Clos Henri
Ein weiteres Mitglied der MaNa-Gruppe stammt ebenfalls aus dem alten Europa. Es ist das Weingut Henri Bourgeois, dessen neuseeländischer Ableger Clos Henri heißt. Es liegt auf der Hand, dass es einen Weinmacher, der in dem Sauvignon-Blanc-Gebiet Frankreichs Sancerre und Pouilly-Fumé vinifiziert, reizt, dies auch an dem Ort zu versuchen, der den neuweltlichen Gegensatz zu Sancerre darstellt. So hat die Familie Bourgeois im Jahr 2000 in 98 Hektar Land investiert, die vorher als Schafweide dienten. Das Besondere an diesem großen Anwesen ist die Tatsache, dass der Weinberg über drei verschiedene Bodentypen verfügt. Der obere Teil des Weinbergs wird vom Tertiär- Kalkstein der Wither Hills dominiert. hier trifft Kalka auf Löss, unterlegt mit Grauwacke. Im südöstlichen Teil des Weinbergs findet man den Broadridge Kalk, einem graublauen Kalk-Lehmgemisch. Auf der Renwick Terrace findet sich Grauwacke auf einem gut drainagierten Boden, der in der letzten Eiszeit entstanden ist.
2001 wurden hier die ersten Sauvignon-Blanc- und Pinot-Noir-Rebstöcke gepflanzt. Man hat hier die Erfahrung aus Frankreich genutzt und in einer hohen Dichte von 6.000 Stöcken per Hektar gepflanzt. Mittlerweile gehen in Neuseeland viele dazu über, dicht zu pflanzen, das hat man zu Beginn versäumt. Soweit ich weiß ist Marcel Giesen beim Bell Hill Vineyard aber bisher der einzige, der eine burgundische Pflanzdichte von bis zu 10.000 Stöcken per Hektar erreicht. Bei Clos Henri – es ist kein echter Clos, aber es klingt sehr französisch – hat man 2010 mit dryfarming begonnen, was ebenfalls immer populärer wird. Schon im frühen Stadium erhalten die jungen Reben nur ca. einmal die Woche Wasser statt, wie sonst häufig praktiziert, eine regelmäßige Tröpfchenbewässerung. Die Wurzeln streben deutlich stärker in den tiefen Boden um an Wasser zu gelangen, und benötigen dann auch später keine Bewässerung mehr (oder nur in Ausnahmefällen). Seit 2013 ist der größte Teil der Anlage nach BioGro zertifiziert.
Mit Bourgeois’ Mann vor Ort, Damien Yvon, habe ich vier Weine probiert. Der Petit Clos 2014 Sauvignon Blanc (offizielle Daten zum Wein) stammt von jüngeren Rebstöcken aus allen drei Teillagen des Weinguts. Der Sauvignon Blanc wurde im Stahltank vergoren. Das ist frische, pure Sauvignon-Frucht der man den Loire-Einfluss anmerkt (vieles ist eben auch mehr Handschrift und weniger Boden). Zunächst ein wenig Flint, dann viel Zitrus und weiße Beeren mit etwas Blüten, dazu viel Säure. Der Wein hat wenig mit den typischen tropischen Sauvignons zu tun, die direkt um die Ecke produziert werden.
Einen drauf setzt das weiße Aushängeschild des Weinguts, der Clos Henri 2013 Sauvignon Blanc (offizielle Daten zum Wein). Dieser stammt von der Grauwacke-Terrasse, stammt von älteren, dicht gepflanzten Rebstöcken ab, die nicht bewässert werden. Um dem Wein etwas Crème zu geben, wurden 10 % im Holzfass ausgebaut. Er lag fünf Monate länger auf der Hefe als der Petit Clos. Hier macht sich das schon klassisch zu nennende Riverbed-Terroir Marlboroughs viel deutlicher bemerkbar als im Petit Clos, wo mehr Kalkeinflüsse zu finden sind. Tropische Frucht verbindet sich mit etwas Flint. Dann schlägt immer mehr Zitrus und Limette durch, am Gaumen dann die cremige Noten, viel mineralische Frische, die Säurebetonung mag ich sehr, ebenso das ganz Trockene, das der Wein bietet.
Der Petit Clos 2013 Pinot Noir (offizielle Daten zum Wein) ist das rote Pendant zum Guts-Sauvignon. Ganz so, wie es an der oberen Loire auch praktiziert wird. Dort kennt man ja die weißen Sancerre und Pouilly-Fumé. Dass vor allem rund um Sancerre auch guter rosefarbener und roter Pinot Noir erzeugt wird, ist in Deutschland nur wenigen bekannt. Doch zurück zum Petit Clos. Auch dieser stammt von jüngeren Rebstöcken, die in allen drei Teilbereichen des Weinguts stehen. Der Pinot wurde in Open-Top-Stahlfermentern vergoren und darauf für 11 Monate in große Holzfässern gelegt. Er zeichnet sich vor allem durch eine unbändige Frische und Saftigkeit von roten Früchten aus, in die sich eine leichte Holznote, Gewürze und dunkle Blüten verweben .
Der große Clos Henri 2012 Pinot Noir (offizielle Daten zum Wein) stammt aus meinem Lieblingsjahrgang 2012. Der war bekanntlich etwas kühler, der Alkohol liegt hier bei 13,5%. Die Stockdichte im Weinberg liegt bei 5.050 Stöcken per Hektar. Die Parzellen befinden sich auf Broadbridge- und Wither-Kalk. Der Pinot wurde zu 100 % entrappt und zu 100 % in ganzen Trauben vergoren. Nach einer Woche kühler Vorvergärung wurde das Rebgut langsam erwärmt und über drei Wochen vergoren. Der Wein lagert in französischer Eiche mit 25 % neuen Fässern. Er präsentiert sich kraftvoll mit viel dunkler Frucht und einem süßen Kern. Ich rieche Pflaumen, Kirschen, Gewürze, etwas Pfeffer und gebrannte Nüsse, am Gaumen zeigt sich Saft, ein feinkörniges Tannin, der Kalk macht sich bemerkbar, die Frische macht Spaß und der Wein hat eine gute Länge. Das ist sehr gutes Handwerk!
Te Whare Ra
Mit Te Whare Ra komme ich zurück zu einem Weingut, das von Neuseeländern (na gut, Anna stammt aus Südaustralien…) bewirtschaftet wird. Als ich den Familiennamen von Anna und Jason zum ersten Mal las, dachte ich, sie wären einer Werbebroschüre für den Pflanzkalender der Maria Thun entsprungen, doch sie heißen tatsächlich Flowerday. Ebenfalls amüsant ist, dass die beiden es tatsächlich geschafft haben, zweimal Zwillinge zu bekommen und jeweils zwei Mädchen. Doch zurück zum Weingut: Te Whare Ra ist Maori und bedeutet so viel wie Haus in der Sonne. Das 11-Hektar-Grundstück wurde 1979 zum ersten Mal mit Rebstöcken bepflanzt und gehört somit zu den ältesten Weingärten Marlboroughs. Anna und Jason bewirtschaften es biologisch-organisch mit einigen biodynamischen Praktiken. Es liegt unweit von Clos Henri ebenfalls bei Renwick mit einem Gemisch aus dem schon erwähnte Broadbrige Lehm-Kalk-Gemisch und der Renwick-Terrace mit Grauwacke.
Die Flowerdays profitieren von alten Rebstöcken, die teils noch von 1979 stammen, teils aus den späten 1980ern und teils aus den frühen 1990ern. Probiert habe ich einen gelungen Riesling D 2014 (offizielle Daten). D steht für dry, er hatte drei Gramm Restzucker und stammt von den ältesten Plots von 1979. Der Wein liegt ganz auf der frischen Seite mit Zitrusnoten, grünem Apfel, Trockenkräutern und einer leichten Cremigkeit. Das ist jetzt natürlich nichts, was man hierzulande nicht auch oft erhalten würde aber Deutschland ist auch nicht der Markt für einen solchen Wein. Spannender und für mich ungewöhnlicher fand ich den Toru 2014 (offizielle Daten zum Wein), was auf Maori einfach drei heißt. Es ist eine vom Elsass inspirierte Cuvée aus Gewürztraminer, Riesling und Pinot Gris. Ausgebaut im Stahl und in großen alten Holzfässern hat der Wein 13 Gramm Restzucker, die ihm bei einer balancierten Säure gut stehen. Der Wein ist kraftvoll, zeigt Aromen von Steinobst, Zitrus, Birne und Muskat. Begeisternd fand ich das Wechselspiel zwischen Saftigkeit, einer griffigen Textur und der ausbalancierten Aromatik, die die drei Rebsorten ja haben.
Schließlich habe ich mich unter den angebotenen Weinen des Speedtastings noch für de TWR Syrah 2012 (offizielle Daten zum Wein) entschieden. Schon beim Fromm Syrah war für mich klar, dass Syrah hier in Marlborough, auch wenn er bisher selten angebaut wird, doch eindeutig etwas zu suchen hat. Die Sorte passt zu Marlborough mit seiner langen Wachstumsphase und der Wärme, die sich am Wairau River findet. Der Syrah wird 12 Monate lang im französischen Holz ausgebaut, von dem 35 % neu ist. Er duftet nach Mokka und Pfeffer, Veilchen und Pflaume, etwas Unterholz und Kräutern, Kirsche und Stein. Am Gaumen schmeichelt der Syrah, das Tannin ist fein, das Holz gut integriert. Vielleicht ist er mir ein wenig zu rund, nicht drfeckig genug. Gerade beim Syrah mag ich eher das Kühle, etwas Erdige. Doch abgesehen von der eigenen Vorliebe macht dieser Wein viel Spaß.
Rock Ferry
Ein Weingut, von dem ich zugegebener Maßen noch nie gehört hatte, ist Rock Ferry. Tom Hutchinson hat es 2005 zusammen mit seiner Frau Fiona gegründet. Hutchinson hat an der UC Davis studiert und längere Zeit als Traubenerzeuger gearbeitet, bevor er sich entschlossen hat, Rockferry zu gründen. Sowohl das ruhige, überlegte Auftreten von Tom als auch seine Weine haben mich beeindruckt. Neben einigen Lagen in Marlborough besitzt er zusätzlich eine Lage in Central Otago, genauer gesagt im Bereich Bendigo. Am Trig Hill bearbeitet Rock Ferry seit 2003 19 Hektar, vornehmlich bestockt mit Pinot Noir, Pinot Gris, Riesling und Tempranillo. Die Stöcke stehen auf einem Gemisch aus Schiefer, Lehm und Kalkstein. Er arbeitet biologisch-organisch mit einigen biodynamischen Praktiken.
Auf den 13,5 Hektar des Corners Vineyard im Wairau Valley stehen Sauvignon Blanc, Pinot Gris, Chardonnay, Riesling, Pinot Blanc, Pinot Noir, Grüner Veltliner und Nebbiolo. Es ist der Homeblock, wo man auch das Weingut mit angeschlossenem Café findet. Die 9,5 Hektar im Orchard Vineyard – der Name erklärt sich fast von selbst, es war früher ein Obstgarten, wie so viele heutige Weingärten – stehen im Rapaura-District und liefern Sauvignon Blanc, Pinot Noir, Pinot Gris und Pinot Blanc. Diese Schwemmland-Weingarten wurde 2007 erworben und ist seit 2011 BioGro zertifiziert.
Zwei Weine habe ich mit Tom probiert. Pinot Blanc ist eine Seltenheit in Neuseeland, ganz im Gegensatz zu Pinot Gris, den man bei vielen Weingütern findet. Beid eWeine haben mich beeindruckt. Sie sind zunächst ganz unspektakulär und leise, öffnen sich aber schnell und bleiben nachhaltig in Erinnerung. Der Marlborough Pinot Blanc 2012 (offizielle Daten zum Wein) hat es in meine persönliche Hitliste geschafft. Er bietet gleichzeitig Frische und Eleganz, hat Kraft und Länge. Im Aprikosen, Nüsse und Blüten erinnerd zeigt sich am Gaumen ein schöne Cremigkeit, dazu kommen erdige Noten und ein Hauch von Tarte Tatin. Der Marlborough Pinot Gris 2013 (offizielle Daten zum Wein) wirkt fülliger und weniger frisch, eine bewusst herbei geführte Stilistik. Der Wein wird in Edelstahl und gebrauchten puncheons ausgebaut, durchläuft eine malolaktische Gärung und duftet nach in Butter geschwenkten Pfirsichen. Am Gaumen findet sich eine cremig-seidige Textur, wiederum Steinobst-Frucht und eine angenehme Intensität. Das Weingtu scheint mir noch wenig bekannt zu sein, und von zwei Weinen kann ich noch nicht auf die ganze Arbeit schließen aber das ist auf jeden Fall eines, das ich stärker im Auge behalten möchte.
Nach diesem intensiven Austausch mit den Mana-Winegrowers verlasse ich Marlborough am nächsten Tag Richtung Canterbury – mit samt einer Flasche Fromm-Riesling, den mir Alan Balasoglou noch zum Zug gebracht hat – Riesling im Mosel-Stil mit einem Credit an einen weiteren Schweizer, der im Ausland Wein macht: Daniel Vollenweider.
In Neuseeland:
Teil 1: Auckland, Waiheke und die Bucht von Man O’ War
Teil 2: Einige erste Gedanken zum neuseeländischen Weinbau
Teil 4: In Hawke’s Bay bei Craggy Range und Elephant Hill
Teil 5: In Hawke’s Bay bei Trinity Hill und Sileni
Teil 6: In Martinborough bei Ata Rangi
Teil 7: In Martinborough und Gladstone
Teil 8: In Nelson bei Woollaston und Neudorf
Teil 9: In Marlborough, bei Johanneshof, Greywacke, Dog Point
Teil 10: In Marlborough, über Sauvignon Blanc, einen Besuch bei Yealands und die Nachhaltigkeit
Teil 11: In Marlborough mit Framingham und Seresin
Teil 12: In Marlborough mit Huia, Hans Herzog, Fromm
Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry
Teil 14: A Day Off (Von Marlborough nach Canterbury)
Teil 15: In Canterbury, Pegasus Bay
Teil 16: In Canterbury, Black Estate, Pyramid Valley
Teil 17: In Central Otago, Rippon, Quarz Reef
Teil 18: In Central Otago, Burn Cottage und Felton Road
Die Reise erfolgte auf Einladung und wurde mit mir und nach meinen Wünschen hervorragend organisiert von:
[…] Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry […]
[…] Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry […]
[…] Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry […]
[…] Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry […]