Weiter geht es im Neuseeland-Tagebuch mit dem zweiten Teil des Speedtastings bei der Mana-Group, der Vereinigung biologisch-organisch arbeitender Weingüter in Marlborough.
Huia Vineyards
Die Huias waren eine ungewöhnliche Vogelart, die sehr zurückgezogen im Unterholz der ausgedehnten Wälder Neuseelands lebten. Das Besondere an dieser Art, das als Paar ein ganzes Leben lang zusammen lebte war, dass die Männchen und Weibchen ganz unterschiedliche Schnabelformen aufwiesen, entsprechend ihrer Rolle innerhalb ihrer Beziehung. Dass sie neben den auffallenden Schnäbeln auch noch schöne Federn aufzuweisen hatten, wurde ihnen zum Verhängnis, denn die Federn standen sowohl bei den Maori als auch bei den neu eingetroffenen Siedlern hoch im Kurs. 1907, so wird geschrieben, hat man den letzten Huia singen hören.
Zu Ehren des ausgestorbenen Vogels, aber auch wegen des klingenden Namens (sprich: who ee ah), haben Claire und Mike Allan ihr Weingut 1996 Huia Vineyards benannt. Die beiden kommen zwar aus der Gegend, haben aber in den 1980ern in Australien Wein gemacht. In dieser Zeit war Marlborough ja eigentlich noch eher eine große Obstplantage. Doch die Sauvignons von Stoneleigh und Cloudy Bay gaben den beiden eine Ahnung, was in Marlborough möglich sein würde. Also haben sie 1990 ihre ersten Hektar Land gekauft – sie hatten damals den eindeutig richtig Riecher.
Ihr Weingut befindet sich am Fuße der Richmond Ranges in der Rapaura Region am Wairau River während sie zusätzlich einen Weinberg am Awatere River besitzen, jener etwas südlicher und kühler gelegenen Region, die ich im Yealands-Portrait bereits vorgestellt habe. Von Anfang an haben die Allans auf biologisch-organischen Weinbau gesetzt, auch wenn das damals noch kaum zu zertifizieren war und es überhaupt schwer war, an Informationen zu kommen. Der Weinbau steckte ja insgesamt noch in den kleinsten Kinderschuhen. Da kommt den Weinbauern in Marlborough eindeutig das Klima zur Hilfe. Denn die Wärme und die geringen Regenfälle haben zur Folge, dass es kaum Pilzdruck gibt. Das ist beispielsweise in Hawke’s Bay schon ganz anders. Für Claire und Mike Allan war organischer Landbau dann schnell nicht mehr genug. Sie haben sich als eine der ersten an biodynamische Methoden gewagt um ihre Weingärten noch lebendiger werden zu lassen, ihre Weine noch dichter und intensiver. Dabei gehen die beiden ziemlich undogmatisch vor: „Ich mag keine Dogmen, ich muss immer meinen Intellekt fordern, weshalb ich mit den esoterischen Aspekten der Biodynamie nur wenig anfangen kann.“ Entscheidend sei aber das Ergebnis wenn man Kompost, Tees und Präparate verarbeite. Denn die Rebstöcke seien sehr gesund und hätten sich noch mal deutlich zum Positiven verändert, so Claire.
Die Weine sind heute von BioGro und Demeter zertifiziert. Ich habe während meines Speedtastings beim Besuch der Mana-Group drei Weine probiert. Besonders gut gefallen hat mir dabei der 2009er Huia Brut, eine Melange aus Chardonnay und Pinot Noir der beiden unterschiedlichen Weinberge. Der Grundwein wurde in gebrauchten Eichenfässern ausgebaut und hat eine malolaktische Gärung durchlaufen, die Flaschen lagen dreieinhalb Jahre sur lattes. Viel gelbe und rote Frucht wird hier mit Autolyse-Noten (Brioche, Mandel) verwoben. Der Brut (sechs Gramm) wirkt frisch (Zitrus am Gaumen und eine angenehme Säure) und hat eine hervorragende Länge. Der 2012er Huia Pinot Gris stammt aus einem Jahr mit langer und kühler Reifephase. Der Grauburgunder wurde spontan vergoren und zu 75 % in gebrauchtem französischem Holz ausgebaut. das gibt ihm am Gaumen eine herrlich cremige Textur. In der Nase Pfirsich, Mandelblüten und weiche Zitrusnoten, am Gaumen wieder reifer Pfirsich, Nektarine, Mandeln und Nüsse – ein eleganter Grauburgunder mit schöner Länge. Ein schöner Vertreter dieser Rebsorte, die in Neuseeland sehr populär ist, was man hier kaum mitbekommt. Schließlich der 2013er Huia Sauvignon Blanc. Es ist nicht so, als hätte ich nicht schon genügend Sauvignon Blancs probiert an diesem Tag mit dem Besuch bei Yealands und dem Regional Tasting bei Villa Maria. Aber diese Cuvée Sauvignon vom Sand- und Flusstein (Home Vinyard) und Kalkstein mit schwarzem Sand (Winsome Vinyard) bringt Melonen, Maracuja und Guave mit Kräutern, Stachelbeere, Cassis und Limette zusammen und wird abgerundet durch eine feine cremige Note bei ausgezeichneter Länge. Sehr angenehm!
Hans Herzog Estate
Das Speedtasting mit der Mana-Group fand im mehrfach ausgezeichneten Restaurant von Hans Herzog statt. Es ist eines von mehreren Weingutsrestaurants, in denen ich hervorragend speisen durfte. Und das habe ich auch mit großer Lust zusammen mit den Mitgliedern der Mana-Group getan, als der lange Tag irgendwann vorbei war.
Hans Herzog hat schon in der Schweiz, genauer in der Nähe von Zürich, Weinbau betrieben, während seine Frau parallel im Jahr 1992 ihr erstes Weingutsrestaurant eröffnet hat. Hans Herzogs Idee aber war es eigentlich, in etwas wärmerem Klima, als es die Schweiz bieten kann, Wein in Bordeaux-Manier zu erzeugen. Mit dem Beginn des Marlborough-Booms hat das Paar dann 1994 in Marlborough am Wairau River Land gekauft, 1996 gepflanzt und 1998 das Weingut eröffnet. Der 11,5 Hektar Single-Vineyard umfasst 22 Rebsorten. Neben den üblichen Verdächtigen sind das Montepulciano, Nebbiolo, Tempranillo, Barbera, Zweigelt, Viognier, Arneis, Rousanne und Grüner Veltliner. Das zeigt einerseits, dass Hans Herzog noch experimentiert, welche Rebsorten in Neuseeland wirklich gut funktionieren, andererseits spielen 40 Jahre Weinmacher-Erfahrung mit rein. Das zeigen die Weine auch deutlich, die allesamt poliert, elegant, ja aristokratisch daher kommen.
Das beginnt mit der 2011er Cuvée Terese Rosé Brut mit 80% Anteil Pinot, viel Brioche und einer einladenden Kirschfrucht. Das zeigt sich im 2013er Sauvignon Blanc sur lie, der mit sage und schreibe 14,5% Alkohol daher kommt und einem mit einer Unterlage aus seidige Weichheit und cremiger Nonchalance die reifen Früchte nur so ums Gemüt klatscht: Maracuja, Aprikose, Guave, Honigmelone, Pomelo und dann noch ein wenig Grünes: Stachelbeere, Paprika. Ein erstaunlicher Mix, den ich in Maßen gerne probiert habe, weil er so hübsch flamboyant und hedonistisch wirkte. Der 2013er Arneis setzte dann eher auf die Entspannung der Geschmacksnerven. Ein wenig Steinfrucht, Kräuter, aber auch hier, dem Wairau sei Dank, tropische Frucht, wie man sie in einem piemonteser Arneis nicht finden wird, dazu Kernfrucht wie Williamsbirne und Quitte. Doch auch hier findet sich nach meinem Geschmack mit 13,5% für einen Arneis zu viel Alkohol. Das erste Glas weckt Interesse, das zweite eher einen gewissen Überdruss. Das ändert sich beim reinsortigen 2012er Viognier mit 14% Alkohol nicht. Holunder trifft auf Honig und Gewürze, Das Holz verleiht Cremigkeit und Struktur. Bei Viognier erwarte ich zwar keinen leichten Wein, hier gehört ein gewisser Alkohollevel fast dazu, und so gefällt mit dieser dichte, üppige, aber klar strukturierte Vigonier, und doch, die Wärme in der Kehle bleibt immer vorhanden. Den Hang zum ausladend Üppigen, den der Weinmacher pflegt, findet man auch im Cabernet Merlot (14,5%) und Montepulcinao (14%) und wird auf die Spitze getrieben mit einem Montepulciano im Amarone-Stil (18%). Mein Fazit: Für Liebhaber des monumentalen aber immer eleganten Stils sind das die richtigen Weine, für mich nicht.
Fromm
Ich wende mich den Weinen des zweiten, von einem Schweizer gegründeten Weinguts der Mana-Group zu. Georg Fromm hat Neuseeland in ähnlicher Weise entdeckt wie Hans Herzog. Fromm macht selber Wein im Schweizer Malans, ist in den 1980er Jahren durch Neuseeland gereist, war von Marlborough und seinem Potential beeindruckt und hat in Gisborn einen weiteren Schweizer namens Hätsch Kalberer kennengelernt, der dort damals schon Wein gemacht hat. 1992 hat Fromm das Weingut gegründet und seit dieser Zeit verantwortet Hätsch, der Mann mit dem beeindruckenden Schnurrbart, die Weine der Fromm Winery.
Fromm selbst hat das Weingut mittlerweile an langjährige Geschäftspartner verkauft und widmet sich wieder ganz seinem Malanser Weingut, Kalberer aber ist geblieben und macht Single Vineyard Wine auf hohem Niveau. Dabei helfen ihm biologische und biodynamische Methoden, das dry farming, also der Verzicht auf Bewässerung und vor allem die außerordentliche Qualität der mittlerweile berühmten Fromm und Clayvin Vineyards. Während der Fromm Vinyard direkt am Weingut am Wairau River liegt, befindet sich der Clayvin dort, wo es clay, also Kalk gibt. Diese Kalk-Hanglagen im Brancott Valley sind ein idealer Grund für Pinot und Chardonnay.
Probiert habe ich den 2013er La Strada Pinot Noir, der Einstiegswein in Fromms Pinot aus allen Lagen, vor allem aber vom Fromm Vineyard. Die Pinotzeilen haben eine Dichte von 5.000 Pflanzen pro Hektar, insgesamt werden elf verschiedenen Klone genutzt. La Strada wird nur leicht entrappt, teilsweise Ganztraubenvergärung, Spontanvergärung und 10 bis 15 % neues Holz, 13,5 % Alkohol. Saftige reife Kirsche und etwas Pflaume, feine Säure, runde Tannine, saftig im Mund, schöne Länge. Was will man mehr? Ich weiß es. Man will den 2012er Clayvin Vineyard Pinot Noir. Und davon ganz alleine eine ganze Flasche. Reif, dicht, viel Schwarzkirsche, Pflaume, Blaubeere, dunkel ist er, der Wein und voller Stein und Mineralität. Dabei etwas Unterholz, Kaffeebohne, etwas Zimt, dabei seidig mit reifem Tannin. Ich finde, er hätte etwas früher gelesen werden können, das ist schon ganz schön reif, aber schließlich doch genau an dem Punkt, wo es so richtig einladend wirkt. Der 2012er Fromm Vinyard Pinot Noir ist schließlich genau das, was ich ganz persönlich mag. Etwas weniger Alkohol (13 %), insgesamt schon kühler wirkend, dabei charmant und einladend beeindruckt der Pinot mit dunklen, reifen Kirschen, hellen Gewürzen sowie Noten von Erde und Stei. Am Gaumen wunderbar elegant, frisch, saftig mit komplexen frucht- und Kräuternoten, feiner Textur und hervorragender Länge. 96 % Syrah und 4 % Vigonier bei 13,5 % Alkohol formen den 2010er Fromm Vinyard Syrah. Den reifen Stil vom Clayvin Pinot finde ich hier wieder. Spät gelesen, reif, konzentriert, viel dunkle Frucht, Veilchen, Gewürze, schwarzer Pfeffer, lang und saftig, fast so, als würden die kühlen Syrah von Martinborough mit einem Schuss Shiraz versetzt. Schließlich aber setzt sich der Säurenerv, das leicht Kühle durch und verortet den Wein doch eindeutig in Neuseeland.
In Neuseeland:
Teil 1: Auckland, Waiheke und die Bucht von Man O’ War
Teil 2: Einige erste Gedanken zum neuseeländischen Weinbau
Teil 4: In Hawke’s Bay bei Craggy Range und Elephant Hill
Teil 5: In Hawke’s Bay bei Trinity Hill und Sileni
Teil 6: In Martinborough bei Ata Rangi
Teil 7: In Martinborough und Gladstone
Teil 8: In Nelson bei Woollaston und Neudorf
Teil 9: In Marlborough, bei Johanneshof, Greywacke, Dog Point
Teil 10: In Marlborough, über Sauvignon Blanc, einen Besuch bei Yealands und die Nachhaltigkeit
Teil 11: In Marlborough mit Framingham und Seresin
Teil 12: In Marlborough mit Huia, Hans Herzog, Fromm
Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry
Teil 14: A Day Off (Von Marlborough nach Canterbury)
Teil 15: In Canterbury, Pegasus Bay
Teil 16: In Canterbury, Black Estate, Pyramid Valley
Teil 17: In Central Otago, Rippon, Quarz Reef
Teil 18: In Central Otago, Burn Cottage und Felton Road
Die Reise erfolgte auf Einladung und wurde mit mir und nach meinen Wünschen hervorragend organisiert von:
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