Wer gestern durch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung geblättert hat, konnte sich mal wieder mit Aldis Weinangebot beschäftigen, genauer gesagt, mit einem Wein. Noch genauer gesagt, heißt er Naumachos, kommt aus Italien, hat in der Originalversion beim ehrenwerten Gambero Rosso zwei Gläser bekommen und war in der Auswahl für das dritte. Das ist eine Auszeichnung, die normalerweise durchaus für Qualität bürgt.
Damit wirbt Aldi Süd auch und ich zitiere: »Dieser Rosso Piceno zeichnet sich nicht nur durch das Prädikat “Superiore” aus, das nur durch höhere Anforderungen in der Weinproduktion erreicht werden kann. Darüber hinaus hat der Wein vom renommierten Weinführer Gambero Rosso auch die begehrten zwei Gläser, die “due bicchieri” […] Spitzenweine in bester Fachhandels – Qualität! Wir von ALDI SÜD bieten in unseren Filialen ausgewählte Weine hervorragender Qualität an. Weinanbaumethoden schaffen die Voraussetzungen für diese Wein – Qualitäten allererster Güte.«
Nun gibt es ein Problem. In verschiedenen Blindverkostungen, in denen Aldi-Naumachos verschiedener Tranchen mit dem Original aus dem Fachhandel verglichen wurden stellten, die beiden Autoren Cornelius und Fabian Lange erhebliche Qualitätsunterschiede fest. Der Wein vom Weinhändler: »Dunkel und kompakt, lässt er es mit seinem balsamisch verhangenen Bukett nicht an Frische mangeln, und auch die bekannte Montepulciano-Kraft durchpulst seinen intensiven Geschmack, in dem sich das Tannin seinen Biss bewahrt hat.« Der Wein von Aldi Süd »aber ließ jegliche Andeutung balsamischer Noten, voller Fruchtigkeit und Frische missen. Zudem wiesen die drei verschiedenen Lot-Nummern der Aldi-Weine große geschmackliche Schwankungen auf. Ihr Aroma erinnerte an nasse Pappe und gekochte Erdbeeren oder Kirschen.« Hinzu kommt, dass die Weine, auch chemisch gesehen nach Laboranalysen, nichts miteinander zu tun haben.
Wie kommt so etwas zustande? Der Weinmacher Giovanni Carminucci meint, er wisse nicht, dass sein Wein bei Aldi verkauft werde, hätte aber mal von einem Essener Gastronomen eine Anfrage über seinen Restbestand erhalten – das waren im Januar 2008 noch 4.000 Flaschen. Der Gastronom allerdings wollte ca. 50.000 Flaschen haben.
Es war nun auch ein Essener Gastronom, der diesen Wein an Aldi geliefert hat. Der Mann macht das schon seit Jahren und hat Aldi dem Anschein nach Weine mit originalem Etikett und originalen Papieren geliefert, so Aldi.
Kein Grund, kritisch zu sein? Nun, Aldi beschäftigt für die Qualitätssicherung den erfahrenen Master-Sommelier Markus del Monego und dessen Firma CaveCo. Dieser erhielt nur ein Muster des abgefüllten Weins, nicht aber mehrere LOT-Nummern. Dieses Muster hat del Monego im März mit 13,75 von 20 Punkten bewertet, was nicht im mindesten den zwei Gläsern im Gambero Rosso entspricht. Eine spätere Überprüfung im September 2008 wurde von ihm nur noch als »verkehrsfähig« eingestuft. Wenn dies einem Zwei-Gläser-Wein gerecht werden soll, stimmt eindeutig etwas in Aldis Qualitätssicherung nicht.
Wer nun letztlich für die wundersame Weinvermehrung mit Originaletikett verantwortlich ist, sei zunächst dahingestellt. Ich muss feststellen, dass das Zusammenspiel von Discount und Wein ein heikles war und bleibt und dass der Anspruch von Aldi Süd, auch im Qualitätssegment mitspielen zu wollen, eher der Gang durch ein Minenfeld ist. Wirklich schlimm aber ist, dass durch solche Praktiken im Zweifel ganze Weinbaugebiete in Veruf geraten, das Renommee eines Gambero Rosso beschädigt und man als Verbraucher schlicht an der Nase herumgeführt wird.
Noch mal: Man muss sehr viel Glück haben, beim Dicounter zu Discountpreisen ein ausgezeichnetes Qualitätsprodukt zu erhalten, welches immer nur in überschaubaren Mengen hergestellt werden kann. Geht doch bitte zum Einzelhändler eures Vertrauens. Lasst euch beraten und kauft dort euren Wein!
Zusammenfassung des Artikels von Cornelius und Fabian Lange, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.09.2008, Nr. 37 / Seite 62
Nachtrag: Nun ist er auch online, der Artikel.
[…] Dieser Artikel bezieht sich auf diesen Wein, dieser Information und diesem Kommentar. […]
..ist doch immer das gleiche Trauerspiel..
Wenn ich als Winzer gute Qualität zu bieten habe – und diese sollte bei 2 Gläsern nunmal vorhanden sein – gibt es keine Notwendigkeit den Wein günstig zu verschleudern. Eine Preisdifferenz von 30% sollte doch die Konsumenten stutzig machen, zu verschenken hat keiner was, am allerwenigsten die Diskonter!
Ja, aber da müssten die Konsumente ja erst mal wissen, was der Wein im Original kostet. Die meisten, würde ich unterstellen, werden das nicht nachprüfen.
[…] [via und via] […]