Da waren wir also mal wieder zu dritt. Wenn wir das dritte Mal zu dritt sind, werde ich die Mixtour umbenennen. Es hatte bei den Loiregewächsen schon so schön gepasst, dass wir dachten, wir könnten mal wieder einen Abend in dieser Runde verbringen.
Dieses Mal allerdings hatten wir andere Spielregeln. Ich habe vorher nicht verraten, was es geben würde – eine Blindprobe also für die beiden. Sehr schwierig natürlich; denn die DO Mallorca ist ja nun nichts Alltägliches.
Zu Beginn allerdings gab es erstmal ein Glas Silvaner Sekt 2006 von Hans Wirsching und Krähberg Silvaner von Koehler.
Für mich war es das erste Mal, dass ich mit Sekt vom Silvaner in Berührung gekommen bin. Ein Treffen, das mich durchaus begeistert hat. Der Geschmack von mürbem Apfel und reifen Birnen zusammen mit Brioche und Nüssen macht was her. Das ist ein sehr schöner eigenständiger Geschmack, an den man sich durchaus gewöhnen kann. Für einen Preis von 11,50 Euro ab Hof ist das große Klasse.
Der Krähberg Silvaner ist ein barockes Fest. Dieser von alten, hochreifen Reben geerntete Wein hat Tiefe und Opulenz, eine herrliche Frucht und Struktur und eine Restsüße, die uns gar nicht mehr loslassen wollte von diesem Stoff.
Das aber nur zum Einstieg, vor den Spaghetti mit frischen Pfifferlingen, Trüffelsalz und Peperoni und vor den vier Weinen von des Deutschen liebster Ferieninsel, auf der sich in Bezug auf Wein doch wirklich viel getan hat in den letzten Jahren – vor allem seit der Gründung des Weingutes Anima Negra, dessen ÀN/2 die Herzen vieler erobert hat. Auf Mallorca, das musste ich im vorletzten April bei meinem ersten Mallorca-Besuch feststellen, gibt es den Wein in jedem Laden. Und das ist auch so gewollt. Den Wein gibt es erst einmal für die Mallorciner und dann für den Rest der Welt.
Anima Negra
Die Geschichte von Anima Negra, der Schwarzen Seele Mallorcas, begann im Jahr 1994. Es waren einmal viele große Milchtanks …. Aus der verrückten Idee, in ausgedienten Milchtanks gute Weine zu keltern, wurde schnell das ambitionierte Projekt, aus der autochtonen Hauptrebe der Insel, Callet, einen international konkurrenzfähigen Topwein zu kreieren.
Nach einer längeren Experimentierphase gingen die drei Weinliebhaber Miguel-Angel Cerdà, Pere-Ignaci Obrador und Francesc Grimault erstmals daran, einen reinsortigen Callet (angereichert mit minimalen Anteilen der Rebsorte Mantonegre-Fogoneu) in neuen Barriques aus französischer Allier-Eiche auszubauen. Das war 1998 eine Sensation; denn Callet kannte man bis dato – ich schrieb gerade ähnliches über Teroldego – nur als relativ dünnes Alltagsweinchen.
Ebenso berühmt wie der ÀN ist der Zweitwein ÀN/2; denn das ist die Schwarze Seele fürs Volk – ein moderner, weicher, süffiger, gut gemachter Wein für vergleichsweise wenig Geld, so viel sei schon mal verraten.
4 Kilos Vinicola
Wie es nun dazu kam, weiss ich nicht. Jedenfalls hat einer der Gründer und Weinmacher von Anima Negra, Francesc Grimalt, sich dazu entschlossen, auszusteigen und zusammen mit dem Mitgründer des größten Elektronikmusik-Festivals Spaniens Sonar, Sergio Caballero, eine Garage-Winery zu gründen, um die Qualität der mallorcinischen Weine noch einmal zu steigern. 4 Kilos heißt die Bodega, was so viel heißt wie 4 Millionen Pesetas – die Summe, die nötig war, um die Bodega zu gründen. Die Weinberge wurden gemietet, abgefüllt wurde wiederum in alten Milchtanks in irgendeiner kleinen alten Halle. Herausgekommen ist ein Produkt, das, abgefüllt in 1.300 Flaschen, wie eine Bombe einschlug und ziemlich schnell vergriffen war. Ich habe Holgi und Siggi den zweiten Jahrgang eingeschenkt und dazu den Zweitwein 12 Volts.
Auch hier sind die Etiketten wiederum sehr außergewöhnlich gestaltet. Das Etikett von 12 Volts wurde vom bekannten amerikanischen Grafiker Gary Baseman kreiert, das des 2007er 4 Kilos von Abdelkamer Benchamma.
Für meine beiden Freunde war es nicht herauszufinden, aus welcher Region die Weine stammen. Zu unterschiedlich sind die vier. Hinzu kommt, dass der ÀN aus dem Jahr 2005 stammte, der ÀN/2 von 2006 und die beiden Weine von 4 Kilos aus dem Jahr 2007 – viel zu jung eigentlich, aber trotzdem sehr lohnenswert.
ÀN/2 2006
65 % Callet, 20 % Mantonegre-Fogoneu und 15 % Syrah stecken in diesem Wein, der für seinen Preis sehr viel zu bieten hat. Mir ist er ein wenig zu sanft, zu weich, zu kuschelig ausgefallen. Trotzdem besitzt er eine gewisse Tiefe. Zedernholz und Eukalyptus tauchten auf in der Nase, dazu etwas provenzialische Kräuter und weiche Schokolade, vor allem aber getoastetes Holz und Vanille. Und das war eine Spur zu plump.
12 Volts 2007
20 % Callet-Fogenau, 20 % Cabernet, 30 % Merlot Merlot und 30 % Syrah prägen den Zweitwein von 4 Kilos. Dabei wird der Wein 12 Monate in 60 % neuen und 40 % Zweitnutzungsbarricas gelagert. Abgefüllt werden 22.000 Flaschen.
Ich glaube, das war der Wein, der am wenigsten Reaktionen hervorgerufen hat. Schlichtweg gut ist er – was man bei einem Preis von über 20 Euro auch erwarten darf. Aber sehr zurückhaltend ist er noch. Brombeerig und heidelbeerig mit etwas Mocca, Weihrauch, Karamell und dunkler Schokolade. Am Gaumen kühl, mit dunklen Früchten und einer schönen, präsenten Säure.
ÀN 2005
Hier gibt es überwiegend Callet mit einem kleinen Anteil Mantonegre-Fogoneu. Der Wein wurde 17 Monate in französischer Eiche gelagert, was man aber nicht übermässig schmeckt – glücklicherweise. Was man schmeckt, sind Zeder und Lakritz, sehr viel Frucht und ein wenig würziger Tabak. Latakia? Ein schöner Wein. Kaufen würde ich ihn mir für über 30 Euro zwar nicht unbedingt, aber genießen konnte ich ihn an diesem Abend schon.
4 Kilos 2007
Mit Abstand der teuerste Wein an diesem Abend habe ich ihn mal aufgemacht um abzugleichen zwischen Vorschussloorbeeren und wirklichem Gehalt. Viel zu jung würde er sein. Das ist klar. 40% Callet, 10% Merlot und 50% Cabernet geben dem Wein einen bordeaux-ähnlichen Charakter. Charakter, ja, den hat dieser Wein, den ich gerne in einer geschlossenen Holzkiste im Keller lagern würde, dann vergessen würde, um ihn nach Jahren wieder hervorzuholen. In diesem Wein liegt eine große Tiefe. Ungewöhnliche Aromen wie Banane und Apfel konnten wir erkennen neben Maggikraut und Zedern, dazu etwas feuchtes Unterholz, Schokolade und Praline und dunkle Kirsche. Ein toller Wein. Ob er groß wird, wird sich erweisen.
Kompliment! Sehr gute Recherche und Sachkenntnis. Hat mir eine Freude gemacht den Blog zu lesen.
Danke 🙂