Ich hatte mich gefreut auf diesen Wein. Er steht hier schon seit einiger Zeit herum und neben der wirklich sehr guten Bewertung hat mich als Grafikdesigner das Etikett interessiert. Ja, ich gebe zu, auch das ist bei mir eine Kaufentscheidung. Ich bin der Meinung, dass jemand, der solch ein Etikett auf seine Flasche klebt, auch einen vernünftigen Wein machen muss. Es ist wirklich gut gestaltet, nicht nur modern, sondern stimmig.
Vom Gegenteil, also dass ein altbackenes oder grauenvolles Etikett auch auf schlechte Weine hindeutet, gehe ich nicht unbedingt aus, da weiß ich, dass viele Winzer immer noch alten Traditionen verhaftet sind – und das ist ja auch nicht wirklich schlecht.
Also der Vilosell 2004
Anbaugebiet: D.O. Costers del Segre
Gemacht von Tomás Cusiné, der auch für die Weine von Castell Remei verantortlich zeichnet, für Weine, die ich eher »new world« zuordne und einigermaßen finde langweilig, wobei das bei vielen Weinen aus Übersee nicht zutrifft.
Der Vilosell besteht aus 50 % Tempranillo, 26 % Cabernet Sauvignon, 10 % Merlot, 9 % Garnacha, 5 % Verdot, was man echt als Cuvée bezeichnen kann, und die Rebsorten sind eigentlich so unterschiedlich, dass ich skeptisch bin, was da wohl so rauskommen mag. Bewertungen jedenfalls von Penin und Parker von 90+.
Die Fermentation vollzieht sich bei Temperaturen von 24–26ºC, die Mazeration dauert 10 Tage (mit den Schalen). 60 % des Weins erfahren die malolaktische Gärung im Holzfass und 40 % im Stahltank. Die malolaktische Fermentaton findet in Barriques statt, der Ausbau in neuer französischer Eiche. Der Vilosell wurde unfiltriert auf die Flasche abgefüllt.
Wo wir beim ersten Problem wären. Es ist ja nun nicht so häufig, dass ein 10 Euro-Wein unfiltriert abgefüllt wird und das habe ich schlichtweg übersehen. Es kann sein, dass die Flasche noch einen Schwenk erfahren hat, bevor ich den Wein dekantiert habe. Jedenfalls hatte ich ziemlich viel Satz im Wein, was mir aber auch erst später aufgefallen ist.
Zunächst einmal hat mich die Nase überrascht. Daher der Titel. Das Erste, woran ich dachte, war, dass der Wein eindeutig nach abgestandenem süßlichen Urin stinkt, wie man ihn häufig in Bahnhofstoiletten findet. Das Gleiche dachte ich nach der zweiten und dritten Probe. Erst dann Geruch nach Holz und ein wenig reifen Beeren.
Am Gaumen eine leichte Spur von Kork, Härte, Tannine, Säure und Beeren.
Schade. Das war ein Schuss in den Ofen. Aber ich habe noch eine Flasche für den nächsten Versuch und auch noch eine vom teureren Bruder, dem »Geol«, von dem Parker sagt, dass er der beste merlotlastige Wein wäre, den er bisher in Spanien getrunken habe.
[…] wofür ich mich entschieden habe. Und, nach dem ich den kleinen Bruder dieses Weines schon mal klar abkanzeln musste war ich gespannt auf den Stoff in der […]