Der Grand Prix der Großen Gewächse 2023 – Tag 1, Früh- und Spätburgunder Ahr

Das Thema Früh- und Spätburgunder geht los mit leider nur einem einzelnen Frühburgunder von der Ahr. Tatsächlich hatte ich schon vor zwei Wochen die Chance, die Weine für den Feinschmecker verkosten zu dürfen. Der aktuelle Jahrgang ist der Flutjahrgang 2021. Ein Sommer der Katastrophen, bei dem wohl kaum jemand damit gerechnet hätte, dass dort vernünftige Weine herauskommen würden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Mengen mögen zwar klein sein, aber die Qualität ist außerordentlich. 

Flight 1 

Es geht los mit dem 2021 Deutzerhof „Rech Herrenberg“, der eine rote und auch dunkle Beerenfrucht mit getrockneten Rosenblättern und einem Hauch von Teer verbindet. Der Wein wirkt ernsthaft und in gewissem Maße noch streng und straff, besitzt aber zudem einen charmanten, extraktsüßen Kern. Die Textur wirkt fein, der Wein einerseits kühl, andererseits duftig mit ein wenig Blattwerk. Es folgen die Spätburgunder und damit der 2021 Deutzerhof „Heimersheim Landskrone“. Da wird die Finesse noch einmal deutlich gesteigert. Im Duft wirkt der Wein floral, auch hier mit getrockneten Rosenblüten und Hibiskus, reifer roter Himbeerfrucht und ein wenig rosa Pfeffer und feinem Holzeinsatz. Die Deutzerhof-Weine haben eine steile Kurve nach oben und in der Extraktion vice versa nach unten hingelegt. Das gefällt mit mittlerweile sehr gut. Am Gaumen wirkt der Spätburgunder saftig, zugewandt und sinnlich mit einer feinen Extraktsüße und einer sehr gut eingebundenen, lebendigen Säure. Auch der 2021 Burggarten „Heimersheim Burggarten“ gefällt mir nach den beiden letztjährigen, sehr guten Kollektion erneut. Da ist viel Kirsche in der Nase, ein ganz klein wenig eingekochte Frucht, ein Hauch von warmem Teer, Süße und Waldboden. Am Gaumen wirkt der Wein saftig und frisch, lebendig und charmant. Im Finale findet sich noch eine leichte, störende Bitterkeit in der Cremigkeit, die aber nicht bis zum Schluss bleibt und wahrscheinlich irgendwann diffundiert.

Flight 2

Der zweite Flight startet mit dem 2021 Meyer-Näkel „Bad Neuenahr Sonnenberg“. Etikettiert sind die Weine des Jahrgangs mit einem speziellen Flut-Etikett. Der Sonnenberg duftet ein bisschen himmlisch. Ein bisschen in Zuckerwatte gepackt, ohne zuckrig zu sein. Dazu ein bisschen Vanillecreme, dann Himbeeren du Walderdbeerenkompott, schließlich dezenten, feines, leicht angeröstetes Holz. Ein Wein, in dem ich baden wollen würde. Und obwohl sich die Beschreibung möglicherweise ein wenig kitschig anhören mag: Der Wein ist es nicht. Zumal er am Gaumen neben der reifen Komponente angenehm straff wird mit einer eleganten Säure und einer genau abgestimmten Kernigkeit. Textur, Struktur … alles nimmt einen mit. Der 2021Deutzerhof „Neuenahr Kirchtürmchen“ hat es da schwer, mitzukommen. Das GG wirkt ein wenig gezehrt, vielleicht sogar oxydativ in der Nase. Am Gaumen zeigt sich ein süßer Fruchtkern von roten Beeren, aber deutlich weniger Struktur als bei der Landskrone. Da fehlt es ein wenig an Komplexität und Länge im Vergleich.  Zurück zu Meyer-Näkel: Der 2021 Meyer-Näkel „Walporzheim Kräuterberg“ wirkt dunkler und rauchiger als der sinnliche Sonnenberg. Die beiden Schwestern schaffen es, einen transparenten Wein zu erzeugen, der Saft, Seide, eine an geröstete rote Paprika erinnernde Noten, süße Frucht und etwas Kernigers und leicht Teeriges zu einem komplexen, tiefen, straighten Spätburgunder zu verbinden. Aus derselben Lage stammt der 2021 Jean Stodden „Walporzheim Kräuterberg“. Das ist ein tiefes, kräutriges Geschöpf mit Noten von Rosen, Salbei, reifen Strünken, etwas trockenem Waldboden und bestem, dezentem Holz. Am Gaumen wirkt der Wein knackig dunkelfruchtig mit einer ganz dezenten Süße, herben Kräuternoten und etwas Laubwerk. Das ist ein klarer, transparenter Spätburgunder mit sehr guter Länge. Es folgt ein dritter Wein aus der Lage. Der 2021 Burggarten Walporzheim Kräutergarten wirkt würziger mit einer Spur von Maggikraut in der rot- und dunkelbeerigen Nase. Dazu kommt etwas Kirsch und dezent rauchiges Holz. Am Gaumen setzt sich die leicht röstige Note fort und ich empfinde etwas Wärme am Gaumen. Die Säure wirkt, wie in den letzten Jahren, etwas spitz und muss sich noch integrieren. Aktuell kein Favorit. Der 2021 Burggarten „Walporzheim Alte Lay“ war im letzten mein Favorit dieses Weinguts. In diesem Jahr finde ich ihn noch ein wenig sperrig, aber mit sehr gutem Potential. Der Wein bietet einen einladende Mixtur aus floralen Elementen (Veilchen), Unterholz, Laub, Sauerkirschen und Gestein. Am Gaumen hat sich das Tannin noch nicht ganz integriert, aber die Frucht, die Säure, die Saftigkeit und Transparenz finde ich schon sehr schön. 

Flight 3

Weiter geht es mit dem 2021 Meyer-Näkel „Ahrweiler Silberberg“, der sich auf demselben hohen Niveau weiterbewegt, wie die M-N-Weine zuvor. Aber er ist ein eigener Typ. Der Wein duftet nach knackigen Beeren, etwas Sauerkirsche und Granatapfel, frisch gedroschenem Getreide und Unterholz mit einer Spur Süße. Am Gaumen findet sich die Süße in Form von Kirsch- und Himbeerfrucht wieder. Der Wein wirkt angenehm straff, leicht pfeffrig und salzig mit gutem Zug. Der 2021 Jean Stodden „Ahrweiler Rosenthal“ duftet seidig, sinnlich und fein mit Noten von Heckenrosen und Hibiskus, Beerenkompott feinem Holz mit einem Hauch Vanille. Am Gaumen wirkt der Wein saftig, offen, klar und präzise, geradezu fein und balanciert. Lediglich im Finale zeigt sich eine leichte Note von etwas gekochter, leicht herber Frucht. Noch mal Meyer-Näkel, diesmal mit dem 2021 Meyer-Näkel Dernau Pfarrwingert. Dieser Wein ist der Höhepunkt der Kollektion der beiden Schwestern. Das ist ein saftiger, stofffiger, langer, purer Spätburgunder, der, wenn man vergleichen möchte, mit feinem Chambolle-Musigny konkurrieren. Die Mischung aus Frucht, Holz, Vanille und Zimt ist betörend, die Süße, die Säure, die reife Frucht, die Frische und die Feinheit im Tannin sind berührend und betörend. Dörte und Maike haben mit Hilfe der Familie und Freunden einen Wahnsinns-Jahrgang hingelegt. Der Wahnsinn hat auf mehreren Ebenen stattgefunden. Was den Wein angeht, so kann ich nur den Hut ziehen. Aus der Stodden-Kollektion folgt der 2021 Jean Stodden „Rech Herrenberg“. Der wirkt enorm kräuterwürzig und steinig mit Säften von Kirsche, Blutorange und Kumquats, etwas Rauch und violetten Blüten. Am Gaumen wirkt die Säure angenehm frisch, der Wein saftig. Das hat Zug, schiebt an, packt zu, besitzt ein feinkörniges Tannin. Das ist im besten Sinne klassisch. Auch Alexander Stodden hat – abseits der riesigen Herausforderungen eine exzellente Kollektion geliefert. Das gilt ebenso für den Deutzerhof, wo „Mönchberg“ und „Eck“ zwei weitere Highlights liefern. Der 2021 Deutzerhof „Mayschoss Mönchberg“ wirkt saftig und fruchtig mit Noten von Kirschen, Maulbeeren, dunklen Himbeeren und ein wenig Vanillesahne. Dazu hat der Wein jedoch auch etwas ausgleichend Kerniges. Am Gaumen wirkt er saftig, seidig mit festem Kern. Neben der Frucht findet sich hier eine ganz leicht speckige, vielleicht eher an geröstete Paprika erinnernde Note. Dazu gibt es Kirschkerne und Unterholz, durchzogen von einer eleganten Säurestruktur. Noch einen drauf legt der 2021 Deutzerhof „Altenahr Eck“. Der Wein wirkt nicht nur farblich hell, auch in der eleganten, feinen, duftigen Aromatik. Blüten und eine feine Würze, Kirschsaft von dunklen Kirschen, bestes Holz und ein ganz feiner Röstton und eine seidige Textur komplettieren diesen sehr schönen Wein. Ein Hoch auf die Ahr-Winzerinnen und Winzer, die in diesem traumatischen Jahr solche Kollektionen erzeugt haben!

Herausragend

2021 Meyer-Näkel Dernau Pfarrwingert

2021 Deutzerhof „Altenahr Eck“

2021 Jean Stodden „Rech Herrenberg“

Sehr empfehlenswert

2021 Meyer-Näkel „Bad Neuenahr Sonnenberg“

2021 Burggarten „Heimersheim Burggarten“

2021 Jean Stodden „Walporzheim Kräuterberg“

2021 Deutzerhof „Mayschoss Mönchberg“

2 Kommentare

  1. Jo Hennebach

    Oh, das freut mich riesig für Dörte und Meike Näkel, dass sie in diesem katastrophalen Jahr mit für sie fast unmenschlichen Herausforderungen, dennoch einen so famosen Jahrgang auf die Flasche bekommen haben.

  2. Sigrid Krebs

    Wie schön, dass Dörte und Meike Näkel so viel Gutes aus diesem schrecklichen Unglück gemacht haben!

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