Der Grand Prix der Großen Gewächse 2020 – Teil 5 und Fazit

Nun also der letzte Teil der Zusammenfassung der Vorpremiere der Großen Gewächse 2020, wo es um die Rieslinge aus Franken, Württemberg und der Pfalz geht. Abschließend folgt ein Fazit dieser etwas ausgeuferten Reihe an Notizen.

Franken 2019

In Franken habe ich mich beim Riesling auf einige wenige Weine beschränkt, da mich die Silvaner hier grundsätzlich stärker interessierten. Der Stein2019Riesling vom Weingut Am Stein, Ludwig Knoll gefällt mir deutlich weniger gut als der Silvaner GGaus gleichem Hause. Der Riesling öffnet sich mit einer recht parfümierten Nase, die an reife Melone erinnert. Sie ist unterlegt mit Stein und Würze. Am Gaumen wirkt der Wein reif wie auch seidig und zeigt ebenfalls recht viel Frucht. Gleichzeitig fehlt ihm der Säuredruck. Wenn ich allerdings beim Schnutentunker lese, dass er sich über die zupackende Säure bei diesem Wein freut, weiß ich das nicht einzuschätzen. Flaschenvarianten? Zu lange geöffnet? Den Am Lumpen 1655® 2019 Riesling von Horst Sauermusste ich natürlich probieren, da mir die Rieslinge von Horst und Sandra Sauer eigentlich immer besser gefallen als die Silvaner. So ist es auch diesmal, obwohl ich auch beim Riesling die Intensität und Menge an Frucht immer noch ein wenig zu heftig finde. Andererseits zeigt sich hier im Duft eine feine Würze auf einem Beet von Blüten und weißfleischiger Frucht. Am Gaumen ist der Wein saftig und bietet einen begeisternden Zug am Gaumen. Die Säure ist dabei typisch reif, die besagte Frucht ist üppig, das Finale mineralisch, saftig, frisch und lang. Der Am Lumpen 1655® 2019 Riesling von Rainer Sauer gefällt mit in seiner Stilistik noch besser. Er ist etwas kühler und kräutriger, dabei sehr saftig und frisch. Auch besitzt er eine sehr gute Länge, hat richtig Zug, eine leicht phenolische Textur, ist zudem leicht salzig und verbindet Tiefe mit Trinkfreude. Der Maustal 2019 Riesling aus dem Zehnthof Theo Luckert ist im Auftakt ein sehr steiniges und rauchiges Maustal. Dahinter taucht eine Cremeschnitte mit reifer Frucht auf. Der Riesling ist insgesamt ganz schön wuchtig mit viel Volumen, Reife und Cremigkeit. Doch mit etwas Luft bahnt sich die Säure ihren Weg, und es wird wiederum rauchig, steinig und mineralisch. Dabei bleibt der Wein allerdings immer auf der doch recht üppigen Seite. 

Meine Empfehlungen an dieser Stelle:

Am Lumpen 1655® 2019 Riesling, Rainer Sauer (aktuell bei 92P)

Württemberg 2019 

Auch bei den Württembergern musste ich der schwindenden Zeit Tribut zollen und habe nur einige wenige Weingüter des begrenzten Angebots gewählt, einige Weine stammten ja eh aus 2018. Es begann mit dem Steingrüben 2019 Riesling von Dautel. Und dieser Wein hat mir im Gegensatz zum Pinot richtig gut gefallen. Da gibt es Kräuter und etwas Rinde, Würze, Stein und darüber etwas leicht Florales. Am Gaumen zeigt sich der Riesling aktuell noch etwas verhalten, aber mit Saftigkeit, leichtem Druck und recht viel Würze. Dabei ist er angenehm trocken, frisch und mit guter Länge ausgestattet. Der Gips Marienglas® 2019 Riesling von Aldinger zeigt sich zunächst recht reif, aber mit viel Substanz. Erst kommt die reife fleischige Frucht, dann die zitrische, die immer mehr Säure mitbringt. Das Ganze liegt da auf einem Bett von Creme. Der Riesling ist dicht gewirkt und lang. Der Lämmler 2019 Riesling von Aldinger zeigt sich hell und klar mit feiner Saftigkeit und reifer Frucht, die von einer präzisen und klaren Säure gekontert wird. Auch er wirkt reif und saftig und ist noch etwas cremiger und voller als der Marienglas. Allerdings hat mir der Marienglas ein wenig besser gefallen. Aber insgesamt bilden beide Weine den Abschluss einer hervorragenden Kollektion von Aldinger in diesem Jahr.

Meine Empfehlungen an dieser Stelle:

Steingrüben 2019 RieslingDautel (aktuell bei 91P)

Gips Marienglas® 2019 RieslingAldinger (aktuell bei 92P)

©Peter Bender, VDP. Bernd Kreis freut sich über die starken Weine aus seiner württembergischen Hemat.

Pfalz 2019

Bei der Pfalz bot sich ein insgesamt uneinheitliches Bild. Zu den nicht ganz nachvollziehbaren Qualitäten der 2018er Weine vom Reichsrat von Buhl hatte ich mich ja schon geäußert. Alles andere, was vorgestellt wurde, war 2019. Es beginnt mit fünf Weinen von Philipp Kuhn und zweien von Andi Rings. Der Schwarze Herrgott 2019 von Philipp Kuhn hat mir richtig gut gefallen mit seiner dunklen Energie und steinig rauchigen Würze, die ja auch schon den rheinhessischen Herrgott von H. O. Spanier prägt.Am Gaumen zeigt sichder Wein seidig und saftig mit ganz leichter, verschmerzbarer Süße und einer Säure, die zum Finale hin immer mehr Druck aufbaut. Dabei ist der Wein wunderbar griffig, hat Tabakwürze und ist leicht herb mit einer Spur von Grapefruit. Ein toller Auftakt für die Region. Der Steinbuckel 2019 wirkt zwar zunächst ebenfalls würzig, hat aber nicht ganz dieses Dunkle, Rauchige und Abgründige. Der Wein ist viel heller, seidiger und wirkt leider auch ein wenig süßer und wärmer. Doch auch hier bietet sich eine schöne Phenolik, auch Druck und Saftigkeit. Der Kirschgarten 2019 zeigt sich zunächst von der floralen Seite, ist leicht tabakig und erinnert durchaus an schwarze Johannisbeeren. Dann wird es am Gaumen fast weich und rund, doch schließlich bekommt der Wein die Kurve mit einer phenolischen Griffigkeit am Gaumen. Die Säure ist zwar reif, baut dann aber doch noch Druck auf und wird immer prägender. Die Mineralität schießt ein, gibt dem Wein Lebendigkeit und Spannung, es wird immer würziger, tabakiger und herber. Das ist ein noch sehr unfertiger Wein, allerdings mit einem sehr guten Potential. Dann wird es Im Grossen Garten 2019 wieder heller, fruchtig, seidig und saftig mit einer für mich zu warmen Frucht. Hier fehlt es (noch) an Druck und Balance. Der Saumagen 2019 Riesling ist da deutlich fokussierter, zeigt mehr Grip und Druck am Gaumen. Wirkt zwar in der Säure zunächst auch wieder recht rund, sie wird aber von der tiefen Mineralik ausgeglichen, die der Wein zweifelsohne besitzt. Der Saumagen 2019 Riesling von Rings zeigt eine andere Seite des Saumagens, die mir besser gefällt. Hier wirkt alles kühler und auch zitrischer. Der Auftakt ist von Phenolik und Hefe geprägt. Doch dann kommt schon diese unruhige, vom Kalk stammende zitrische und druckvolle Säure. Etwas Heu und Blüten tauchen auf. Am Gaumen wird es saftig, fordernd, kalkig und leicht salzig bei gleichbleibendem Druck. Auch dieser Wein ist noch unfertig, hat aber viel Potential. Um die wunderbare Kollektion von Rings zu komplettieren, habe ich noch den Ungsteiner Weilberg 2019 Riesling mit dazugenommen. Auch dieser Wein wirkt lebendig und mineralisch mit kühlen und herben Noten. Das ist zitrisch mit einem Hauch Steinobst, griffig, zupackend und dabei ein wenig offener und seidiger als der Saumagen. Wie gesagt, das ist eine ganz famose Kollektion, die Andi Rings da vorgelegt hat und die auf beste Weise kompromissloser ist als früher.

Im line up folgten nun die Forster und Deidesheimer Lagen, die ich nicht komplett probiert habe.  

Bei mir begann es mit dem Pechstein, und ich beschreibe hier dann jeweils die Eindrücke zu den 2019er Weinen. Der Pechstein 2019 Riesling von Acham-Magin präsentiert sich seidig und saftig und ist ein sehr fruchtbetonter Wein. Am Gaumen gibt es einen gelungenen Säurekick und auch eine steinige Note sowie eine angenehme Textur. Das gefällt mir gut. Der Pechstein 2019 Riesling vom Geh. Rat Dr. von Bassermann-Jordan ist üppig, auch reif und wirkt durch den offensichtlichen Holzeinsatz sehr exotisch. Ananas, Zitronen und Melonen sind mit dabei, aber auch Säure und Struktur. Das ist noch ein sehr junges, unbalanciertes Exemplar, aber mit deutlichem Potential für jene, die diese Stilistik mögen. Persönlich halte ich mich eher an den Pechstein 2019 Riesling von Dr. Bürklin-Wolf. Der wirkt zunächst fast karg, in sich gekehrt, würzig und herb. Am Gaumen zeigt er Gerbstoff, als hätte er eine verlängerte Standzeit gehabt. Der Riesling gibt sich kühl, druckvoll und auf eine einehmende Art eigenwillig mit einer fast floralen, hellen Frucht, einer sehr guten Länge, viel Grip und Textur. Was für ein Unterschied! Und das auch zum Pechstein 2019 Riesling von Georg Mosbacher. Der ist ein leicht petrolisch phenolischer Wein mit reifer Frucht, viel Cremigkeit und fast buttrigem Schmelz, was mir schon zu üppig ist, aber dem Wein muss ich trotzdem attestieren, dass er ziemlich sexy ist.

Die Forster Ungeheuer zeigen sich auf sehr angenehme Weise kühler als die Pechsteine. Der Ungeheuer 2019 Riesling von Acham-Magin zeigt Kräuternoten, eine leicht dunkle Würze und sogar wieder ein paar dunkle Beeren in der Frucht, am Gaumen mit angenehmem Druck und präziser Säure. Findet sich da eine leichte Bitternote im Finale? Auf jeden Fall besitzt der Wein Kraft, hat einen phenolischen Grip und eine angenehme Tiefe. 91–92 P. Der Ungeheuer 2019 Riesling vom Geh. Rat Dr. von Bassermann-Jordan wirkt wiederum recht reif mit viel Holzeinsatz. Am Gaumen zeigt er sich sehr cremig und natürlich exotisch tropisch, aber insgesamt mit recht gelungener Struktur, Kraft und Tiefe. Der Wein braucht natürlich Zeit. Der Ungeheuer 2019 Riesling von Dr. Bürklin-Wolf zeigt sich recht zurückhaltend in der Nase. Da gibt es eigentlich keine Frucht, nur etwas Nuss, Unterholz, Stein und Tabak. Am Gaumen aber ist das ein Texturwein mit phenolischem Grip und Gerbstoff. Wenn es hier Frucht gibt, dann ein wenig Apfel und Zitrusfrucht, aber es kommt wirklich nur auf das Zupackende der Säure, die Textur des Gerbstoffes, die irre Mineralik und auf die gelungene Gesamtstruktur an, die ungemein fordernd, frisch und klar wirkt. Der Ungeheuer 2019 Riesling von Georg Mosbacher ist dagegen im direkten Vergleich unglaublich brav und – mit Verlaub – in der Zeit stehen geblieben mit Crème und Seidigkeit, dem wiederum runden und fast buttrigen Stil, bei dem sich die Frucht in Form von Zitronenlimo ausdrückt. Der Ungeheuer 2019 Riesling von Georg Siben Erben schließlich zeigt Apfelfrucht mit Apfelschale, wirkt in angenehmer Weise recht robust und ist gelungen interpretiert. Der Wein ist im Moment vielleicht noch etwas zu ruppig und auch etwas zu bitter, aber insgesamt durchaus geschmackvoll mit einer recht brillanten Säure. 

Der Reiterpfad-In der Hohl 2019 Riesling ist das nächste Kabinettstück von Dr. Bürklin-Wolf. Auch hier kommt der Natural-Touch immer stärker durch. Etwas Hopfen, wenig oder kaum Schwefel, etwas Süße von der Hefe, etwas Standzeit, am Gaumen straff, saftig, salzig, mit Grip und Gerbstoff, sehr lebendig, sehr mineralisch, sehr tief und auch und vor allem lang. Was für ein Auftritt! Daneben der Riesling Reiterpfad-Hofstück 2019 von A. Christmann, im Duft trügerisch verhalten mit etwas Hefe und Rauch und herber Pflanzlichkeit. Am Gaumen ist dieser sonst schon mal recht warm wirkende Wein zwar saftig mit leicht weißfleischiger Frucht, vor allem aber ist auch dies ein Texturwein mit Stein und Grip. Nicht so radikal wie der Wein von Bürklin-Wolf, aber eindringlich mit animierender Säure und Salz und einer Frucht, die sich schließlich zwischen Zitrus, knackigem Apfel und Mirabellen einpendelt. Ebenfalls ganz stark. Der Reiterpfad-Achtmorgen 2019 Riesling von Bergdolt • Klostergut St. Lamprechtwirkt dagegen wieder reif und auch etwas behäbig und tropisch mit Holz, Ananas und Creme, glücklicherweise schiebt die Säure ganz gut nach vorne. Der Gaisböhl 2019 Riesling ist der letzte von Dr. Bürklin-Wolf. Die Stilistik ist gleich, nur wirkt der Wein noch zurückhaltender. Aber da ist alles vorhanden für schiere Größe: Gerbstoff, Grip, Körper, da ist Säuredruck, da ist Länge und Power von untergründiger kühler Mineralität. Ziemlich genial ist diese Kollektion. Schade, dass das alles so teuer geworden ist. 

Mit dem Idig 2019 Riesling von A. Christmann zeigt sich erneut der leichte Wandel hin zu einem kühleren, noch mehr von der Textur geprägten Stil. Im Duft wirkt der Idig zunächst recht verschlossen. Am Gaumen gibt er dann auch noch nicht besonders viel preis. Ich spüre hier Gerbstoff, Schalen, Äpfel, mürbe Noten, dann zunehmend mehr Kräuter und kühles zerstoßenes Gestein, aus dem sich die Säure wie ein Brunnen ergießt. An Frucht findet man hier neben dem Apfel vor allem Zitrisches. Das hat Macht und Kraft, ist strahlend in der Säure, fein in der Textur, knochentrocken in den Zuckerwerten, und die Mineralik ist bebend, aber es ist gleichsam noch ein Seebeben weit draußen; denn die perfekte Welle kommt erst noch. Der Riesling Meerspinne im Mandelgarten 2019 von A. Christmann wirkt etwas luftiger als der Idig, aber nicht weniger verschlossen. Eine kühle Schönheit in der Nase, etwas Holz mit einem Hauch von Ananas meint man zu verspüren, dazu zitrische Noten. Am Gaumen zeigt sich Saft, der ist weiß- und gelbfruchtiger als beim Idig, auch die Zitrusfrüchte sind gelber. Es findet sich gleichfalls ziemlich viel Power, mineralische Vitalität, ein markanter Säurebiss und eine leichte Gerbstoff-Textur. Das ist sehr lang und druckvoll bis zum Schluss. Hier also ebenfalls – und wenn man den Spätburgunder mit dazunimmt – eine herausragende Kollektion. Der Bürgergarten „Im Breumel“ 2019 Riesling von Müller-Catoir hat ebenfalls Klasse. Der ist gerade ganz schön auf der Apfelfrucht, druckvoll, sehr saftig mit leichter Salzigkeit. Das hat Kraft und Tiefe, ist überaus salzig auch im Nachklang, wo die Mineralität den Elektroschocker ansetzt. Dieses Weingut kommt Schritt für Schritt und immer beeindruckender zurück auf die Bühne. 

Mein letzter Flight für diese Session beginnt mit dem Kastanienbusch 2019 Riesling von Ökonomierat Rebholz. Der ist auch in diesem Jahr ein Ereignis, erstaunlich offen und sinnlich wirkend. Ein einzelnes Zitronen-Baiser und Apfel habe ich hier in der Nase, viele Kräuter, Blüten, herbe Grapefruitnoten. Am Gaumen wirkt der Wein reif und reich mit knackiger Säure, aber auch ein ganz klein wenig mit Fruchtsüße, wie es hier selten der Fall ist. Doch was heißt das schon angesichts des immensen Drucks und dieser monumentalen rauchigen Steinigkeit, die sich hier auftut? Der Kastanienbusch 2019 Riesling von Dr. Wehrheim ist ebenfalls leicht rauchig und steinig, zudem knackig, aber gänzlich trocken. Man meint fast ein paar grüne Noten zu erahnen, dazu ein paar rote Beeren. Der Wein wirkt aktuell nicht ganz so kraftvoll wie der von Rebholz, aber etwas balancierter. Allerdings sind beide Weine eigentlich noch im Entwicklungsstadium. Der Kastanienbusch „Köppel“ 2019 Riesling von Dr. Wehrheim wirkt hier recht zitrisch wie auch fruchtig und erinnert mich an so manche Sauvignon blancs aus der Steiermark: Etwas Kalk, Kreide und Stachelbeere ist mit dabei. Der Wein wirkt saftig, seidig, hat aber auch ein wenig Süße. Hier schaut die Limo-Flasche wieder ums Eck. Im Finale aber ist es dann wieder trocken und steinig – rollercoaster ride …

Meine Empfehlungen an dieser Stelle:

Schwarzer Herrgott 2019 Riesling, Philipp Kuhn (aktuell bei 92+P)

Saumagen 2019 Riesling, Rings (aktuell bei 94P)

Weilberg 2019 Riesling, Rings (aktuell bei 93+P)

Ungeheuer 2019 Riesling, Acham-Magin (aktuell bei 91+P)

Ungeheuer 2019 Riesling, Dr. Bürklin-Wolf (aktuell bei 94+P)

Gaisböhl 2019 Riesling, Dr. Bürklin-Wolf (aktuell bei 94+P)

Idig 2019 Riesling, A. Christmann (aktuell bei 95+P)

Meerspinne im Mandelgarten 2019, A. Christmann (aktuell bei 95)

Kastanienbusch 2019 Riesling, Ökonomierat Rebholz (aktuell bei 94)

Kastanienbusch 2019 Riesling, Dr. Wehrheim (aktuell bei 94)

© Peter Bender, VDP. Auch der Meininger-Verlag war natürlich vor Ort. Zum Beispiel mit Christoph Nicklas.

Fazit

Obwohl ich es ursprünglich gar nicht vorhatte, so ausufernd über die 2019er und 2018er Großen Gewächse zu schreiben, hat es mich trotzdem irgendwann gepackt, zum einen, weil es in diesem Jahr ganz herausragende Weine gibt, zum anderen aber auch, weil ich mich recht häufig gewundert habe. Meine Verwunderung habe ich in den einzelnen Teilen als Kritik geäußert, die aber doch recht tief gründet. Ich halte den VDP für die wichtigste Institution im deutschen Weinbau. Hier wurde sehr viel geleistet, sehr viel auf den Weg gebracht, aber ich bin mir sicher, dass dringend ein paar Reformen angegangen werden müssten. Das wird sicherlich nicht leicht werden; denn es gibt hier viel Basisdemokratie, und in manchen Regional-Verbänden wie zum Beispiel dem VDP.Mosel wird mit härtesten Bandagen um die Ausrichtung gekämpft. Das zeigt sich dann auch in der Präsentation der GGs, bei denen vieles weit von dem entfernt ist, wofür man als Verband angetreten ist. Die GGs sollen ja nicht nur trocken sein, sie sollen auch trocken schmecken. Gerade an der Mosel gibt es für restsüße oder fruchtige Weine genügend andere Kategorien. Und wenn ich die probieren oder trinken will, tue ich das. Warum mir solche Weine aber auf einer GG-Probe angeboten werden, kann ich nicht nachvollziehen. In diesem Punkt sind die Verbände schlicht inkonsequent, und es müssten eigentlich viel mehr Weine ausgeschlossen werden, und zwar wegen der Süße, aber auch wegen Fehlern, wegen Bitterstoffen und weiteren Unzulänglichkeiten. Es gibt ja die Zulassungsproben der Regionalverbände. Aber hier werden die Kriterien wohl zu sehr auf die leichte Schulter genommen. Und so scheint es mir bei den GGs wie beim Bundestag zu sein: Es wird immer größer und unübersichtlicher. Die Lagen werden manchmal weiter in einzelne Parzellen unterteilt. Man kann das machen, und es können ja recht unterschiedliche Weine dabei herauskommen. Aber ob es wirklich so viel Sinn macht, kann man bezweifeln, zumal wenn dann auch noch einzelne Parzellen herausgenommen werden und als Super-GGs oder als Icon-Wines angeboten werden. Auch das kann man machen. Aber insgesamt leidet doch der Wert der Großen Gewächse in ihrer Gesamtheit. Hinzu kommt auch noch die so schwierige Erste Lage, die nicht etwa aus abgewerteten Großen Lagen besteht, sondern eigentlich die Ortsweine aufwertet. Auch das sehe ich eher kritisch. Ich bin ein großer Fan der Ortsweine, und wenn sie dadurch tatsächlich mehr Aufmerksamkeit bekämen, könnte das gut sein. Doch ich habe nicht das Gefühl, dass der Begriff Erste Lage aufgewertet wird. Das würde ich eher dann für gegeben erachten, wenn bestimmte Große Lagen zurückgestuft würden. Dass das kaum ein Betroffener möchte, liegt auf der Hand. 

Was mir bei diesem Tasting auch von Jahr zu Jahr immer stärker auffällt, ist ein Klassenunterschied, der sich deutlich erkennbar auftut. Eigentlich soll ja alles Erste Liga sein, was da vorgestellt wird. Aber längst hat eine Spitzengruppe ein solches Niveau erreicht, dass sie quasi in einer Super-Liga spielen könnte. Man kennt diese Weingüter. Sie werden immer besser, aber es gibt andererseits zu wenige, die einen wirklichen Mittelbau bilden. Zum Glück gibt es ein paar Nachrücker, die über die letzten Jahre stärker geworden sind. Bei Aldinger in Württemberg ist das beispielsweise so oder bei Rings in der Pfalz. Gott sein Dank, kann ich nur sagen; denn ansonsten wird ein so groß angelegtes und eigentlich sehr gut organisiertes Tasting in gewisser Weise auch langweilig, vor allem weil die Weine durch die Bank weg extrem klassisch ausgebaut werden. Weine wie die von Kai Schätzel, Andreas Barth, von Othegraven, Kühling-Gillot und Battenfeld-Spanier oder Rainer Schnaitmann sind da echte Ausnahmen. Tatsächlich hat Christmann einen Stilwechsel eingeleitet wie auch Dr. Bürklin-Wolf. Und ich kann das nur goutieren. 

Die homogenste Kollektion hat meiner Ansicht nach Rheinhessen vorgestellt. Für mich gab es da keinen einzigen Ausfall bei den Rieslingen, und für mich zeigte Philipp Wittmann die beste Kollektion, die er je gemacht hat. Auch die Nahe war stark, aber ungemein schwer zu beurteilen bei der Machart der Weine. Doch soweit ich das aktuell einschätzen kann, sehe ich hier Schäfer-Fröhlich und Diel vorne. In der Pfalz waren es die erwähnten Rings, Dr. Bürklin-Wolf und Christmann. Der eine Teil von Württemberg, der mir schon in den letzten Jahren gut gefiel, setzte sich auch diesmal ab. Weine wie die von Aldinger, Beurer oder Schnaitmann waren wirklich erstaunlich weit von Hohenlohe Oehringen, Neipperg oder Weinsberg entfernt. Das sind stilistisch derzeit völlig andere Welten. Das Gleiche gilt für Franz Keller und Bernhard Huber in Baden, die eine sehr gute Arbeit leisten. Ich bin gespannt, wie sich Steintal ohne Benedikt Baltes weiterentwickeln wird. Paul Fürst ist jedenfalls definitiv eine Bank. Auch würde ich mir wünschen, dass Chardonnays unter anderem auch Einzug halten könnten in die kleine Gruppe der GGs. Schließlich sind auch die 2019er Silvaner insgesamt eine Gruppe von wirklich empfehlenswerten Weinen geworden.

Die anderen Teile:

10 Kommentare

  1. Vielen Dank für die ausführlichen Informationen zu den einzelnen Weinen und der kritischen Worte. Ich hoffe mal, das sich die Weinmacher hinter den Weinen diese Worte zu Herzen nehmen und nicht die beleidigte Leberwurst spielen. Nur gemeinsam kommt man voran.

  2. Henning

    Leider ist mein Kommentar offenbar irgendwie verschwunden, kann ihn jedenfalls nicht finden.
    Kann auch andere Kommentare nicht einsehen. Ist das so gewollt?

  3. Tatsächlich hatte das was mit einem WordPress-Update zu tun, was ein Theme-Update benötigte. Jetzt geht es wieder.

  4. Vielen Dank für die recht ausführliche und vor allem nicht marktschreierische Beschreibung! Ist eigentlich die Einzige, die ich noch beachte, ansonsten stößt mir die zunehmende Schönschreiberei Ihrer Zunft mehr und mehr auf. Hier sehe ich aktuell die größte Kompatibilität mit meinen eigenen Vorlieben…

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