Der Grand Prix der Großen Gewächse 2022 – Teil 4, Spätburgunder Württemberg, Pfalz & Baden

Die großen Spätburgunder-Regionen sind natürlich die Pfalz und Baden und damit geht es dann auch im Teil 3 weiter. Allerdings widme ich mich erst den Württembergern, wo das Spätburgunder-Verkosten in den letzten Jahren sehr spannend geworden ist. Da ich diese folgende Weine alle am Montag verkoste, sie aber oft schon am Sonntag geöffnet wurden, haben sie den nicht zu unterschätzenden Vorteil, Luft gezogen zu haben. 

Spätburgunder Württemberg Flight 1
Ähnlich wie in Rheinhessen hat sich auch der Württemberger Spätburgunder in den letzten Jahren deutlich entwickelt hin zu mehr Finesse und zu mehr Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein. Der Dautel 2019 Oberstenfelder Forstberg ist ein kräuterwürziger Wein, der mir sehr gut gefällt. Er ist nicht überkomplex, dafür aber bietet er jetzt schon viel Trinkfluss, wirkt saftig und säurebetont mit leichtem Tannin und feinem Grip. Das macht einfach Spaß und die Salzigkeit im Finale sorgt für Mundwasser. Der Beurer 2019 Stettener Mönchberg „Öde Halde“ wirkt auf mich etwas anstrengend, weil er so stark nach trockenem Holz riecht und auch wie im letzten Jahr nach deutlicher flüchtiger Säure. Man muss das aus dem Wein herausschütteln. Dann wird es kräuterwürzig, griffig im Tannin und geradezu tonisch lebendig. Das braucht ein bisschen Zeit im Glas, dann macht es Spaß und wirkt sehr individuell, wenn auch nicht unbedingt wie ein GG. Der Aldinger 2020 Untertürkheimer Gips Marienglas® gibt sich da etwas klassischer und tiefer. Im letzten Jahr war das einer der krassesten Vertreter der Reduktion-Pyrazin-Noten-Fraktion, in diesem Jahr besticht der Wein durch entspannte Eleganz mit feinem Holz, reifem Cassis und saftigen Kirschen. Am Gaumen zeigt sich ebenfalls eine saftige Säure. Sie scheint in Württemberg deutlich stärker ausgeprägt zu sein als an der Ahr oder in Franken und auch Rheinhessen. Das gibt den Weinen einen schönen Druck. So erkennt man es auch beim Aldinger 2020 Fellbacher Lämmler, wo die starken Reduktionnoten, die noch den 2019er geprägt haben, ebenfalls deutlich zurückhaltender geworden sind. Mir gefällt hier das feste Tannin, das zusammen mit der Säure für viel Struktur sorgt. Ganz anders präsentiert sich der Rainer Schnaitmann 2020 Fellbacher Lämmler. Duftig und offen, so wie ein Wein es tut, der nur wenig Schwefel gesehen hat und sich nicht zurückzieht. Man, oder besser ich möchte das direkt trinken, so offen und charmant wirkt das bis zermatschter Erdbeerfrucht und Kirschen, runden Tannin, feiner Holzwürze und etwas Hefe und Hopfen. Das ist einfach, Achtung: lecker! Der dritte Wein aus dem Lämmler ist der Heid 2020 Fellbacher Lämmler und auch der ist wieder ein ganz anderer Schnack mit etwas mehr Holz, mit Vanille und Pfeifentabak und roter Frucht. Am Gaumen wirkt das reif und süß, aber auch saftig mit vergleichsweise viel Holz, das aber gut eingebunden wurde. Einzig leicht bittere Tannine im Finale stören hier das Gesamtbild.  

Flight 2
Der Spätburgunder Staatsweingut Weinsberg 2020 Gundelsheimer 2020 Himmelreich wirkt etwas flüchtig und krautig mit einer Mischung aus Extraktsüße und Bitterkeit am Gaumen. Argh. Der Dautel 2019 Bönnigheimer Schupen öffnet sich dagegen mit violetten Blüten und etwas Minze und etwas Trockenkraut. Am Gaumen wirkt das klassisch, durchaus saftig und transparent. Es fehlt noch ein wenig die Mitte, aber auch hier finden sich schöne Aspekte von Frische. Der Wachtstetter 2019 Pfaffenhofener Geissberg duftet ähnlich violett und leicht ätherisch mit einer knackigen Frucht und etwas Holz. Am Gaumen wirkt er sehnig  und saftig mit einer leichten Extraktsüße und ein wenig Bitterkeit im Finale, das aber nicht unangenehm wirkt. Vielleicht bindet es sich noch ein, allerdings handelt es sich hier schon um 2019. Der Graf Neipperg 2019 Schwaigerner Ruthe ist ebenfalls ein Late Release mit einer transparenten hellen Kirschfrucht in der Nase und viel Saft und Fleisch am Gaumen. Das Schöne: Das Holz wurde hier immer mehr zurückgefahren, so dass die Fleischigkeit der Frucht im Vordergrund steht. Auch beim Graf Neipperg 2020 Neipperger Schlossberg ist diese Tendenz offensichtlich. Das wirkt zwar noch etwas üppiger, aber auch präzise mit wenig Holz und viel Frucht, die eher in die leicht gematschte Erdbeere und Himbeere geht, sich aber mit einer ätherischen Würze verbindet. Am Gaumen zeigt sich sowohl eine reife Süße, als auch eine angenehme Säure. Beide Weine erscheinen reif und großzügig, aber auch klar und saftig und einfach gut gemacht. 

Spätburgunder Pfalz – Flight 1
Dieser Teil beginnt mit einem Knipser-Dreiklang von Weinen rund um Laumersheim. Und zwar alle aus 2018. Der Knipser 2018 Dirmsteiner Mandelpfad wirkt elegant mit einer schon angenehm integrierten Vanille- und Holznote. Früher gerne mal leicht röstig, wirkt das in 2018 schon ziemlich nobel, reif und dunkelkirschig. Am Gaumen verbindet sich Kraft, tiefe und Struktur zu einem sehr angenehmen, ausgewogenen Gesamterlebnis – zumal die Säure hier voll integriert ist. Die Eleganz im Duft setzt sich hier fort. Das Holz, das ich bei Knipser schätze, obwohl es manchmal doch ein wenig zu viel ist, ist diesmal exzellent eingebunden und unterlegt die Frucht und das feinkörnige mit einem Hauch von Zimt. Der Knipser 2018 Großkarlbacher Im Großen Gartensetzt diesen Eindruck fort, wobei ich hier so einen Hauch von Tomatenessenz spüre, den ich im letzten Jahr eher beim Mandelpfad gefunden habe. Es ist dieser Hauch, der das ganze Gefüge aus elegantem Holz, etwas Kreide, kirschiger, aber auch erdbeeriger Frucht noch ein bisschen mehr sexy werden lässt. Das Tannin wirkt am Gaumen etwas forscher, die Säure etwas druckvoller aber der Wein ist eindeutig aus dem gleichen Stall. Ebenso wie der Knipser 2018 Laumersheimer Kirschgarten. Dafür, dass das ein heißes Jahr war, hat man in Knipsers Weinen nie das Gefühl, hier wäre etwas gekocht oder überreif. Im Gegenteil scheint hier sehr gut gearbeitet worden zu sein. Der Wein zeigt etwas mehr Holz, wieder feinste Vanille in einer leicht süßen, aber auch noch von einzelnen Sauerkirschen durchdrungenen Frucht. Am Gaumen kann man die Zunge in diesem ausgewogenen Gefüge aus bestem Holz, roter bis dunkler, reifer und seidiger Frucht samt reifer und doch lebendiger Säure baden. Im Finale, das vielleicht etwas länger hätte sein können, kommen noch ein paar dunkle Aromen von Holz, Tabak und schwarzem Kardamom hinzu. Toll, alle drei! Im direkten Vergleich, allerdings dann doch aus einem jüngeren Jahrgang steht der Philipp Kuhn 2019 Laumersheimer Kirschgarten. Der Wein wirkt etwas gerösteter und kalkiger mit den wohl durchaus typischen Noten von leicht abgehangenem Fleisch. Am Gaumen dann wird es seidig in der Textur mit weniger Tanningripp als im letzten Jahr. Dafür wirkt der Wein von Beginn an eleganter. Hier findet sich eine kühle Aromatik, ein bisschen wie gekühlter, dunkler Kirschsaft. Das ist gut. Der Philipp Kuhn 2019 Laumersheimer Steinbuckel bietet in der Nase einige Noten an Trockenholz, gepaart mit einer reifen dunklen Frucht und etwas Kalkstein. Am Gaumen wirkt der Pinot fleischig und saftig mit ganz schön viel Säure, die noch nicht komplett integriert ist. Ebensowenig das Tannin, das den Mund noch ordentlich austrocknet. Aber die Gesamtanlagen sind mehr als überzeugend. Der Wein braucht einfach Zeit, wirkt zupackend und wird sich gut entwickeln. Mit dem Rings 2020 Leistadter Felsenberg schließt dieser Flight mit einem großen Charmeur. Alles hier wirkt reif und süß, ohne überreif zu sein. Viel Milchschokolade, süße Kirschen und etwas Vanille hat man hier in der Nase. Dazu kommt eine leicht dunkel würzige Komponente. Am Gaumen ist das seidig und saftig, rund und fein. Es könnte hier mehr Säuredruck geben, aber das war halt schwierig zu bekommen bei diesem Jahrgang. So ist das ein Wein, der schon früh Spaß machen wird. 

Flight 2
Der Rings 2020 Kallstadter Saumagen gefällt mir besser, weil hier das Quantum an Säure schon im Duft vorhanden ist. Auch hier wirkt der Wein reif und saftig mit Zimtkirschen und Schwarzwälder Kirsch. Aber hier zeigen sich auch ein paar Granatapfelkerne und Berberitzen. Am Gaumen kommt noch etwas Grafit hinzu und eine Ader aus Blutorangensaft. Hier wirkt alles stimmig, klassisch und elegant. Das ist einfach ein sehr guter Pfälzer Spätburgunder! Mit dem Christmann 2020 Königsbacher Idig geht es gleich auf sehr hohem Niveau weiter. Das Spätburgunder-Spielfeld hat in den letzten Jahren eine neue Trainierin und ein neues Konzept bekommen. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich den Wein in einer sehr guten Lagen in Savigny-Les-Beaune vermutet. Das wirkt fein und elegant mit einem eher rotbeerig-kirschigen Charme und damit viel heller als die Rings-Weine. Das Holz ist noch besser eingebunden als in den Vorjahren, am Gaumen wirkt der Idig lebendig, saftig, kühl aber nicht unterkühlt mit ausgezeichnetem Säurebiss. Das Tannin und das Holz ummantelt die Frucht, drängt sich aber nicht auf. Top-Stoff! Der Theo Minges 2019 Böchingener Rosenkranz – Zinkelerde gehört zur Fraktion der Oldschool-Spätburgunder mit traditionell starker deutscher Röstung. In 2019 empfinde ich das deutlich zurückhaltender, den Wein eleganter als in den Vorjahren. Auch die Frucht wirkt weniger gekocht. Das mag auch im Vergleich von 2019 zu 2018 etwas einfacher sein. Aber in 2019 gefällt mir die im positiven Sinne gefällige, unkomplizierte Art mit feiner Säure, seidigem Tannin und einem eher rahmenden Tannin mit schokoladigen Noten ganz gut. Der Münzberg – Gunter Keßler 2019 Godramstein Münzberg “Schlangenpfiff” – ich muss hier immer wieder über die Namenszusammenstellung schmunzeln – wirkt in diesem Jahrgang ebenfalls deutlich schlanker, frischer und klarer als im Hitzejahr 2018. Im letzten Jahr war der Wein von Buttercreme und Himbeeren geprägt, heute ist es eher Trockenholz, eine knackige Kirsche, Kalk, Kräuter und auch die typische Eisennote. Am Gaumen kommt ein deutliches Cassis hinzu, das im Duft kaum zu erahnen war. Der Wein bietet eine dunkle, knackige Frucht, einen schönen Grip und eine kühle Ader. Das mag ich gerne trinken. Was mich im letzten Jahr so richtig gekickt hat, war der Dr. Wehrheim Birkweiler Kastanienbusch „Köppel“. Den gibt es nun aus 2019 und auch dieser Wein speilt wieder oben mit. Allerdings wirkt er jahrgangsbedingt deutlich verhaltener, kühler und scheuer. Aber man merkt hier den gelungenen Holzeinsatz, das reife aber noch feste Tannin und die lebendige Säure. Das wird ein sehr guter Langstreckenläufer. Abschließend der Bergdolt – Klostergut St. Lamprecht 2017 Duttweiler Kalkberg. 2017 – okay. Letztes Jahr gab es 2019 und das hat mir nicht gefallen. 2017 steht besser dar. Das ist klassisch, in der Röstung recht deutsch aber auch elegant, was selten zusammenpasst. Am Gaumen aber kann der Wein weder in der Tiefe noch in der Länge wirklich überzeugen. Allerdings wirkt der Wein transparent, klar und durchaus frisch und insofern bin ich hier nicht unzufrieden. 

Flight 3
Mit dem Ökonomierat Rebholz 2017 Siebeldinger Im Sonnenschein geht es gleich weiter mit einem fünf Jahre alten Wein. Der Der Pinot-Stil hat ja, seitdem die beiden Söhne übernommen haben, eine deutliche Wendung zu mehr Frische und Finesse genommen, die man auch hier sehr schön nachvollziehen kann. Ich empfinde die Nase des Weines als überaus sexy, vielleicht die schönste Spätburgundernase bisher, weil zum feinen Holz  und der saftigen Frucht noch eine Kräuterwürze mit hinzukommt, die eine grüne aber reife Note in den Wein bringt, die ein wenig an Bohnenkraut erinnert, in Menge sehr störend, in Kleinstmengen aber eben sehr attraktiv wirken kann. So wie hier eben. Und dann am Gaumen entfernen sich die Jungs vom allzu röstigen Holzeinsatz des Vaters, ohne ihn zu verleugnen. Das ist mal konsequent und gelungen. Hier passt schon sehr sehr viel: die lebendige Säure, die Finesse, die hier trotz der Kraft klar vorhanden ist, die leichten Noten von Eisen und Gestein, das umwerfend stimmige Tannin! Dahinter hat es der Dr. Wehrheim 2020 Siebeldinger Sonnenschein zugegebenermaßen etwas schwer. Aber wenn man ihm eine Pause gönnt und sich ihm dann wieder widmet, wird es attraktiv in der sinnlich saftigen Art, in der es ein paar Noten von Zimt und Nelken gibt, die aber so dezent sind, dass sie einfach nur zur Sinnlichkeit beitragen. Am Gaumen wirkt der Wein für den Jahrgang frisch und saftig mit leichter Cassisnote und gutem Tanningrip, allerdings fehlt ihm auch noch etwas die Tiefe am mittleren Gaumen. Der Siegrist 2018 Leinsweiler Sonnenberg hat für mich in der Nase schon fast Portweincharakter. Das war schon in 2017 likörig. In 2018 ist das noch mal eine Portion mehr und ich habe gar keine Lust, den Wein am Gaumen zu haben. Ich mache das dann, aber es wird nicht besser. Es ist zwar nicht so dicht und alkoholisch wie vermutet, aber dafür zu viel Holz im Spiel. Und außerdem wirkt das schon etwas ausgezehrt. Der Siegrist 2018 Ilbesheimer Kalmit wirkt auch in diesem Jahr wieder deutlich frischer als der Sonnenberg. Vielleicht ist es dort mittlerweile auch zu heiß? Die Kalmit jedenfalls liefert einen lebendigen Wein mit Kirsche, etwas Rauch und immer noch zu viel Holz, aber immerhin mit Saftigkeit, angenehmer Frisch und Grip. Im Finale findet sich dann aber doch auch wieder etwas Likör und Hitze. Ebenfalls aus der Lage stammt der Kranz 2020 Ilbesheimer Kalmit. Hier scheint man 2019 übersprungen zuhaben, oder er ist noch nicht fertig. Jedenfalls war 2018 der Vorgänger. Im Duft wirkt der Wein etwas difus zwischen Holz, roten, aber auch gelben(!) Kirschen, Stein und leichter Reduktion. Am Gaumen wird es dann reif, saftig und seidig, kirschig und durchaus frisch, was mir gefällt, aber auch hier kriegt der Wein nicht so richtig die Kurve, verharrt irgendwo, ohne wirklich prägnant zu wirken. Neu im Feld ist der Jülg 2020 Schweigener Kammerberg. Er zeigt eine verführerische Nase von Zimtkirschen, etwas Cassis, feinem Holz und etwas Donauwelle. Am Gaumen schmeichelt er mit seidigen Tanninen und Säuren, wirkt durchaus charmant, spiegelt aber auch die Reife des Jahrgangs wider. Das ist ein guter Einstieg in einem reifen Jahr. 

Flight 4
Der zweite Wein von Johannes Jülg ist der Jülg 2020 Schweigener Kostert. Auch hier dominiert zunächst eine eher reife Frucht, dann aber wird die Nase kühler, ja ätherisch mit Menthol und Minze und dezentem Holz und Stein. Das gefällt mir viel besser! Auch am Gaumen, wo die Säure einfach lebendiger und klarer wirkt und der Wein insgesamt etwas rotbeeriger, sinnlicher und feiner, auch wenn es im Finale etwas Hitze gibt. Ebenfalls an der Grenze zu Frankreich oder in Frankreich liegen die Weinberge von Becker. Von ihnen gibt es zunächst den Friedrich Becker 2019 Schweigener Heydenreich. In der Nase findet sich hier, wie im letzten Jahr wieder die Landwirtschaft mit ein wenig Tomatenessenz und Waldboden. Also ganz ähnlich wie im letzten Jahr. Am Gaumen breitet sich der Wein aus, wird großzügig und kraftvoll. Hier gibt es viel von allem, auch von Säure und auch von einer gewissen Schärfe im Finale. Der Friedrich Becker 2019 Schweigener KB (Kammerberg) besitzt in diesem Jahr ebenfalls einen Ton von Landwirtschaft, aber deutlich weniger. Insgesamt wirkt er etwas kühler und erdiger. Am Gaumen zeigt der Wein Druck und Saftigkeit mit recht viel Säure und Holzwürze, wirkt noch austrocknend und kühl mit Sauerkirsche und Berberitze, dazu griffig und energetisch. Das ist auch hier sehr konsistent zum Vorgängerjahrgang. Der Friedrich Becker 2019 Schweigener SP (Sankt Paul) zahlt genauso auf die Stilistik ein wie die vorherigen beiden Burgunder. Der Stall fällt weg, dafür wirkt er dunkel, erdig und steinig mit vielen reifen Schwarz- und Sauerkirschen. Auch am Gaumen wirkt das alles dunkel und kühl, saftig mit viel Grip und Festigkeit, unfertig, aber im besten Sinne. Diesmal ist das für mich der beste, weil komplexeste und längste der drei GGs. Bleiben in der Pfalz noch zwei Weine von Bernhart. Der Bernhart 2020 Schweigener Sonnenberg KT wirkt recht fruchtig und würzig mit einer leicht angekochten Frucht. Der Bernhart 2020 Schweigener Sonnenberg RG besitzt deutlich mehr Tiefe, Saftigkeit und vor allem auch ein feineres Holz. Insgesamt ist das der deutlich elegantere und komplexere Wein der beiden. Er bringt eine Saftigkeit, einen Biss und Fleischigkeit mit, die ihn zu einer Empfehlung macht. 

Baden

Aus Baden gibt es 22 Weine zu verkosten. Es beginnt mit:

Flight 1

Der Stigler 2018 Ihringer Vorderer Winklerberg „Backöfele“ ist ein farblich heller Wein, der deutlich nach grünen und roten Erdbeeren und Himbeeren in sehr reifem Zustand duftet. Am Gaumen wirkt das saftig, malzig, leicht süß und rund und nennenswertes Tannin oder stärkeren Säureinfluss. Aber irgendwie ist das auch konsequent und stimmig in sich. Leicht gekühlt im Sommer ist das eine gute Wahl. Der Dr. Heger 2020Ihringer Vorderer Winklerberg interpretiert die Lage ganz anders. Da wird es deutlich dunkler, fester mit mehr Holz, Trockenholz und Laub. Am Gaumen wirkt der Wein entsprechend dunkel, aber nicht erdig. Eher charmant, extraktsüß, saftig und reif. Das ist charmant und auch wenn die Säure reif ist, wirkt sie doch lebendig. Insgesamt sehr stimmig und schön. In den etwas verwirrenden Gewann-Gewächse geht es weiter mit Dr. Heger 2020 Ihringer Winklerberg Wanne „Häusleboden“. Beim Häusleboden – badischer kann es auch kaum noch werden, oder? – findet sich zur dunklen reifen Frucht und einem Hauch von Landwirtschaft eine reife grüne Note, die auf Rappen hindeutet und die dem Wein einen kühlen Strang verleiht. Am Gaumen wirkt das frisch, kühl, saftig und rotbeerig mit gelungenem Holzeinsatz. Kaum zu glauben, dass das aus einem heißen Jahr aus Baden kommt. Außer, dass man im Finale ein bisschen Schärfe und Hoitze spürt. Aber das fällt kaum ins Gewicht. Das ist ganz stark! Der dritte Heger-Wein in diesem Flight ist der Dr. Heger 2020Ihringer Winklerberg Winklen „Rappenecker. Dieser Wein wirkt etwas ruhiger, dezenter, vielleicht auch etwas wärmer. Da fällt das feinkörnige Tannin etwas stärker auf und die dunkle, gerbige Frucht von Schlehen, etwas Erde und Laub. Ein schöner Wein oder besser: eine gelungene Kollektion! Den Abschluss des Flights bildet der Michel 2020 Ihringer Winklerberg Hinter Winklen. Der bildet einen Abschluss, der wieder auf den ersten Wein verwaist: Viel reife beerige Frucht, feine Würze, aber auch viel Extraktsüße und Reife am Gaumen, dann aber wieder eine feine Struktur und eine gelungene Holzwürze. Nicht mein Stil aber gut, und nach Heger echt schwierig. 

Flight 2
Es ist etwas Zeit verstrichen und somit muss der Michel sich auch nicht mit den Vorgängern messen. Der Michel 2020 Achkarrer Schlossberg ist ein geradliniger, zunächst unspektakulärer aber durchaus geradliniger Wein. Es duftet nach reifer, dunkler Frucht mit etwas Rappen und Kräutern und fermentiertem Kardamom. Am Gaumen bietet der Wein Frische und Klarheit bei einer gleichzeitig reifen Frucht und einem feinkörnigen Tannin. Das macht Spaß und wirkt recht sinnlich. Der Dr. Heger 2020 Achkarrer Schlossberginterpretiert das wiederum ganz anders, was man hier auch mal vergleichen kann, weil alle Weine in diesem Flight aus einem Jahr stammen. Der Wein wirkt fast kühl, definitiv saftig aber auch sinnlich mit etwas Zimt und fluffigem Schokoladenteig. Vor allem aber stimmt hier die Balance aus Reife und lebendiger Säure, feiner Süße und dezenter Salzigkeit im Finale. Der letzte der vier Weine von Dr. Heger ist vielleicht nicht der komplexeste, aber definitiv der, der bei mir am schnellsten getrunken wäre. Der dritte Schlossberg ist der Franz Keller 2020 Achkarrer Schlossberg, wirkt einerseits runder, andererseits so, als wäre mit sehr wenig Schwefel gearbeitet worden, was den Wein schon jetzt sehr einladend erscheinen lässt. Reife, zerstoßene Beeren und Kirschen, ein eleganter Holzeinsatz und eine feine, säuerliche Saftigkeit prägen den Wein. Aus gleichem Hause stammt der Franz Keller 2020 Jechtinger Enselberg, der auf mich noch etwas balancierter, dichter und würziger wirkt. Auch hier habe ich das  Gefühl, dass der Wein viel offener und einladender wirkt als in den Jahren zuvor. Laub, Beeren, ein paar Zwetschgen und violette Blüten treffen auf einen fast medizinisch wirkenden Kräuterauszug, der ein wenig an Wermut erinnert. Am Gaumen wird es dann wieder griffig und saftig und dabei elegant. Es hätte ein wenig mehr Säuredruck geben können, aber insgesamt ist das ein sehr schöner Wein! Der Bercher 2020 Burkheimer Feuerberg Kesselberg hat zunächst eine Note von Hansaplast. Dann wird es leicht schokoladig und dann rotfruchtig. Am Gaumen bietet sich eine angenehme Säurestruktur und ein griffiges Tannin. Der Wein ist nicht so komplex wie die Vorgänger, aber balanciert und trinkfreudig. 

Flight 3 
Stand beim Vorgänger-Jahrgang vor allem die Mokka-Röstung im Vordergrund, hat sich diese im Salwey 2020 Oberrotweiler Henkenberg deutlich besser eingebunden. Der Wein wirkt sinnlich und warm mit flüssiger Schokolade, dunklen Beeren, Kirschen und ein paar Pflaumen. Am Gaumen dreht sich alles um einen süßen Kern. Der Wein ist seidig, schmelzig und rund. Hier fehlt mir wie im letzten Jahr ein wenig die Spannung und der Grip, denke ich, dann spucke ich und es bleibt mehr Säure am Gaumen, als erwartet. Der Franz Keller 2020 Oberrotweiler Eichberg steht ganz im Zeichen eines Stils, der fast schon natural wirkt mit einer deutlichen Wermut-Note, bei der ich keinen Alkoholgeruch meine, sondern den Kräuterauszug. Wie im letzten Jahr gibt es in der Nase eine Kräutertinktur und Unterholz, dazu eine zugwandte dunkle Frucht. Am Gaumen wirkt der Wein ähnlich kräuterbeton und offen, saftig, dunkel mit einem leicht oxydativen Touch und einer feinen Säure. Ich weiß nicht, wie sich diese Machart entwickelt, aber ich mag das. Im Franz Keller 2020 Oberrotweiler Kirchberg wirkt diese Kräuternote deutlich dezent, ist aber auch vorhanden. Hier wirkt es ätherischer, etwas minziger und rauchiger aber mit dem Schwenken des Glases wird die Tinktur präsenter. Am Gaumen wirkt der Wein zurückhaltender im Holz aber kraftvoller und großzügiger am Gaumen mit viel dunklem, frischem Saft und einer gleichzeitig eher weichen, sinnlichen Textur. Wenn man jetzt noch Franz Keller 2020 Oberrotweiler Bassgeige Steinriese mit dazu nimmt, dann wird hier immer mehr ein einzigartiger Stil deutlich. Bei der Bassgeige habe ich allerdings etwas Probleme damit, dass die Kräuter sich mit recht viel Grafit verbinden und etwas anstrengend werden. Am Gaumen wirkt der Wein aber saftig, durchaus sinnlich, zugewandt und frisch mit viel Saft. Der recht hellfarbige Wöhrle 2020 Lahrer Kirchgassewirkt recht kreidig und etwas holzbetont, am Gaumen für meinen Geschmack dann bei der Reife etwas zu rund und süß mit etwas zu präsentem Holz. Allerdings hat das Kraft und man muss schauen, wie es sich entwickelt. Bei Bernhard Huber 2020 Köndringer Alte Burg scheint die Lage zum GG hochgestuft worden zu sein und wird eh erst seit 2018 gefüllt. Es ist ein Teil des Bienenberg, wenn ich das richtig im Kopf habe. Also wieder mal eine Gewann mehr im Grand Prix. Wo soll das hinführen? Der Wein selbst wirkt dezent und noch ganz leicht reduktiv in der Nase, leicht ätherisch und fein. Am Gaumen wirkt das elegant und feinsinnig, transparent, finessenreich und wirklich schön. Ich kann schon verstehen, dass das hier seinen Platz hat, aber damit ist es jetzt auch das fünfte Pinot-GG von Julian Huber. 

Flight 4
Denn im letzten Baden-Flight geht es weiter mit vier Huber-Pinots. Bernhard Huber 2020 Malterdinger Bienenberg wirkt ebenfalls fein und elegant mit ätherischen Noten, Schwarzem Tee und feiner, bissfester Frucht. Das Holz im Hintergrund stammt aus bester Provenienz. Am Gaumen wirkt das so balanciert, so sinnlich, so charmant und doch auch tief, frisch, dunkelfruchtig und dabei dezent wie bei einem, der genau weiß, was er macht und sich nicht beweisen muss. Ist der Bernhard Huber 2020 Malterdinger Bienenberg „Wildenstein“ dann noch besser oder einfach anders? Ich denke letzteres und ersteres. Er bietet noch eine zusätzliche Bienenberg-Facette. Im Duft wirkt der Wein verschlossener, steiniger aber eben auch wieder ätherisch mit etwas Menthol und Minze, etwas Berberitze und Blutorange. Alles dezent, fast scheu aber herrlich balanciert. Am Gaumen bestätigt sich das mit einer kühlen Frucht, viel Kirsche und roten Beeren, einer treibenden Säure und feiner Würze. Hier ist die Säure, die mir bei Hubers Chardonnays etwas fehlt. Im Finale immer steiniger, würziger werdend, ohne an Eleganz zu verlieren. Wiederum einfach großartig! Der Bernhard Huber 2020 Hecklinger Schlossberg hat keinerlei Probleme, mit dem Bienenberg mitzuhalten. Der Wein wirkt vor allem anders: dunkler, etwas röstiger, holzbetonter mit mehr Zedernholz und auch dunklem Tabak und mehr Gewürzen. Aber auch das ist einfach sehr schön weil balanciert und in sich stimmig. Am Gaumen wirkt der Wein wieder stoffig und saftig mit einer seidigen, fast schokoladigen Textur. Alles, auch die Säur, wirkt etwas runder, aber auch tief und stimmig. Bleibt noch die Bernhard Huber 2020 Bombacher Sommerhalde und damit der Wein, der immer etwas tintiger, fleischiger, in sich gekehrter wirkt. Jetzt auch. Das braucht Zeit, hat aber alle Anlagen mit seiner kühl gewirkten Art, der Frische, der Saftigkeit und der Finesse und Säure und Tanninstruktur. Zum Abschluss gibt es noch zwei Kraichgauer Weine aus zwei Weingütern unter der gleichen Leitung. In 2018 haben mit die Weine nicht überzeugt, in 2019 dafür umso mehr. Das ist ja nicht so einfach, nach vier Weinen von Huber anzutreten. Aber es funktioniert. Der Heitlinger 2019 Odenheimer Königsbecher wirkt fest und klar und weckt noch mal die Sinne, weil er eine sehr angenehme Energie ausstrahlt. Ein Hauch von Amarena-Kirsche, jedoch ohne die Süße, verbindet sich mit einem Hauch von reif grünen Noten, was für Grip sorgt. Die Säure ist lebendig und vor allem stimmt hier die Tanninstruktur, um zu sagen: das ist ausgewogen, tief und elegant. Mit dem Burg Ravensburg 2019 Sulzfelder Löchle verhält es sich kaum anders, doch der Wein wirkt noch mal ein weniger kühler, steiniger und rappiger. Am Gaumen wirkt das geschliffen und druckvoll, überaus saftig und das auf frische Art und Weise. Ein würdiger Abschluss!

Da war bei den Spätburgundern schon viel guter bis sehr guter Wein dabei. Allerdings auch von 2017 bis 2020 mit sehr unterschiedlichen Jahrgangsvoraussetzungen. 2020 ist sicher eine schwieriger Jahrgang gewesen, da es oft an Säure und etwas Druck mangelt. Dafür ist bei vielen Weinen der Charme-Faktor höher und in der Spitze merkt man dann wieder, dass auch die Säure da ist. Überraschungen gab es nicht wirklich. Eher haben die führenden Weingüter ihre Position bestätigt.

Top-Empfehlung:
Rings 2020 Kallstadter Saumagen
Christmann 2020 Königsbacher Idig
Ökonomierat Rebholz 2017 Siebeldinger Im Sonnenschein
Dr. Heger 2020 Ihringer Winklerberg Wanne „Häusleboden“
Bernhard Huber 2020 Malterdinger Bienenberg „Wildenstein“

Besondere Empfehlung:
Aldinger 2020 Untertürkheimer Gips Marienglas® 
Knipser 2018 Laumersheimer Kirschgarten 
Knipser 2018 Großkarlbacher Im Großen Garten
Dr. Wehrheim 2019 Birkweiler Kastanienbusch „Köppel“
Friedrich Becker 2019 Schweigener SP (Sankt Paul)
Friedrich Becker 2019 Schweigener KB (Kammerberg)
Dr. Heger 2020 Ihringer Winklerberg Winklen „Rappenecker
Dr. Heger 2020 Achtkarrener Schlossberg
Franz Keller 2020 Jechtinger Enselberg
Franz Keller 2020 Oberrotweiler Bassgeige Steinriese 
Bernhard Huber 2020 Köndringer Alte Burg
Bernhard Huber 2020 Hecklinger Schlossberg
Burg Ravensburg 2019 Sulzfelder Löchle
Heitlinger 2019 Odenheimer Königsbecher

Empfehlung: 
Dautel 2019 Oberstenfelder Forstberg
Aldinger 2020 Fellbacher Lämmler 
Rainer Schnaitmann 2020 Fellbacher Lämmler 
Graf Neipperg 2020 Neipperger Schlossberg 
Michel 2020 Achtkarrener Schlossberg
Bernhart 2020 Schweigener Sonnenberg RG
Jülg 2020 Schweigener Kostert

Weiter geht es zu Teil 5:

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