letzteren wünschen würde. Was vor allem passiert ist das Experiment, der Drang, Neues zu tun. Was hier ebenfalls passiert ist eine Veränderung in der Sensorik, eine Veränderung im Aromenspektrum und eine Veränderung dessen, was beim Wein für sauber oder unsauber gehalten wird. Das mitzuverfolgen, finde ich höchst spannend.
Das Buch beschäftigt sich dabei mit der Frage, was denn natural wine überhaupt umfasst und wie er möglichst hergestellt werden soll. Darüber hinaus werden diverse Winzer und ihrer Weine vorgestellt. Es sind insgesamt 140 solcher Weine, die einer genaueren Betrachtung unterzogen werden und insofern ist es natürlich nur eine Auswahl. Doch um einen Überblick zu erhalten, ist das schon ganz gut. Man muss nur schauen, dass man in diesem Buch selbst nicht den Überblick verliert, denn es ist ziemlich furchtbar überambitioniert und unruhig gestaltet. Empfehlen möchte ich es trotzdem.
Erschienen ist es bei CICO books, umfasst 224 Seiten und kostet € 16,95
[…] Originalverkorkt Blog […]
Hallo Christoph,
ich stimme Deiner Einschätzung der Bücher von Dominé und Johnson/Robinson zu 100% zu. Wenn man nur ein Buch über Wein kaufen will, dann sollte es “Wein” von Dominé & den hervorragenden Co-Autoren sein. Wünscht man ein zweites, dann führt am Wein-Atlas kein Weg vorbei.
Aber bekanntlich machen die Weine, die wir so degustieren nicht blind und so geht der Trend unweigerlich zum Drittbuch…
Frohe Weihnachten nach Hamburg und Glückwunsch zum jetzt erst von mir bemerkten Relaunch!
Thomas