In Neuseeland – Teil 3: Hawke’s Bay

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Auf Grund des frühen Versuchs im 19. Jahrhundert, in der Hawke’s Bay Wein anzubauen, ist das Gebiet um die Orte Napier und Hastings heute das älteste der neuseeländischen Weinbaugebiete. Doch auch für den Weinbau der Neuzeit, der ganz langsam in den späten 1970ern wieder aufgenommen wurde, gehörten einige der Betriebe aus Hawke’s Bay zu den Pionieren. Mittlerweile ist die Bucht mit knapp 5.000 Hektar das zweitgrößte der neuseeländischen Anbaugebiete und parallel so etwas wie der Obstgarten und die Börde des Landes. Bekannt geworden ist die Bucht dann zunächst auch eher mit Äpfeln und Kiwi und erst in zweiter Linie durch Wein.

Art Deco

Etwas Art Deco in Napier

Ich hatte es schon einmal angesprochen und muss es hier und wohl noch häufiger wiederholen. Einer der interessantesten Aspekte des neuseeländischen Weinbaus ist der, dass er immer noch in den Kinderschuhen steckt. Und das schreibe ich jetzt nicht aus der Perspektive eines besserwissenden Alteuropäers, der auf eine jahrhundertealte Weinbautradition zurückblickt, sondern ich greife die Perspektive der Kiwis selbst auf. Denn die wissen das natürlich ganz genau und befinden sich dementsprechend auf vielen Ebenen immer noch im Experimentalstadium – obwohl die Qualität der Weine und ihrer Vermarktung schon jetzt auf hohem Niveau liegt.

Gimblett Gravels

So sehen sie aus, die Flusskiesel der Gimblett Gravels.

Eine wichtige Frage, ja eine der entscheidenden Fragen ist dabei natürlich, welche Böden denn überhaupt für Weinbau geeignet sind und welche Traubensorten und Klone wiederum zu den Böden passen. Und da hat man in Hawke’s Bay Lehrgeld zahlen müssen. Denn man hat viele Weinberge zunächst auf den fetten, also ertragreicheren Böden angepflanzt. Mittlerweile weiß man es besser und hat längst umfangreiche Bodenanalysen durchgeführt. In dem Zusammenhang fällt irgendwann und zwangsläufig der Name Claude Bourguignon. Der Franzose dürfte wohl der bekannteste international tätige Bodenforscher und Geologe in Bezug auf Weinberge sein. Und natürlich ist er längst eingeladen worden, um hier tätig zu werden. Dabei haben sich fünf Subregionen in Hawke’s Bay als ausgesprochen geeignet erwiesen. Davon trägt eine mittlerweile den Namen auch deutlich auf dem Etikett. Es ist das Gebiet der Gimblett Gravels. Die Gimblett Gravels, benannt nach der Familie Gimblett, die einen Großteil der etwas mehr als 800 Hektar besessen hat, existieren erst seit gut 150 Jahren und sind nach einer großen Überschwemmung entstanden. Auch wenn man sich das im ausgehenden Sommer nur schwer vorstellen kann (ich habe bis zum Ende meiner Reise keinen einzigen Fluss gesehen, der den Namen auch verdiente hätte – das änderte sich erst in Central Otago), so kann stärkerer Regen im Flachland in Verbindung mit dem Wasser, das aus den Bergen kommt, zu deutlichen Landschaftsveränderungen führen. So geschehen also in der Mitte des 19. Jahrhundert, als mehrere Flüsse zu einem Hochwasser zusammengeflossen sind und nach Ablauf des Wasser die Gravels zurückgelassen haben. Bis vor circa anderthalb Jahrzehnten hat man mit dem extrem kargen, von großen Flusskieseln geprägten Gebiet nicht viel anfangen können. Eine Müllhalde wurde errichtet und ein Truppenübungsplatz. Ansonsten haben hier, wie auf jedem kargen Gebiet in Neuseeland, Schafe geweidet. Mit den ersten Rebstöcken wurde schnell klar, dass hier beste Voraussetzungen für hochklassige Weine gegeben sein würden und so war das Land ziemlich schnell aufgeteilt. Die Bodenstruktur ist der im Médoc nicht unähnlich, inklusive der Meeresnähe. Der Vergleich drängt sich auch deswegen auf, weil sich in Hawke’s Bay früh die roten Bordeaux-Sorten etabliert haben und Cuvées aus Cabernet, Merlot, Malbec und Petit Verdot entstehen.

Rousanne

Etwas Roussanne im Gimblett-Gravels-Weingarten von Trinity Hill.

Auf den Böden wachsen jedoch genauso größere Mengen an Chardonnay und Syrah sowie diverse Sorten im Versuchsanbau. Und dabei meine ich die Versuche der Betriebe. Denn im Gegensatz zu unseren Bestimmungen, nach denen man nicht einfach irgendeine Sorte irgendwo hinpflanzen und die dann auch noch als Wein verkaufen darf, geht das hier ohne Weiteres. Voraussetzung ist, dass der Rebstock in Neuseelands gewachsen ist, denn der Import ist strengstens verboten. Man hat mit diesen strickten Importauflagen und Untersuchungen lange die Reblaus außer Landes halten können, doch mittlerweile ist sie angekommen. Auch wenn die Schäden noch übersichtlich sind, waren in den letzten Jahren doch einige Winzer gezwungen, größere Teil der Rebstöcke herauszureißen, denn Vieles steht hier noch wurzelecht. Während man sich also vor allem einen Namen mit ausgezeichneten Bordeaux-Cuvées gemacht hat, rücken zwei Sorten immer weiter in den Fokus, auf die ich noch zurückkomme, während des weiteren einfach ausprobiert wird. So findet man in Hawke’s Bay reinsortigen Arneis und Sangiovese, Tempranillo, Roussane, Viognier, Marsanne, Carmenère oder Cabernet Franc während Riesling, Pinot Gris und Gewürztraminer schon lange zum Standardrepertoire fast jeder Region gehören.

Für die Qualitätssicherung scheint es übrigens gar nicht viel oder vielleicht auch in vielen Punkten überhaupt keinen Druck von staatlicher Seite aus zu geben. Es gibt zwar ein Weingesetz, aber die entscheidenden Rahmenbedingungen und Eckpunkte, die dazu beitragen, Qualität zu sichern und Erkennungsmerkmale einer Appellation herauszuarbeiten, bewerkstelligen die Winzer selbst. So haben die Gimblett-Gravels-Betriebe genau festgelegt, aus welchen Teilen der kleinen Subregion die Weine tatsächlichen den Namen Gimblett Gravels tragen dürfen, denn nicht alle Bodenformationen sind qualitativ gleich gut.

Hawkes_Bay_Trinity_Hill_01

Blick vom Trinity Hill auf einen Teil der Gimblett Gravels. Im Vordergrund La Colina, ein kleiner Weinberg der den besten Syrah erzeugt, den ich in Neuseeland probiert habe.

Unter den vier weiteren Gebieten, die sich als besonders geeignet herausgestellt haben, sind die weiter im Hinterland gelegenen Hügel noch in gewisser Weise Neuland während das vor allem durch Schluff geprägte Schwemmland vom nördlichen Esk River Valley und dem südlichen Te Awanga vor allem für den Anbau von früh reifenden roten Sorten, Chardonnay und weiterer weißer Sorten geeignet ist. Die vielleicht interessanteste Region neben des Gimblett Gravels ist das Bridge Pa Triangle, etwas nördlich der Gimblett Gravels gelegen. Es dürfte eigentlich nur eine Frage der Zeit sein, bis das Gebiet den eigenen Namen ebenso auf den Etiketten ausweist wie die Gimblett Gravels. Die 2.000 Hektar in Bridge Pa liegen auf den alten Flussläufen des Ngaruroro-Flusses. Auch hier gibt es also wie in den benachbarten Gimblett Gravels Flusskiesel aus Grauwacke, rötlich gefärbt und vermischt mit Löss und Vulkanasche.

Strukturell unterscheidet sich das Gebiet übrigens fundamental von unseren Vorstellungen. Ich hatte es ja im zweiten Teil schon angesprochen: Weinbau ist hier nicht aus der Tradition kleiner Winzerbetriebe entstanden sondern Weinbau ist hier wie der Obstbau auch meist eine Frage des vorhandenen Investitionswillens. Kleine Winzerbetriebe, in denen der Eigentümer selbst Hand anlegt, gibt es selten. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass 75% des Weins exportiert werden und man allein für die Möglichkeit, im Exportmarkt Gehör zu finden, viel investieren können muss. Das Geschäft teilen sich hier also vor allem private Investoren und international agierende Getränkekonzerne wie Constellation Brands oder Accolade. Der mit Abstand größte privat geführte Betrieb ist Villa Maria, deren Weinberge man in allen Weinbauregionen des Landes findet und dessen Gründer vor etwa 35 Jahren mit dem Garagenkauf in der Nähe von Auckland begonnen hat.

Terrasse Elephant Hill

Blick von Elephant Hill über die Terrasse auf die Weingärten und das nahe Meer.

Bevor ich die vier Betriebe, die ich in Hawke’s Bay besucht habe, vorstelle, möchte ich doch noch ein paar Sätze zur Qualität und der Eigenheiten der Weine dieser Bucht verlieren. Mich hat vor allem die durchgängige Typizität der Chardonnay und der Syrah aus Hawke’s Bay begeistert. Die Weine verfügen über eine meist hervorragende Säure und eine entsprechende Frische, die noch dadurch unterstützt wird, dass oft säurebetonte Clone wie der Mendoza-Clone für Chardonnay verwendet werden und der Holzeinsatz zurückhaltend ist. So verfügen die Chardonnays alle in einer durchaus regionaltypischen Weise über eine feine bis ausgeprägte, ansprechende Grapefruitnote, während die Syrah einen ganz eigene Note von Gewürzen und weißem Pfeffer aufweisen. Dieser Pfefferton, der ja auch gerne in Grünem Veltliner vorkommt basiert auf einer chemischen Verbindung namens Rotundon. Und dieses Rotundon hat bei den Hawke’s Bay-Syrah eine besonders hohe Konzentration, die ich ansprechend und keinesfalls störend empfand. Während ich Bordeaux-Blends, egal woher sie stammen, selten gebietstypisch finde – es sei denn, sie stammen aus dem Bordelais, ist das bei reinsortigen Weinen, auch wenn sie eigentlich aus Allerweltsrebsorten stammen, gerne anders. zumal, wenn sie wie hier der Chardonnay und Syrah eine eigenen regionaltypische Ausprägung hervorbringen, die weit entfernt ist von der französischen Ursprungsheimat und ebenso weit vom benachbarten Kontinent Australien. Mit den Syrah der Nordrhône verbindet sich hier allerdings der Hang, gerne auch mal ein paar Prozent Viognier mit dem Syrah zu verarbeiten.

In Neuseeland:

Teil 1: Auckland, Waiheke und die Bucht von Man O’ War

Teil 2: Einige erste Gedanken zum neuseeländischen Weinbau

Teil 3: In Hawke’s Bay

Teil 4: In Hawke’s Bay bei Craggy Range und Elephant Hill

Teil 5: In Hawke’s Bay bei Trinity Hill und Sileni

Teil 6: In Martinborough bei Ata Rangi

Teil 7: In Martinborough und Gladstone

Teil 8: In Nelson bei Woollaston und Neudorf

Teil 9: In Marlborough, Johanneshof, Greywacke, Dog Point

Teil 10: In Marlborough, über Sauvignon Blanc, einen Besuch bei Yealands und die Nachhaltigkeit

Teil 11: In Marlborough mit Framingham und Seresin

Teil 12: In Marlborough mit Huia, Hans Herzog, Fromm

Teil 13: In Marlborough mit Clos Henri, Te Whare Ra und Rockferry

Teil 14: A Day Off (Von Marlborough nach Canterbury)

Teil 15: In Canterbury, Pegasus Bay

Teil 16: In Canterbury, Black Estate, Pyramid Valley

Teil 17: In Central Otago, Rippon, Quarz Reef

Teil 18: In Central Otago, Burn Cottage und Felton Road

Teil 19: Ein Fazit

 

Map_Neuseeland_Hawkes_Bay

Die Reise erfolgte auf Einladung und wurde mit mir und nach meinen Wünschen hervorragend organisiert von: nzwine-2x

 

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