Weiter geht es mit Riesling. 33 Rheinhessen-Weine sind angestellt und ab jetzt werde ich nur noch die Weine beschreiben, die mir besonders gut gefallen oder die ich in anderer Hinsicht bemerkenswert finde.
Rheinhessen
Flight 1
Los geht es rund um Appenheim mit dem 2022 Bischel „Appenheim Hundertgulden“, der in der Nase sehr dezent wirkt. Es gibt helle florale Elemente, eine leichte herb zitrische Note und Gestein. Am Gaumen wirkt der Wein druckvoll und seidig zugleich mit feiner Creme, einer saftig hellen Frucht und einer Steinigkeit und Mineralität, die sich erst in Richtung des langen Finales aufbaut und die cremige Zitrusfrucht mitnimmt. Das hat Zug, Länge und Kraft. Der 2022 Knewitz „Appenheim Hundertgulden“ wirkt etwas rauchiger mit kühlerer Zitrusfrucht und Zesten. Am dreht sich die herbe Zitrusfrucht rund um einen leicht süßen Kern. Auch hier gibt es ordentlich Säuredruck, weniger Cremigkeit als bei Bischel, aber auch die Kraft und Substanz Richtung Finale. Ein Hallo-Wach-Wein. Der 2022 Knewitz „Nieder-Hilbersheim Steinacker“ wird seinem Namen gerecht, das wirkt steinig und mineralisch, leicht herb und dezent rauchig, etwas süßer im Kern der Frucht mit mehr Kernobst neben der Zitrone. Im Finale ist das karg, steinig, zitrisch und schiebt ordentlich nach vorne.
Flight 2
Im zweiten Flight gibt’s viermal Scharlachberg. Der 2021 Prinz Salm „Bingen Scharlachberg“ wirkt charmant, fruchtig mit einem ganz leichten Petrol. Am Gaumen wirkt er leicht herb, trockener als gedacht, aber auch etwas weniger charmant, dafür insgesamt balanciert und angenehm trocken. Der 2022 Kruger-Rumpf „Bingen Scharlachberg“ bringt ein bisschen Ahoi-Brause Zitrone in die Nase. Am Gaumen wirkt der Wein so, als habe man etwas Luft in den Tank gelassen, die Frucht wirkt nicht ganz klar. Aber der Säuredruck ist da, das Steinige, das Dynamische und auch Fordernde. Beim 2022 Wagner-Stempel „Bingen Scharlachberg“sollte man dem Wein viel Luft im Glas geben, was bei so einer Probe immer etwas schwierig ist. Doch schon beim Schwenken wird aus dem zunächst etwas abweisenden sehr zestigen, steinigen Wein ein deutlich charmanterer Wein. Ein feiner Rauch verbindet sich mit Zitronen, Limonen und Zesten, etwas austernschale ist mir damit, aber auch etwas Cremiges. Am Gaumen verschiebt sich das dann noch weiter Richtung Charme. Um einen feinen süßen Kern, drehen sich die hellen, leicht kernigen Fruchtaromen, das dunkle Gestein, ein bisschen Eisen, viel Extrakt und Rauch. Das ist fest gewirkt, hat Grip, Druck und Länge. Ein exzellenter Scharlachberg. Direkt daneben kommt der 2022 Bischel „Bingen Scharlachberg“. Auch hier gibt’s zuerst Gestein, Zesten und Extrakt, dann kommt eine kraftvolle, saftige, mundwässernde Frucht an den Gaumen, die wiederum Extrakt, Salz und auch weißen Pfeffer mitbringt. Das hat gleichfalls Tiefe, Länge und Substanz. Zwei hinreißende Scharlachberge!
Flight 3
Weiter geht es am Roten Hang mit dem 2022 Gunderloch „Nackenheim Rothenberg“, der ausgesprochen fein und elegant wirkt. Neben einer ganz leicht süßen Zitrusfrucht gibt es etwas Apfel und Quitte, Kräuter und ein paar weiße und rote Beeren. Am Gaumen setzt sich das Elegante fort, der Wein wird steiniger, toniger mit einer guten Portion Extrakt, Säure und Würze. Dabei bleibt immer das Schwebende und Feine erhalten. Der 2022 Kühling-Gillot „Nackenheim Rothenberg“ bietet in der Nase mehr Creme und Lanolin, die helle weißfleischige und zitrische Frucht bleibt dabei aber pur und klar. Am Gaumen wird der Wein volumiger als der Gunderloch. Er hat Saft, einen feinen Extrakt und Spannung. Die deutlichen Kernobstschalen-Noten der letzten Jahre kann ich hier kaum erkennen, aber das zeitlos Elegante und die Dichte. Daneben steht der 2022Kühling-Gillot „Nierstein Ölberg“ mit einer tiefen Würze mit ein wenig Curry, etwas Kumquat und viel Gestein. Am Gaumen wirkt der Wein zunächst limonig süß, dann immer kräutriger, druckvoller und steiniger. Das wird tief und dicht mit großartiger Länge. Der 2022 Gunderloch 2021 „Nierstein Hipping“ wirkt freundlich und zugewandt, floral und duftig. Am Gaumen ist das ein heller, charmanter, feiner Riesling mit zitrischer Saftigkeit. Das ist deutlich früher mit Wonne zu genießen als der steinige, tiefe Rothenberg. Der 2022 Kühling-Gillot „Nierstein Hipping“ präsentiert sich deutlich intensiver in der Nase – im Gegensatz zum letzten Jahr. Er wirkt auch weniger auffallend als in den letzten Jahren, wo Noten von Schalen und Hopfen für ein direktes herausschmecken gesorgt haben. Trotzdem bleibt der Wein markant, steinig, duftig mit reifem Kernobst, viel Druck und viel Extrakt am Gaumen. Das hat Wucht und Kraft und wird sich hervorragend entwickeln.
Flight 4
Viel dezenter wirkt der 2022 Kühling-Gillot „Nierstein Pettenthal“ im Duft. Ein Hauch von Blütenduft und Zesten, liegt über dem Glas. Am Gaumen wird es wieder leiht rauchig, griffig, druckvoll und spannungsreich. Da ist wenig Frucht aber viel Gestein, Extrakt und eine tiefe Mineralität. Der 2022 Gunderloch „Nierstein Pettenthal“ wirkt deutlich limoniger in Verbindung mit ein wenig Kernobst und steiniger Würze. Am Gaumen findet man das leicht limonig Süße wieder, aber auch das Gestein, eine wunderbare Cremigkeit, in die sich herbe Noten mischen. Die Säure wirkt vergleichsweise mild, aber trotzdem lebendig, der Wein balanciert mit angenehmer Länge. Der 2022 St. Antony „Nierstein Pettenthal“ wirkt deutlich erwachsener, fester und trockener als beim letzten Mal. Beim Der 2022 St. Antony „Nierstein Zehnmorgen“ allerdings ist wieder dieses leicht pappig Süße vorhanden und auch die etwas artifizielle Frucht.
Flight 5
Mit dem 2022 Wittmann „Westhofen Brunnenhäuschen“ geht es in den Wonnegau. Der Wein wirkt duftig, helltönig und seidig, recht einladend und cremig. Auch am Gaumen ist das schon ein charmanter Wein, bei dem dann im Finale aber das Tiefe, Steinige, Substanzielle immer präsenter wird. Das hat Extrakt, Mineralität, aber eben auch Charme, auch wenn es mir nicht allzu komplex erscheint. Anders sieht es bei der 2022 Wittmann „Westhofen Aulerde“ aus, wo die Nase schon tiefer, dunkler, rauchiger wirkt. Der Riesling wirkt vom ersten Moment an packend, die Frucht zieht sich vom Zitrischen über das Steinobst zum Kernobst, bleibt aber immer knackig. Für das Charmante gibt es die cremige Textur, die aber von einer guten Portion Extrakt begleitet wird. Das wirkt sehr stoffig, saftig, seidig, tief und lang, dabei pur und fest gewirkt. Beim 2022 Wittmann „Westhofen Kirchspiel“ wird es etwas schwieriger, da der Wein scheuer wirkt und noch nicht so viel Preis gibt. Zumindest im Duft. Am Gaumen kann man die Tiefe auch eher erahnen. Der Wein wirkt subtil, saftig, eher sinnlich mit einem süßen Kern und einem langen Säurebogen. Der 2022 Wittmann „Westhofen Morstein“ wirkt üblicherweise ebenfalls reserviert zu diesem Zeitpunkt. Doch hier offenbaren sich Kraft und Tiefe deutlicher. Es duftet nach unreifer Ananas, Rauch, Verbene und Salzzitrone mit viel Stein und Flechten. Am Gaumen wirkt der Wein unruhig, saftig, tief mineralisch elektrisierend und steinig, aber auch ein wenig warm in der Frucht.
Flight 6
Aus der Rheinhessischen Schweiz stammt der 2022 Bischel „Siefersheim Heerkretz“. Der wirkt hell und klar, aber auch noch scheu. Am Gaumen baut der Wein schnell Druck auf, hat Substanz, wirkt steinig, sehr zitrisch, knalltrocken und karg. Der 2022 Wagner-Stempel „Siefersheim Heerkretz“ überrascht mit einer leicht flüchtigen Säure, die ungewöhnlich ist bei dem Wein und die ich zwei Tage zuvor bei seiner Probe nicht im Glas bemerkt hatte. Die ist aber so dezent, dass sie mich nicht stört. Vor allem Gaumen ist das ein sehr kompletter, sinnlicher Wein, der deutlich charmanter wirkt als der sehr steinige Bischel. Das typisch Porphyr-Würzige ist hier sehr schön herausgearbeitet, sehr intensiv und bleibt lange am Gaumen. Der 2022 Wagner-Stempel „Siefersheim Höllberg“ liefert mehr gelbe Frucht, aber auch etwas grüne Ananas und Lanolin. Am Gaumen wirkt der Riesling sinnlich und seidig mit gutem Druck, feiner Cremigkeit und angenehmem Extrakt. Er besitzt allerdings nicht die Länge und Tiefe vom Heerkretz. Der 2022 Battenfeld-Spanier „Nieder-Flörsheim Frauenberg“ bietet viel Charme und Cremigkeit in der Nase in Verbindung mit einer subtil rauchigen Note. Mit Luft wird der Wein dann im würziger und dunkler. Am Gaumen geht es wieder sehr charmant los mit einer feinen Extraktsüße in einer gelb- und weißfleischigen Frucht. Die Gesteinswürze ist auch hier vorhanden, aber nicht ganz so präsent. Aber ich mag die Balance aus Frucht, Würze, pikanten Kräuternoten und dem griffigen Extrakt und Phenol, das der Wein besitzt. Das ist sehr schön. Der 2022 Battenfeld-Spanier „Mölsheim Zellerweg am Schwarzen Herrgott“ wirkt fast zahm in diesem Jahr. Der kann ja oftmals geradezu abweisend wirken in der Jugend und im Duft. Aber diesmal verbindet er das Karge, Rauchige, Steinige, Dunkle mit einer feinen Saftigkeit mit einer Spur Creme. Am Gaumen wirkt er sogar süß im ersten Moment mit reifer Limonenfrucht, in die dann wie eine Infusion die Kalkigkeit und der Rauch, sowie etwas Jod einschießen. Das hat Länge, Kraft, Mineralik, wirkt wieder sehr griffig, würzig, agil und salzig. Ihm fehlt vielleicht etwas die Länge der letzten Jahre, aber das ist großartig komponiert. Schließlich gibt es noch den 2022 Battenfeld-Spanier „Hohen-Sülzen Kirchenstück“ mit seiner subtilen Finesse. Eine feine, weißfleischige Frucht paart sich mit ein wenig Mandel, weißen Blüten und Gestein. Am Gaumen blüht das auf, wird lebendig, saftig, würzig, sehr präsent und dicht, tief aromatisch in der Mischung aus Frucht, Würze, Gestein und Extrakt. Das bleibt ellenlang am Gaumen. Ein großartiger Abschluss!
Von Klaus Peter Keller und Kai Schätzel gab es leider keine Weine.
Hervorragend
2022 Battenfeld-Spanier „Hohen-Sülzen Kirchenstück“
2022 Wagner-Stempel „Bingen Scharlachberg“
2022 Bischel „Bingen Scharlachberg“
2022 Gunderloch „Nackenheim Rothenberg“
2022 Kühling-Gillot „Nierstein Ölberg“
2022 Wittmann „Westhofen Aulerde“
Sehr empfehlenswert
2021 Bischel „Appenheim Hundertgulden“
2021 Knewitz „Appenheim Hundertgulden“
2022 Kühling-Gillot „Nackenheim Rothenberg“
2022 Kühling-Gillot „Nierstein Hipping“
2022 Gunderloch „Nierstein Pettenthal“
2022 Wittmann „Westhofen Brunnenhäuschen“
2022 Wittmann „Westhofen Kirchspiel“
2022 Wittmann „Westhofen Morstein“
2022 Wagner-Stempel „Siefersheim Heerkretz“
2022 Battenfeld-Spanier „Nieder-Flörsheim Frauenberg“
2022 Battenfeld-Spanier „Mölsheim Zellerweg am Schwarzen Herrgott“
Empfehlenswert
2021 Knewitz „Nieder-Hilbersheim Steinacker“
2022 Kruger-Rumpf „Bingen Scharlachberg
2022 Kühling-Gillot „Nierstein Pettenthal“
2022 Bischel „Siefersheim Heerkretz“
2022 Wagner-Stempel „Siefersheim Höllberg“
[…] Erfahrung ratlos, aber vor mir sitzt einer, der den Wein gut kennt. Also nachgefragt und Kollege Raffelt bestätigt diese rauchige Note und den Wein als durchaus typisch und findet meine Assoziation mit […]
Frage: Waren das im Flight 1 wirklich 21er Weine? Wurden die nicht schon letztes Jahr verkostet?
Viele Grüße
Klaus
Nein, sorry, Copy&Paste-Fehler. Danke fürs Aufpassen!