Weiter ging es in der ersten Liga mit dem Dom Ruinart von 1996, vom zweitältesten zum ältesten Haus der Appellation. Der Benediktinermönch Dom Ruinart stammte aus einer reichen Tuchhändlerfamilie und erkannte das Potential des Exports von Champagner in die Metropolen Europas. Allerdings war damals der Transport von Wein in Flaschen gar nicht erlaubt, sodass er auf das königliche Dekret vom 25. Mai 1728 warten musste, um seine Idee in die Tat umsetzen zu können. Nicolas Irénée Ruinart, der Neffe des Dom, gründete dann 1729 offiziell das Haus in Reims. Ruinart stellte schon 1735 den Tuchhandel ein, weil der Handel mit Champagner so gut lief. Sie haben den Tuchhandel bis heute nicht mehr aufgenommen.
Ein Blick auf die Website zeigt, wie unterschiedlich die Häuser sich heutzutage präsentieren. Zeigt z.B. Roederer den gediegenen Kunstsachverstand und die mögliche Eleganz, präsentiert sich Ruinart eher pompös und neureich.
Das kann man vom Dom Ruinart 1996 nicht behaupten. Die Cuvée aus Chardonnays der Grand-Cru-Lagen der Côte de Blancs und aus dem Norden der Montagne de Reims zeigt sich reif und gesetzt. Ein ausgeprägter Duft von Brotkruste und Walnüssen verbindet sich mit Pfirsichen und Birne. Im Mund sind es eher exotische Früchte, die das Ruder übernehmen. Der Champagner wirkt sehr ausgeglichen zwischen Eleganz und Frische, verschwindet schneller als der vorher probierte Taittinger, ohne dass es stören würde. Das liest sich nicht so, als wäre ich begeistert gewesen. Aber das stimmt gar nicht. Ich habe ihm am Abend mehr Punkte gegeben als allen Champagnern davor. Ist der Krug auch so etwas, was Parker “outstanding” nennt, mir kommt da ein Klavierkonzert von Rachmaninow in den Sinn. Beim Cômte de Champagne denke ich eher an Dvorak, dies ist hier die fast perfekte Aufführung einer klassischen Sinfonie.
Ja, dieses Spiel zwischen Eleganz und Frische hatte ich mir vor geraumer Zeit auch notiert. Ergänzt noch von der Anmerkung einer sehr schönen, cremigen Textur, die die Basis für das darüberlliegende Frucht/Säure-Spiel lieferte.
Denjenigen, denen sich die Möglichkeit dazu bieten sollte, würde ich übrigens einen Besuch der Keller des Hauses dringend empfehlen. Ruinart verfügt mit über die ältesten Keller in Reims. Eine wilde Mischung aus den heute üblichen Stollen und Gängen, geppart deutlich älteren Kavernen aus den Zeiten des Kreideabbaus, die zum Teil riesige, domartige Kuppeln bis an die Erdoberfläche bilden. Das ganze ist mit einem System von Gängen miteinander verbunden und teils dramatisch illuminiert. Wirklich sehenswert.