Joe Cools Empfehlung: Furmint vom Herrenhof Lamprecht

Furmint ist eine alte Traubensorte Ost- und Südosteuropas, die leider bis heute ein großes Schattendasein führt. Sie ist nicht mit ihrem Namen bekannt sondern mit dem Erzeugnis, für das sie vornehmlich verwendet wird: Tokaji Aszú. Schon 1796 wird sie von János Dercsényi als “die eigentliche Trockenbeertraube” bezeichnet. Eine erste Erwähnung in Ungarn findet sie bereits 1571. Ähnlich wie der Riesling und der Chardonnay hat die seit langem in Ungarn beheimatete Traube laut dem Ampelographen Vouillamoz eine genetische Verbindung mit dem Weißen Heunisch. Außerdem ist sie verwandt mit Hárslevelű, der Lindenblättrigen, die ebenfalls für Tokaji verwendet wird. Ähnlich wie der Riesling verfügt die Sorte über ein gerüttelt Maß an Säure und neigt zum Botrytis-Befall, was sie für die Verwendung für Beeren- bzw. Trockenbeerenauslesen prädestiniert. Außerhalb Ungarn findet man die Sorte kaum. Es gibt möglicherweise zusammen gerade einmal 2.500ha in Slowakei, Slovenien, Kroatien und Südafrika, dazu einige wenige Winzer in Österreich. Das waren bisher vor allem die Weingüter Triebaumer und Schröck, die ebenfalls vor allem edelsüße Weine am Neusiedlersee/Burgenland erzeugt haben und zusätzlich einige wenige Flaschen trockenen Furmints . Was trockene furmints angeht, so muss nach Meinung von Menschen, die sich da besser auskennebn als ich auch Michael Wenzel erwähnt werden, desen Weine ich dann wohl mal probieren muss. Trockener Furmint ist auch in Ungarn noch eher selten. Bisher hatte ich vielleicht drei Mal die Chance, eine Flasche zu ergattern und war jedes Mal angetan von der Struktur und Kraft dieser Sorte, die in der trockenen Variante nicht unbedingt über die Frucht kommt.

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Warum erzähle ich das alles? Ich gebe diese Einleitung, weil ich gestern einen trockenen Furmint im Glas hatte. Einen 2014er Furmint aus Mark Hartmannsdorf in der Steiermark. Mit dem 2014er hat Gottfried Lamprecht dort den zweiten Jahrgang dieses für die Steiermark so außergewöhnlichen Weins eingebracht. Gottfried – den Podcast mit ihm gibt’s hier – wäre nicht Gottfried, wenn er nicht immer weiter gegen den Strom schwimmen würde. Während andere die siebzehnte Variante eines steiermarkschen Sauvignon Blanc keltern, sucht er nach alten Sorten, die es irgendwann mal in der Steiermark gab und die er in seine Gemischten Sätze am Buchertberg pflanzen kann oder eben auch sortenrein ausbaut. Beim Furmint hat er beides gemacht. Die Sorte steht im Gemischten Satz und mit dem Jahrgang 2013 hat er die Sorte, die früher in Österreich Mosler hieß und in Deutschland Zapfner oder Zopfner, in seinem Stil ausgebaut. Dabei hat er den Ertrag der noch jungen Rebstöcke zwei Tage auf der Maische gelassen, ihn dann in 300-Liter-Fässern spontan vergoren und bis zur Füllung im Frühling darin auf der Hefe gelassen.

Der Wein ist absolut eigenständig. Er ist im besten Sinne karg und weitgehend frei von Primärfrucht. Es sind eher Blüten, Wiese, Brennessel, Minze, Rinden, die mir in den Sinn kommen, vielleicht etwas Tabakblätter und ein wenig Zitrusnoten. Am Gaumen wirkt der Wein gleichzeitig cremig und kalkig mit prägnanter Säure und einer ebenso deutlichen Salzigkeit. Er verändert sich über den Abend hinweg, wird voller, zugänglicher, gibt seine Scheu auf und rückt etwas näher ran ohne sich anzubiedern. Er wird länger und balancierter, macht jetzt viel Spaß hat aber noch Jahre vor sich.

Der 2014er Furmint ist längst überall ausverkauft doch Gottfried Lamprecht hat den 2015er abgefüllt und bietet ihn aktuell an (Den 2014er habe ich ab Hof erworben und werde es mit dem 2015er genauso tun).

4 Kommentare

  1. Andreas Jung

    kleine Ergänzung, Vouillamoz ist kein Ampelograph, er ist schlicht ein Genetiker, der Zahlen von Allelen in Datenbanken vergleicht und nebenbei so einiges Falsches oder wissenschaftlich nicht Haltbares geschrieben hat. So konnte er z.B. aus einer 50:50 Verwandtschaft zwischen Agostenga und Luglienga auf wunderbare Weise ersehen, wer Elter und wer Kind ist, und wurde promt von den Italienern korrigiert, die den 2. Elter von Luglienga in Süditalien fanden. Die recht häufige Existenz der Agostenga in Deutschland bis hoch nach Brandenburg wurde abgestritten, die deutschen Synonyme für falsch erklärt. So geht Wissenschaft nicht. Ähnlich war es beim Sangiovese. Ich rate zur kritischen Vorsicht. Ein Buch über Rebsorten des Wallis zu schreiben, ohne auch nur eine Originalquelle zur identifizierung im Wortlaut zu zitieren, ohne auch nur eine ampelogrpahische Sortencharakterisierung und mit vielen hypothetischen, statistisch berechneten Stammbäumen, aber ohne die Allele zu dokumentieren, ist hart an der Grenze zur Wissenschaftlichkeit, zumal auch handfeste, recht zahlreiche Fehlinterpretationen vorkommen, z.B: dass der Blanc de Morgex (Calo) identisch mit Agostenga oder Rouge de Valais identisch mit Oriou sei. Würde er die Rebsorten aus eigener Anschauung kennen, würden sich die Fehler vielleicht nicht so häufen. Aus der Mikrosatellitengenetik ostanatolischer Sorten auf den dortigen Ursprung der Kulturrebe zu schließen, ist wissenschaftlich unzureichend, denn niemand hat bisher die Wildreben Georgiens und Aserbaidschans auch nur annähernd systematisch untersucht, geschweige die Wildreben im Alborzgebirge, die im Pamirgebirge und im Kabultal oder in Kashmir, oder jene in Nordchina , in Sechuan, an den Zuflüssen des Gelben Flusses oder in Korea. Ein unreifer Käse mit Löchern bleibt ein löchriger Käse.

  2. Lieber Andreas, ich hatte Deinen kritischen Blick auf Vouillamoz (der mir bisher immer als Ampelograph vorgestellt worden war, durchaus zur Kenntnis genommen. allein, mir persönlich bleibt gar nichts anderes übrig, als das aktuelle Standardwerk zu zitieren und das ist nun mal das von Robinson, Harding und Vouillamoz. Ich selber kann es nicht wirklich kritisch hinterfragen da ich mich in seinem und Deinem Fachgebiet nicht entsprechend auskenne.

  3. Um das Niveau hier mal kurz zu senken: oh, das ist ein feiner Wein. (Mich erinnert er am ehesten an durchgegorenen Riesling, aber die Parallele wurde ja schon gezogen)

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