Mit etwas mehr Zeit wäre ich am liebsten mit dem Rad vom Weinbaugebiet Nelson aus nach Marlborough gefahren. Die Fahrt führt durch das traumhaft schöne Rai Valley und es ist eigentlich ein MUSS, an einem der Sunde anzuhalten, seine Zeit zu verbringen und beispielsweise in Havelock die grünen Muscheln zu genießen. Am besten fährt man dann die längere Strecke Richtung Blenheim, der Hauptstadt von Marlborough. Denn dann hat man noch einen Blick auf die Momorangi Bay, Ngakuta Bay und die Shakespeare Bay bevor man Picton als Zwischenstopp erreicht.
Wenn man diese Richtung wählt kommt man auf dem Weg nach Blenheim an einem kleinen Weingut vorbei, das von einer Deutschen und einem Neuseeländer geführt wird. Der Johanneshof Cellar hat sich vor allem durch Schaumweine und Süßweine einen Namen gemacht. Hier in Deutschland sind die Weine schwer zu kriegen aber vor allem in Neuseeländischen Restaurants sind die Weine gut vertreten.
Das Weingut wirkt ein wenig wie aus der Zeit gefallen, denn es ist klein und familiär geführt während sonst in Marlborough fast alles groß und professionell geführt wird, so, wie man einen Mittelstandbetrieb halt führt. Da ich mit Edel Everling einen Podcast gemacht habe, sei hier nur so viel verraten: Im tief in den Berg gesprengten Keller, der optisch einem Bergwerksstollen gleicht, was kein Wunder ist, weil es Bergbauingenieure waren, die ihn angelegt haben, lagern einige Weine aus der mittleren Steinzeit des Neuseeländischen Weinbaus, wie zum Beispiel eine herrliche 1998er Riesling Spätlese.
Marlborough, das heißt 23.000 Hektar Wein am Stück, 77% der gesamten Produktion in Neuseeland, aufgeteilt in knapp 18.000 Hektar Sauvignon Blanc, 2.500 Hektar Pinot, 1.000 Hektar Chardonnay und knapp 1.500 Hektar aromatische Rebsorten. Marlborough ist der Name, der auf fast allen Etiketten neuseeländischer Weine steht, die international über die Ladentheke wandern. Der überwiegende Teil davon ist kühl vergorener, teils aromatisch mit Hefen und Enzymen hochgepuschter Sauvignon Blanc einer bestimmten, tropisch-aromatischen Art voller Maracuja, Ananas und Papaya samt frisch gemähtem Gras.
Cloudy Bay hat damit in den 1980er Jahren angefangen und die Leute stehen bis heute drauf. Es werden Millionen Liter davon hergestellt, so wie hier bei Villa Maria in denen der Standard-Sauvignon-Blanc in 16 Tanks à 225.000 Litern abgefüllt wird. Und der Wein ist gut. Das will ich mal dazu sagen. Das ist auch nicht als bashing gemeint sondern als Bestandsaufnahme. Bei Villa Maria, einem Weingut, dass sich vor drei Jahrzehnten in der Nähe des Flughafens von Wellinton gegründet hat, quasi als Garage Winery, sich heute mit Dependancen über das ganze Land verteilt und sich immer noch im Familienbesitz befindet, werden auch jede Menge High-Class-Weine produziert. So ist das in Neuseeland. Bei uns ist es kaum denkbar, die komplette Bandbreite eines Weinlandes und dann noch von Supermarktqualität bis Icon-Wine abzudecken.
Sauvignon Blanc also… Bei Cloudy Bay bin ich gar nicht gewesen, den Weinmacher Tim Heath hatte ich im letzten Herbst noch in Hamburg getroffen und da er alle seine Weine mitgebracht hatte, ich habe hier darüber geschrieben, fand ich es viel interessanter, bei zwei Weingütern vorbeizuschauen, die sich aus der Gründungsgeneration von Cloudy Bay gegründet hat. Denn, auch wenn man den Stil, den Cloudy Bay pflegt als kitschig empfinden mag, vor allem, wenn man gute Sauvignon Blancs aus Sancerre oder Pouilly-Fumé schätzt, muss man doch konstatieren, dass Cloudy Bay quasi die Mutter aller Marlborough-Weingüter ist und den Ruf Neuseelands quasi im Alleingang begründet hat.
Damals mit dabei waren Kevin Judd, Ivan Sutherland und James Healy. Alle drei haben, nachdem Cloudy Bay in den Besitz von Louis Vuitton-Moet-Henessy übergegangen ist, ihre eigenen Weingüter gegründet. Der Engländer Kevin Judd war der erste Winemaker bei Cloudy Bay und gehörte somit zu den Gründern des Weinguts. Er ist so etwas wie Winemaker-Legende in Marlborough. James Healy war 12 Jahre lang Önologe bei Cloudy Bay während Ivan Sutherland 18 Jahre lang die Weinberge dort betreut hat. Die drei arbeiten heute immer noch zusammen denn James und Ivan haben 2000 zusammen mit ihren Frauen das Weingut Dog Point gegründet. Zentraler Bestandteil ist der namensgebende Weinberg Dog Point, um den sich mittlerweile noch weitere 120 Hektar Besitz gruppieren, der komplett ökologisch zertifiziert ist. Aus diesem Besitz wird nur zu einem Teil eigener Weine gemacht. Vieles wird anderen Winzern zur Verfügung gestellt und einer davon ist Kevin Judd, der keinen eigenen Weinbergsbesitz hat und nicht nur Trauben kauft sondern diese auch noch zusammen mit Richard Ellis, der mich begleitet hat, bei Dog Point ausbaut und sie, ganz im eigenen Stil unter dem mittlerweile renommierten Namen Greywacke anbietet. Insofern ist die Winery von Greywacke ein kleines Holzgebäude in Grauwacke-Farbe mit kleinem Garten, aus dessen Ertrag wir unser Mittagessen zusammengestellt haben.
Über Dog Point habe ich hier ja schon das ein oder andere Mal geschrieben. Für mich waren die Weine mit die ersten Marlborough-Weine, die mich wirklich mitgerissen haben. Und so ist es immer noch. Bei beiden Weingütern entstehen hervorragende Sauvignon Blancs, Chardonnay und Pinot. Angetan hat es mir weiterhin der wilde Dog Point Sauvignon Blanc Section 94, hier schon mal beschrieben sowie das Pendant von Greywacke, der Greywacke Wild Sauvignon, der ebenso wie Section 04 komplett spontan vergoren wurde und dann in alte französische Fässer gewandert ist. Zwei Drittel der Fässer haben die malolaktische Gärung durchlaufen und der Wein wurde erst anderthalb Jahre nach Gärung auf Flaschen gefüllt. Ich habe 2013 und 2010 probiert und beides hat mich beeindruckt. Herrlich die Steinfrucht, die Kräuternase, eine Süße wie von portugiesischen Vanille-Natas, dann eine reuchig, ganz leicht salzige und mineralische Note und selbst beim 2010er noch ein wenig Flint. Wunderbar komplex und lang – ein toller Sauvignon Blanc.
Für die Pinots und Chardonnays sind die ambitionierten Weingüter längst in die Hügel gegangen während der Sauvignon Blanc in Marlborough vor allem im Flachland steht. Die Southern Valleys bieten etwas mehr Kühle und vor allem andere, lehmreichere Böden. Die Greywacke und Dog Point Chardonnays profitieren von der Säure des kleinbeerigen Mendoza-Klones, der hier hauptsächlich verwendet wird. Er liefert in seiner Jugend in Verbindung mit Spontanvergärung einen Flint-Feuerstein-Touch im festgewirkten, von Grapefruit- und Limonenzesten geprägten Fruchtspiel, das durch Haselnüsse ergänzt wird.
Der Pinot von Dog Point ist betont fruchtig und hell mit viel Kirsche und gut eingebundenem Holz. Der Stil ist anders als der aus Martinborough und erst recht als der aus Central Otago. Bei Dog Point trifft man auf einen schwebenden, eher kühlen Pinot, der mir besser gefallen hat als der konzentrierter, dunklere Pinot von Greywacke. Dog Point übrigens hat genau vier Weine im Programm. Den typischen aber sehr guten Sauvignon Blanc, den Section 94, den Chardonnay und Pinot. Bei Greywacke kommen noch Pinot Grios, Riesling und Riesling Noble Harvest mit 120 Gramm Zucker dazu. Aromen von Trockenaprikose, Bitterorange, Orangenzesten und phenolische Noten treffen auf eine balancierte Säure. Fein gemacht!
Was Dog Point angeht, so hatte ich das große Glück in deren Gästehaus The Bell Tower unterzukommen. Von dort hat man nicht nur einen wunderbaren Blick über die Landschaft, das Haus liegt auch direkt im weitläufigen Landschaftspark, der sich von dort bis zur Winery hinunterzieht.
Greywacke und Dog Point gehören ohne Zweifel zur Spitze des Gebiets. Hier spürt man die über drei Jahrzehnte gewachsene Erfahrung, die man in Marlborough gemacht hat. Gleichzeitig wird auch hier in jedem zweiten Satz deutlich, wie bewusst man sich ist, dass man eigentlich immer noch am Anfang steht. Diese Zurückhaltung, diese professionelle Reflektion und Einordnung der eigenen Weges zusammen mit der Gastfreundschaft, die mir beim Besuch jedes einzelnen Weinguts entgegengebracht wurde, macht diese Weine-Reise zu einem Fest.
In Neuseeland:
Teil 1: Auckland, Waiheke und die Bucht von Man O’ War
Teil 2: Einige erste Gedanken zum neuseeländischen Weinbau
Teil 4: In Hawke’s Bay bei Craggy Range und Elephant Hill
Teil 5: In Hawke’s Bay bei Trinity Hill und Sileni
Teil 6: In Martinborough bei Ata Rangi
Teil 7: In Martinborough und Gladstone
Teil 8: In Nelson bei Woollaston und Neudorf
Teil 9: In Marlborough, bei Johanneshof, Greywacke, Dog Point
Teil 10: In Marlborough, über Sauvignon Blanc, einen Besuch bei Yealands und die Nachhaltigkeit
Teil 11: In Marlborough mit Framingham und Seresin
Teil 12: In Marlborough mit Huia, Hans Herzog, Fromm
Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry
Teil 14: A Day Off (Von Marlborough nach Canterbury)
Teil 15: In Canterbury, Pegasus Bay
Teil 16: In Canterbury, Black Estate, Pyramid Valley
Teil 17: In Central Otago, Rippon, Quarz Reef
Teil 18: In Central Otago, Burn Cottage und Felton Road
Die Reise erfolgte auf Einladung und wurde mit mir und nach meinen Wünschen hervorragend organisiert von:
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